Das Infanterie-Regiment 187 im Rumänienfeldzug 1916/17
~ von Gerhard Friedrich Dose ~

~ Fortsetzung ~

 
Am Rosca

In den Morgenstunden das 28. Oktober wurden die 5. und 7 Kompanie bei schönstem Wetter auf Autos der 187. I.D. in den Bratocea–Paß und in das Tatrang–Tal transportiert, um hier die in der Stellung befindlichen Teile des III. Batls./189 abzulösen. Bereits am Tage vorher waren die 6. und 8. Komp. unmittelbar an der Paßstraße eingesetzt und dafür zwei Kompanien vom I. R. 189 zurück gezogen worden.

Am Nachmittag des 28. übernahm der Regimentsstab den Befehl über den Abschnitt beiderseits der Paßstraße. Es waren vorne eingesetzt: rechts das II./187, links das I./375. In diesem Abschnitt hatte sich der Gegner bisher völlig ruhig verhalten und man vermutete, dass der Rumäne hier größere Kampfhandlungen auch nicht unternehmen würde. Dem Regiment war dieser Abschnitt also als Ruhestellung zugewiesen. Das dem nicht so war, sollte sich bald zeigen.


 
Skizze des Kampfgebietes

 
Nachdem der 29. Oktober noch völlig ruhig verlaufen war, meldete am nächsten Tage, dem 30. 10., morgens gegen 6 Uhr das II./187, daß der Rosca (1426) von überlegenen feindlichen Kräften angegriffen würde und wegen der schwachen Besetzung nicht gehalten werden könnte. Der Abschnitt des II. Batls. betrug 6,5 Kilometer und war nur sehr dünn und dürftig besetzt. Allein die 5. Komp. mit einer Stärke von 92 Gewehren hatte einen Gefechtsabschnitt von 2,5 Kilometern zu verteidigen. Das Gelände war bergig, schluchtenreich und dicht bewachsen und daher sehr unübersichtlich, also als Kampfplatz äußerst schwierig. Die Abstände von einer Gruppe bis zur anderen betrugen teilweise 300 bis 400 Meter, während die Lücken unbesetzt waren. Die Rumänen drangen mit zwei dicht aufeinander folgenden Schützenwellen unbehelligt durch die Zwischenräume der 5. Komp. und faßten die einzelnen Gruppen von beiden Flanken. Um eine vollständige Umzingelung und Vernichtung der Kompanie, die zudem noch von zwei feindlichen M.G. stark unter starken Feuer genommen wurde, zu vermeiden, gab der Komp.–Führer, Leutnant d. Res. Möller, den Befehl, die Stellung zu räumen und sich auf dem Weg in der Nähe der Höhe 1229 zu sammeln. Die Sammelstelle wurde ohne Störung durch den Feind erreicht. Der feindliche Angriff war durch den an diesem Morgen herrschenden Nebel stark begünstigt. Nach Aussage rumänischer Gefangener hatte der Gegner zum Angriff zwei Bataillone des Regiments 22 eingesetzt. Inzwischen hatte das Regiment Anordnungen zur Sicherung der rückwärtigen Linien und der Verbindungswege getroffen. Von den bei Punkt 892 befindlichen Pionieren 187 wurde eine Patrouille nach 1229 vorgeschickt, während eine Gruppe der 1. Komp. I.R. 375 den Auftrag erhielt, den Kammweg bei 1147 zu versperren. Auf Ersuchen des Regiments entsandte die 187. Brigade die 1. und 3. Komp. I.R. 187, die in Hußzufalu lagen, mit Autos in den Bratocea–Paß. Diese trafen am 30. Okt. gegen 10 Uhr vormittags bei Punkt 892 ein. Die 1. Komp. erhielt gleichfalls den Auftrag, bis mindestens 1229 vorzugehen, während die 3. Komp. zunächst bei Punkt 892 blieb. Später wurde auch diese Kompanie bis 1229 vorgezogen. Da diese beiden Kompanien erst bei Anbruch der Dunkelheit bei 1229 eintrafen, mußte der Gegenangriff auf den folgenden Tag (31. 10.) verschoben werden. Zu diesem Zeitpunkt waren noch Teile des I.R. 189 (10. und 11. Komp.) zur Verfügung gestellt worden. Die Aufstellung der Angriffstruppen war folgende: 5. Komp. östlich 1229, 1. Komp. westlich 1229, die 3. Komp. und die beiden Kompanien des I.R. 189 blieben bei 1229. Patrouillen hielten stetig Fühlung mit dem Gegner und meldeten starke Besetzung.

Am 31. Oktober vormittags 6,15 Uhr begann unsere Artillerie die feindlichen Stellungen unter Feuer zu nehmen, schoß jedoch wegen des herrschenden Nebels einstweilen ohne Beobachtung. Gleichzeitig ging die Infanterie vor, mußte aber unterhalb der vom Gegner besetzten Höhen Rosca und 1371 Halt machen. Gegen 11 Uhr verschwanden die letzten Nebelfetzen. Die Sonne überschüttete mit ihrem goldenen Schein die wunderschöne Herbstlandschaft. Der herrliche Anblick der Natur konnte für kurze Zeit den Krieg vergessen machen, doch nur allzu schnell wurden wir wieder in die Wirklichkeit zurück versetzt. Unsere Artillerievorbereitung setzte mit erneuter Kraft ein und dank ihrer guten Leitung durch den in der vorderen Linie befindlichen und den Infanterieangriff begleitenden Artillerieoffizier Leutnant Dümling gelang es der Infanterie, sich bereits gegen 12 Uhr mittags wieder in den Besitz der beiden Höhen 1426 (Rosca) und 1371 zu setzen. Der Gegner hatte sich fluchtartig über seine alte Linie hinaus zurückgezogen. Die wiedergewonnenen Stellungen wurden von rechts und links mit 1., 5. und 3. Kompanie besetzt. Anschließend nach rechts lag die 7. Komp. mit Postierungen auf dem Orltul. Links nach der Paßstraße zu war die Stellung von der 8. und 9. Kompanie besetzt. Die beiden Kompanien I.R. 189 wurden nach 1229 in Reserve zurück genommen. Gegen die Höhe 1364 wurde eine starke Feldwache vorgeschoben, um die Stellung des Gegners in Richtung der Höhe Cailor zu erkunden.

Die Nacht zum 1. November und auch der folgende Morgen verliefen ruhig. Die gegen 1364 vorgeschobene Feldwache nahm am Fuße dieser Höhe Stellung, weil die Höhe selbst vom Gegner besetzt war. Die beiden bisher zur Verfügung gestellten Kompanien des I.R. 189 wurden entlassen und rückten in ihre Ruhequartiere.

Gegen Mittag traf der Stab I./187 und die beiden fehlenden Komp. des I./187 (2. und 4. Komp.)  von Hoßzufalu kommend ein. Der Stab I./187 und die 2. Komp. nahm Aufstellung bei Punkt 892 und die 4. Kompanie blieb einstweilen bei Casieria, bei Punkt 846. Nachmittags gegen 4,30 Uhr erhielten die Postierungen der 7. Komp. auf dem Orlatul und beim Finanzwachthaus von Süden her schwaches Infanteriefeuer. Im übrigen verlief der Tag ohne besondere Zwischenfälle.

Am 2. November morgens wurde die 4. Kompanie mit Lastautos zum Schanzpaß gefahren, um dort beim Wegebau zu helfen. Die Bautätigkeit war jedoch nicht von langer Dauer. Schon gegen 6 Uhr morgens nahm der Gegner den Rosca–Abschnitt und unsere Batteriestellungen unter Artilleriefeuer. Die Heftigkeit des Feuers ließ auf eine Artillerievorbereitung schließen. Gegen 11. Uhr vormittags griffen die Rumänen mit starken Kräften auf der Linie 1080 – 1371 an, wurden jedoch glänzend abgeschlagen.

Schon vorher waren feindliche Kolonnen, geschätzt auf ½ bis 1 Batl., im Abstieg von Piciorul Caprei nach Norden vom Orlatul aus beobachtet worden. Gegen 12 Uhr mittags am 2. 11. zeigten sich feindliche Abteilungen vor der Feldwache der 7. Komp. beim Finanzwachthaus und griffen diese an. Die hier liegenden Mannschaften unter Führung des Leutnants d. Res. Meyer schlugen sich heldenhaft. Nach langer verzweifelter Gegenwehr wurde diese Feldwache in der linken Flanke umgangen und schließlich umzingelt und gänzlich aufgerieben. Auch die von der 1. Komp. zum Finanzwachthaus entsandte stärkere Patrouille konnten den Angriff der Rumänen keinen Einhalt mehr gebieten. Über den Kampf, der sich dort abgespielt hat, sind nähere Einzelheiten nicht bekannt geworden. Leutnant d. Res. Johann Meyer und mancher seiner braven Leute mußten bei diesem Kampf ihr junges Leben lassen, während ein anderer Teil als vermißt gemeldet wurde. Auch andere Stellen des Regimentsabschnittes waren die Ziele vielfacher rumänischer Angriffe. So gelang es den Rumänen in den Nachmittagsstunden des 2. 11., begünstigt durch das unübersichtliche Gelände und die tiefen Schluchten zwischen der Stellung der 3. und 8. Kompanie hindurch zu kommen. Dadurch konnten sie den linken Flügel der 3. Komp. von hinten aus unter Feuer nehmen. Um einer Umzingelung zu umgehen, mußte die 3. Komp. ihren linken Flügel zurücknehmen und die Höhe 1371 aufgeben. Diese neu eingenommene Stellung verhinderte, daß der Gegner unsere Stellungen auf dem Rosca aufrollen und seine Erfolge weiter ausbauen konnte. Damit war die Gefahr für die Roscastellung noch keineswegs beseitigt und erforderten sofortige Gegenmaßnahmen. Zur Verstärkung der 3. Komp. wurden sofort zwei Züge der 2. Komp. von 892 über den Kammweg 1147 – 1262 – 1229 entsandt, die aber erst bei Dunkelheit ihren Bestimmungsort erreichten. Gegen 8,30 Uhr abend am 2. 11. wurde bei hellem Mondschein von der 2. und 3. Komp. ein Gegenangriff auf 1371 ohne Artillerievorbereitung ausgeführt. Der Sturm mit aufgepflanzten Bajonett war sehr erfolgreich. Unter geringen Verlusten wurde die ganze alte Stellung wieder genommen. Die Verbindung mit der links in der Schlucht liegenden 8. Komp. wurde sofort wieder hergestellt und noch während der Nacht wurden die Stellungen gefestigt.

Die bereits am Morgen des 2. 11. zurückverlangte 4. Komp. konnte erst nach und nach mit Lastautos vom Schanzenpaß herangefahren werden. Der gegen 3 Uhr nachmittags zuerst eintreffende Zug wurde sofort zum Punkt 1912 (Tatrang–Tal) zur Verstärkung der dort liegenden 7. Komp. entsandt, während die beiden anderen erst bei Dunkelheit eintreffenden Züge bei Punkt 892 verblieben.

Um eine Umgehung des rechten Flügels der 1. Komp. auf dem Rosca zu verhindern, wurde noch in der Nacht zum 3. 11. der noch bei 892 befindliche Zug der 2. Komp. unter Leutnant d. Res. Andersen über 1262 nach 1333 entsandt, um von hieraus die Verbindung zwischen der 1. und 7. Komp. sicherstellen zu können. Von diesem Zug fehlte bisher jegliche Nachrichten und man nahm an, dass er, bevor er im Morgengrauen seinen Bestimmungsort erreichte, auf starke rumänische Kräfte gestoßen sein mußte. Man schloß dies auch daraus, dass sowohl vom Rosca als auch vom Tatrang–Tal und aus der Gegend bei 1333 äußerst lebhaftes Gewehrfeuer gehört wurde. Leutnant d. Res. Andersen berichtete über die bisher ungeklärten Ereignisse. Danach hatte sein Zug sein Ziel am 3. 11. morgens etwa gegen 6,15 Uhr erreicht. Während sich Andersen mit dem Führer der 1. Komp. I.R. 187 wegen der Verwendung in Verbindung setzte, hatte sein Zug hinter der 1. Komp. Stellung genommen. Durch den nun unmittelbar folgenden Angriff war es dem Gegner gelungen, mit starken Kräften die mittels Patrouillengang hergestellte lose Verbindung zwischen Rosca und Finanzwachthaus zu durchbrechen und den rechten Flügel der 1. Komp. umfassend anzugreifen. Der Gefahr ausgesetzt, von der Flanke aufgerollt und im Rücken umgangen zu werden, mußte sich die Komp. auf die Stellung der 5. Komp., die den linken Anschluß hatte, zurückziehen. Der Führer der 1. Komp., Leutnant d. Res. Kloth, fiel hierbei schwer verwundet in rumänische Gefangenschaft und starb zwei Tage später in einem rumänischen Lazarett.

Andersen, die Gefahr des Umgangenwerdens voraussehend, entwickelte nun seinen Zug in einer zwischen 1229 und 1333 etwa in der Richtung von Norden nach Süden verlaufenden Linie mit der Front nach Westen. Links war nach seinen Angaben der Anschluß an die 1. Komp. I.R. 187 vorhanden, der rechte Flügel seines Zuges schwebte dagegen völlig in der Luft. Diese Flankenschwenkung überraschte allem Anschein nach den Gegner, so dass er sich nach einem kurzen Geplänkel zurück zog, leider um unter dem Schutz des Waldes den rechten Flügel des Zuges gänzlich zu umgehen. Nun stand der Feind im Rücken der Rosca–Stellung, die vorläufig durch den Zug Andersen gedeckt wurde, was der 1. Komp. unbekannt geblieben war. Zug Andersen versuchte nun nach rückwärts (etwa in Richtung Norden) einen Durchbruch durch die starken feindlichen Linien, der jedoch unter dem feindlichen Maschinengewehrfeuer gänzlich zusammen brach. Etwa 97 Angehörige des Regiments gerieten in rumänische Gefangenschaft, von denen es neun vergönnt blieb, die Heimat wieder zu sehen. Alle anderen sind unter der unmenschlichen Behandlung der Rumänen in der Gefangenschaft zu Grunde gegangen.

Durch diese Erfolge ermutigt, versuchten die Rumänen nun die ganze Roscalinie abzuschneiden. Deshalb wurden die 1., 3. und 5. Komp., die durch den Flanken– und Rückenangriff der Rumänen sehr durcheinander geraten waren, in die Linie 1229 – 1080 (Feldwache der 8. Komp.) gesammelt, so dass dem Gegner die Linie Rosca – 1371 wiederum überlassen werden mußte.
Vordringliche Aufgabe war es nun, den Anschluß der Kompanien untereinander sicherzustellen, auch wenn dadurch die Dichte der Frontlinie litt. Von 1229 aus wurde gegen 1333 aufgeklärt, um festzustellen, ob der Durchbruch des Gegners zwischen dem Finanzwachthaus und 1426 Raum gewonnen hatte. Die Patrouillen fanden 1333 feindfrei. Inzwischen wurden vom Regiment von 892 ein Zug der 4. Komp. unter Offizierstellvertreter Murmann auf den Kammweg 1147 – 1262 nach 1229 und von hier aus zum Schutz der rechten Flanke nach 1333 entsandt. Die Besetzung der Linie 1333 – 1229 – 1080 war von rechts nach links nun folgende:
Zug Murmann 4. Komp., 1. Komp. mit 31 Gewehren unter Vizefeldwebel Lehmann, 5. Komp. unter Leutnant d. Res. Möller mit dem linken Flügel bei 1229, 2. Komp. unter Leutnant d. Res. Humbke, 3. Komp. unter Leutnant d. Res. Rohde, 8. Komp. unter Leutnant d. Res. Bardowicks und 6. Komp. unter Leutnant d. Res. Eckstein. Rechts anschließend an Zug Murmann lag die 7. Komp. unter Leutnant d. Res. Lucke.

Die Artillerie nahm auf die Meldung, dass der Rosca verloren war, diesen sofort unter starkes Feuer, so dass die Rumänen auch tatsächlich die Höhen Rosca und 1371 zeitweise wieder räumten. Vorläufig konnten sie von uns nicht wieder besetzt werden, da die Ordnung in unserer Verteidigungslinie noch nicht hergestellt war und weitere Reserven vorläufig nicht zur Verfügung standen. Die Rumänen drängten auch weiter nicht nach, sondern besetzten den Kamm des Rosca und gruben sich hier ein. Patrouillen der 7. Komp. fanden sogar gegen Abend am 3. 11. das Finanzwachthaus frei vom Feind und brachten noch einen hier liegenden deutschen Verwundeten zurück. 

Mit Einbruch der Dämmerung griffen die Rumänen die Linie 1080 bis Rosca an, wurden aber hauptsächlich dank des schnell einsetzenden, vorzüglich liegenden Sperrfeuers unserer Artillerie glatt abgewiesen.

Am Mittag des 3. 11. waren bereits der Stab und zwei Kompanien des II./375 eingetroffen, eigentlich zur Ablösung des II./187 bestimmt. Die beiden anderen Kompanien des II./375 trafen erst am Abend ein. Das II./375 sowie die zur Ablösung bestimmte Artillerie wurde zur Wiedernahme des Rosca am 4. 11. zur Verfügung gestellt. Es wurden zwei leichte und zwei schwere Haubitzen neben der eigenen Artillerie in Stellung gebracht, so dass für die Artillerievorbereitung insgesamt zur Verfügung standen: Acht leichte und vier schwere Haubitzen sowie ein Mörser. Mit der Leitung des Infanterieangriffes wurde der Führer des I./187, Hauptmann d. Res. Biel beauftragt. Er begab sich noch am Abend zum 1229. Ihm wurden für den Angriff unterstellt: Das II./375 und die am Rosca in Stellung befindlichen Teile bzw. Reste der 1., 2., 3., 4., und 5. Komp. Die Nacht zum 4. November verlief ruhig.

Der Feuerbeginn der Artillerie war für 7,30 Uhr morgens festgesetzt. Die Gruppierung der Infanterie dauerte jedoch erheblich länger, als geplant war. Infolgedessen begann das Schießen unserer Artillerie erst um 10,15 Uhr. Leutnant Dümling begleitete auch diesmal den Infanterieangriff als Artilleriebeobachter. Das Feuer wurde von ihm so vorzüglich geleitet und von den Batterien so kräftig durchgeführt, dass bereits um 10,40 Uhr der Vizefeldwebel Lehmann der 1. Komp. telefonisch vom Gipfel des Rosca aus dessen Einnahme melden konnte. Kurz darauf war auch die ganze Kammlinie mit sehr geringen Verlusten wieder in unserem Besitz. Die auf dem Rosca wieder in unsere Hand gefallenen deutschen Verwundeten sagten übereinstimmend aus, dass sie von den Rumänen, I. R. 22, auf das Beste behandelt worden seien. Einige hatten sogar neue Hemden bekommen. Auch bekundeten diese Verwundeten, dass unser Artilleriefeuer trotz der kurzen Dauer so heftig gewesen wäre und so genau gelegen und so verheerend gewirkt hätte, dass die Rumänen, obgleich von ihren Führern zum Aushalten angefeuert, den Kamm fluchtartig verlassen hätten.

Am Morgen des 4. 11. hatten Patrouillen der 7. Komp. das Finanzwachthaus vom Gegner besetzt gefunden. Er räumte es jedoch wieder, nachdem ihm der Rosca wieder verloren gegangen war. Nach Eintreffen eines Zuges der 4. Komp., der den Auftrag hatte, vom rechten Flügel der 1. Komp. nach rechts hinunter bis zum Finanzwachthaus vorzustoßen, wurde das Finanzwachthaus von diesem Zug und einem Zug der 7. Komp. erneut besetzt.

Links vom Rosca hatten Patrouillen der 6. und 8. Komp., die in das Vorgelände vorfühlten, insgesamt 6 Gefangene eingebracht. Hierbei zeichnete sich eine Patrouille der 8. Komp. unter Führung des Gefreiten Söder dadurch ganz besonders aus, dass sie eine zur Befreiung dieser gefangenen Rumänen herbeieilenden starken feindlichen Abteilung durch Handgranaten vertrieb.

Die Nacht zum und der Morgen des 5. November verliefen ruhig und die befohlene Ablösung konnte, soweit wie möglich, durchgeführt werden. Von den Maschinengewehrabteilungen, die an den Unternehmungen in hervorragender Weise einen Anteil hatten, wurden die 1. und 2. M.G.K. herausgezogen und nach Hoßzufalu zurückgebracht, während der Feldmaschinengewehrzug 318 in der Stellung blieb. Die 7. Komp./187 wurde durch die 8. Komp./375 abgelöst, ausgenommen die Posten auf dem Orlatul. Die hierdurch freiwerdende 4. Komp./187 löste die bei 1371 liegende 5., 2., und 3. Komp./187 ab. Die 1. Komp./187 war bereits zum 1229 als Reserve zurück geführt worden. Der Stab I./187, 1., 2. und 3. Komp. begaben sich nach der Ablösung nach Altschanz. Die 5. Komp./187 blieb als Reserve des II./187 und die 7. Komp./187 wurde als Abschnittsreserve nach 892 genommen. Der Abschnitt von 1371 einschließlich bis zum bisherigen linken Flügel des Abschnitts vom II./187 übernahm Hauptmann d. Res. Thomsen, der Führer des II./187, dem auch die 4. Komp./187 unterstellt wurde. Das II./187 stand nunmehr unter dem Befehl des I.R. 375 und blieb noch bis zum 10. November 1916 in dieser Stellung. Dann wurde des II./187 einschließlich der 4. Komp./187 aus dem Rosca–Abschnitt herausgezogen. Lediglich die drei auf dem Orlatul befindlichen Gruppen der 7. Komp./187 blieben in ihrer Stellung.


 
Begrüßung des I./187 durch Major Scheuermann nach den Kämpfen am Rosca

 
Hiermit schließt ein an schweren Kämpfen reicher Zeitabschnitt des Regiments. Die Stimmung der Truppe blieb trotz dauernder Gefechtstätigkeit, großer körperlicher Anstrengungen und Entbehrungen und trotz der zeitweisen mangelnden Verpflegung über jedes Lob erhaben.

 
Sicherung des Schanzpasses

Nachdem die schweren und wechselvollen Kämpfe am Rosca beendet waren, wurde dem Regiment mit 6 Kompanien die Sicherung des Schanzpasses übertragen. So rückte das II. Batl. am 12. November mit der 6. und 8. Komp., am 13. November mit Stab, 5. und 7. Komp. nach vorne zur Ablösung des III./188, während am 14. Nov. im Laufe des Vormittags die 2. und 3. Komp. von Predeal mit Lastautos als Reserve dicht hinter den Paßhöhen eintrafen. Mit einzelnen, weit auseinander liegende Posten, mußten diese zahlenmäßig sehr schwachen Kompanien die Sicherung der Verteidigung von einer Frontbreite von 14 Kilometer Breite übernehmen. Diese Aufgabe konnte nur durch einen aufreibenden und wachsamen Patrouillendienst erfüllt werden. Wenn es auch, abgesehen von Patrouillentreffen, zu Kampfhandlungen größeren Umfangs nicht gekommen ist, so stellte doch die Stellungszeit die höchsten Anforderungen an die Truppe. Die Posten lagen zum Teil völlig vereinsamt auf Höhen bis zu 1910 Metern. Die Stürme fegte über die Posten hinweg, die ohne jeglichen Schutz waren und die aufgetürmten und wandernden Schneewehen die kümmerlichen Zeltunterkünfte verschütteten oder zerdrückten. Besonders unerträglich wurde die Lage durch die Nachschubschwierigkeiten. In stundenlangen, mühsamen Märschen über Gratrücken und Talmulden mußte die Verpflegung und das Baumaterial für die Stellung meistens mit Tragtieren den einzelnen Posten hingebracht werden. Die am meisten den Unbilden der Witterung ausgesetzten Kompanien wurden verschiedentlich durch die Reservekompanien abgelöst. 

Der 21. 11. brachte eine Neuordnung im Maschinengewehrwesen. Der bisherige Feld–M.G.–Zug 318 /Grothues) wurde zur M.G..Komp. ausgebaut. Damit erhielt jedes Bataillon seine eigene M.G.K. mit entsprechender Nummer. Der Feld–M.G.–Zug wurde somit 1. M.G.K., die bisherige 1. M.G.K. (von Bülow) wurde in 3. M.G.K. umbenannt.

Während wir so in den Grenzhöhen der Transsylvanischen Alpen mit schwachen Posten Wache hielten, drangen andere Teile der deutschen Armee über den Szurduk– und Vulkan–Paß in Rumänien ein und rückten gegen Bukarest vor. Sehnsüchtig erwarteten wir den Tag, an dem auch wir den Vormarschbefehl erhalten würden, drohte doch unserem Gegenüber ein Abschneiden seiner rückwärtigen Verbindungen. Am 25. und 26. 11. traf des k.u.k. I.R. 9 ein. Wir erhielten den Marschbefehl, teils zu Fuß, teils per Bahn nach Sepsi – Szt. – György, wo dann am 27. 11. das ganze Regiment versammelt war. Aber noch am Abend sollte es weiter gehen. Nachts rückten die Bataillone zum Bahnhof und wurden eng gepfercht zum Bahnhof Bereczk abtransportiert. Es bezogen Quartier: Regts. Stab, III. Batl. und 7. und 8. Komp. in Lemheny Nordteil, I. Batl. und Rest des II. Batls. in Kazdialmas. Hier wurde das Regiment dem 24. Res. Korps zur Verfügung gestellt.


 
Am Schanz–Paß

 
Bereits am nächsten Tag erhielt das III. Batl einen Sonderauftrag, durch den es für 4 Wochen vom Regiment getrennt wurde. Über die Erlebnisse dieser Zeit wird im Abschnitt „III: Batl. im Baska–Tal“ berichtet.

 
Nagy Sandor

Der Gegner hatte schon seit einigen Tagen die Front des beiderseits des Ojtoz–Passes liegenden 24. Res. Korps, namentlich nördlich des Ojtozpasses, angegriffen. Neuangriffe standen zu erwarten. Aus diesem Grunde wurde am 30. 11. das I. Batl. nach Ojtoz als Korpsreserve vorgezogen. Am 1. 12. wurde das Regiment (ohne III. Batl.) der österreichischen 71. Inf.–Truppen- –Division unterstellt. Es rückte der Regt. Stab und das II. Batl. zum Bakotetö, das I. Batl. zum Csengöponk–tetö. Das II. Batl. hatte eigentlich am Abend noch Kishavas erreichen sollen. Der Weg war aber so schlecht, so dass die Feldküchen, obwohl sechsspännig, erst spät in der Nacht am Bako–tetö eintrafen. Die Division begnügte sich damit, die 7. Komp. zum Kishavas vorzuschieben, während die anderen drei Kompanien am Bako–tetö biwakierten.

Am 2. Dez. rückte der Rest des II. Batls. zum Kishavas, während vom I. Batl. die 3. Komp. auf den Nagy Sandor beim Reserve–Jäger–Batl. 20 eingesetzt wurde, da die dort gegenüber liegenden Russen tagsüber angegriffen hatten. Am 4. Dez. schlug die 3. Komp. zusammen mit den Res. Jägern die russischen Angriffe ab. Die Posten der linken ungarischen Nachbarn wurden zurück genommen. Dadurch gelang es den Russen, mehrere Kuppen nördlich des Nagy Sandors in Besitz zu nehmen. Zur Wiedereroberung wurde das I. Batl. herangezogen, während am Csengöponk–tetö die 8. Komp. den Schutz der Artillerie übernahm. Am 5. 12. verjagte die 2. Komp. in schneidigem Angriff die feindlichen Posten, erbeutete 2 M.G. und machte 80 Gefangene. Am Abend wurden auch die 1. und 4. Komp. in vorderer Linie eingesetzt.

Am 4. Dezember war der Nagy Sandor genommen und wir gingen auf seiner Höhe und seinen Hängen in Stellung. Da für die folgende Nächte mit einem Gegenangriff des Feindes gerechnet werden mußte, wurde stärkste Besetzung und schärfste Wachsamkeit befohlen.

Über die Tage berichtet der Ofiizierstellvertreter Speckmann:
„Von 10 Uhr bis Mitternacht habe ich die Ronde. Ich hänge mir einen Karabiner um, stopfe die Taschen voll Munition, haue mir mit dem Seitengewehr ein halb vertrocknetes Tannenbäumchen zum Bergstock zurecht und beginne mich mit ihm durch Zwergwacholder und Bickbeerengestrüpp den Berggrad entlangzutasten. „Posten!“ „Hier!“ antwortete es aus dem Erdboden heraus . In der Schneedecke gähnt ein schwarzes Loch und in diesem Loch hockt, in seine graue Zeltbahn gehüllt, so ein mecklenburgischer Erbpächtersohn oder hamburger Handlungsgehilfe und späht, das Gewehr vor sich, den mondbeglänzten, schneebedeckten Hang hinunter nach Rußki aus, der dem schwer bedrängten Romanski hier die Grenzwacht halten hilft.
Die Postenlöcher werden spärlicher und hören bald ganz auf. Bis zur vorgeschobenen Feldwache, die anderthalb Kilometer nördlich und 130 Meter abwärts ein Tälchen sperrt, besorgen Patrouillen die Sicherung unserer linken Flanke. Bald bin ich in der mondlichtübergossenen


 
Skizze des Kampfgebietes

 
Hochgebirgseinsamkeit allein und trinke mit durstigen Augen die niegeschauten Herrlichkeiten in mich.....Horch, was ist das? Russenstiefel, die sich den Hang hinauf arbeiten? Ich fasse den Karabiner fester und lausche mit angehaltenem Atem.....Ach was, in solch wildem, nie durchforstetem Wald wird stets etwas sein, das bei bewegter Luft ächst, knackt und kracht....

 
Von I./187 gefangene Russen
Blick vom Btl.-Gefechtsstand

 
Endlich bin ich die ganze Kompaniefront abgegangen und es lockt mich, die wenigen Minuten, die ich noch in der Stellung zubringen muß, am Wachtfeuer hart hinter dem Grat zu verträumen. Aber ich komme nicht heran. Denn rings um die prasselnde Glut liegen die wachfreien Leute einer Gruppe, gehüllt in Mantel, Decke und Zeltbahn, über ihnen das Gesperr ausgestorbener Tannenzweige und das dunkle Gewoge der silberdurchblitzten Kronen. Ich stehe auf meinen Stock gestützt, im Beschauen des eigenartigen Bildes versunken. Da dröhnt vom Grat her die Stimme des Unteroffiziers vom Dienst: „Aufstehen! Fertig machen!“ und die vier schlaftrunkenden Gestalten erheben sich, hüsteln ein paarmal und trotten über die Höhe, für zwei Stunden die Kameraden in den Postenlöchern abzulösen, damit sie am knisternden Feuer die froststeifen Glieder auftauen und zu kurzem Schlaf ausstrecken können.

 
Regiments-Gefechtsstand bei 1555

 
Auch meine Zeit ist nun herum. Ich übergebe die Ronde meinem Nachfolger und krieche in den Unterstand. Der Komp.–Führer wird munter. „Alles in Ordnung, Feind verhält sich ruhig,“ melde ich. Dann haue ich mich neben ihn auf die Tannenstreu hin und brauche auf den Schlaf nicht lange zu warten.

Als wir die ersten langen Hosen trugen, war unsere Phantasie gern zu Gast in den Blockhütten des wilden Westens. Als feldgraue Kerle kriechen wir in einem solchen Ding des zur Zeit viel wilderen Osten aus und ein und wenn wir drin sind, kann Winteringrimm und Schneesturm uns nichts mehr anhaben, kommt über uns ein seltsames Gefühl des Geborgenseins, umschmeichelt uns beinahe etwas wie Heimatluft.....

Tannenstämme, mit feldgrauen Flechten und blinkenden Harztropfen geschmückt, bilden Fußboden, Decke , Wände, Pritschen, alles. Nur Tür und Tisch sind aus rohen Tannenbrettern gefügt. Aus schieferiegem Felsgestein ist ein Kamin eingebaut, der eine Unmasse Holz schluckt und dafür eine behagliche Wärme hergibt. Nächst ihm ist unseres Heims kostbares Gut, eine Glasscheibe, die das liebe Licht der kurzen Wintertage in unser Auge und Gemüt leitet. Beim Sturmangriff hatte sie ein Löchlein und einen bösen Riß bekommen, aber Pflaster von Leukoplast halten die Stücke leidlich zusammen und einige Lüftung durch verbliebene Ritzen, sowie die mit Moos niemals luftdicht zu verstopfenden Wände ist in einem Raum, in dem erkleckliche Mengen des „Tabaks  für Heer und Marine“ ihrer Bestimmung zugeführt werden, durchaus nicht vom Übel.
In dieser von Kameraden erbauten und von uns einem unerfreulichen Zwischenbesitzer wieder abgenommen Hütte hausen friedliche miteinander der Komp.–Führer, der Führer des 1. Zuges, ein Bursche, eine Ordonnanz und, in der Ecke auf einer Handgranatenkiste hockend, der jeweils diensttuende Telefonist. Auf einen Sack im Brennholzwinkel räkelt sich eine deutsche Schäferhündin. Die kleinen Krabbeltierchen, mit denen wir einen ebenso hartnäckigen wie erfolglosen Kampf führen, sind unsere ständigen Begleiter.

Was man so „Stumpfsinn blasen“ nennt, das gibt es bei uns nicht. Der Komp.–Führer zeichnet Hochgebirgslandschaften mit Wettertannen, der Führer des 1. Zuges trägt Sorge, dass seine Feder nicht einrostet, die Ordonnanz, ein hamburger Speditionsfuhrmann und einer der Telefonisten, Quartiersmann vom Hamburger Freihafen, die Reste eines Doppelquartetts aus der Vogesenzeit des Regiments, singen zweistimmig die schönsten Lieder, wie deutsche Wanderburschen sie lieben, „wenn am Wald die Heckenrosen blühn“, und von Zeit zu Zeit bringt der Fernsprecher eine Abwechslung durch Meldungen wie: „40.000 Rumänen gefangen“, oder „Bukarest genommen“.

Tagtäglich arbeiten wir an der Verschönerung unseres Heimes. Die Kaminwand zieren unsere Kochgeschirre und einige russische, die eine jüngst abgefaßte, aus baumlangen Sibiriaken bestehende Patrouille uns freundlichst überlassen hatte. Für drei Bände der Reichsbuchwoche ist ein Brett angebracht, für Fettigkeiten ein zweites. Den rauhen Tisch deckt säuberlich der „Rostocker Anzeiger“, in dessen Spalten bald jemand eine schöne Sau mit 5 Jungen spottbillig zu verkaufen hat, bald ein anderer dem herzlichen Weihnachtswunsch Ausdruck gibt, mit einer nicht unvermögenden jungen Dame eine zweite glückliche Ehe zu schließen. Wir studieren diese Gesuche und Angebote mit stillem Vergnügen und freuen uns, dass es anderthalbtausend Meter tiefer ein Land gibt, wo man nicht mit Kanonen schießt wie hier herum zu Zeiten recht kräftig, sondern wo der deutsche Bauersmann an glatten Ferkeln seinen Spaß hat und Männlein und Weiblein danach trachten, einander glücklich zu machen.
Aus dem Lande, wo die Menschen wohnen und die Schienenstränge laufen, bewegt sich ein Zug kleiner Panjewagen auf erbärmlichen Wegen ins Gebirge hinauf. Dort, wo die stark werdende Steigung ihnen Halt gebietet, entleeren sie sich in die Kessel der im Waldesschatten aufgefahrenen Feldküchen. Was diese zurecht brodeln, fließt in bauchige Kannen und die werden geduldigen Tragtieren aufgehängt, die mit ihnen den steilen Saumpfad hinantrotten. Endlich machen sie Halt und nun drückt ihre Last sie nicht lehr lange. Denn vom Grat kommt es angeklappert mit Kochgeschirren, die befördern die Bohnen– oder Graupensuppe oder was es sonst gerade gibt, zu den Gruppen, schnell ist sie über dem Feuer gewärmt und das Löffeln kann beginnen.

Auch die liebe Feldpost findet auf diese Weise ihren Weg zu uns Hochgebirglern. Wenn sie angekommen ist, sieht man den einen Posten in seinem Loch einen Brief von Muttern lesen, den anderen eine dicke Zigarre rauchen, einen dritten an einen Smuddaal (Räucheraal) kauen, dass ihm das Fett durch die Bartstoppeln läuft. Und fern vom Nordwesten weht ein warmer Hauch über die eisigen Höhen der Waldkarpathen.

„Tötötötö“ tutet es aus der Fernsprechleitung. Das kommt alle Augenblicke vor und man achtet weiter nicht darauf. Aber was macht der Mann auf der Handgranatenkiste auf einmal für Augen! „Herr Leutnant, was sehr Interessantes.....vom Frieden!“ „Quatsch doch nicht, Mensch!“ fährt der Komp.–Führer ihn an, aber er nimmt doch das eine der beiden Hörrohre ans Ohr. „Frieden? wie schreibt sich das Wort eigentlich?“ wendet er sich an mich. „Müssen mal im Duden nachsehen“ schlage ich vor. „Aber in der neuesten Ausgabe steht das gewiß nicht mehr drin“ meint er, „besser wir nehmen Grimms Wörterbuch oder sonst einen alten Schmöker von anno Tobak.“ Aber da hilft nun alles nichts, das wunderliche Wort „Friede“ ist wirklich drin im kriegerischen Draht, wenn auch in der Verbindung „Friedensangebot“ und unser oberster Kriegsherr selbst hat es hineingeschickt und unverzüglich soll sein Fernspruch allen deutschen Truppen bekannt gegeben werden.

Ich also auf und hinaus zu meinen Gruppen! Es ist schneidend kalt, aber ich denke nicht daran, den Mantel überzuwerfen. Seltsam, wie heiß und schnell ein einziges Wort einem das Blut durch die Adern jagen kann! Ich fülle die Brust mit der würzigen Tannenluft, breite die Arme aus, schaue zum Mond empor und zu den goldenen Sternen: Herr Gott! Soll wirklich jenen Tod und Verderben speienden  Ungetümen, die hinter den Bergen dort eben wieder aus vollem Halse brüllen, das Maul gestopft werden? Soll wirklich einmal wieder Friede werden auf deiner verwüsteten Erde?

Der Unterstand meiner ersten Gruppe. Kein Mensch liegt mehr unter freien Himmel, alles hat sich eingebaut, hat ein Dach aus Tannenstämmen und einen halben Meter Waldboden über sich. Die den Eingang verhängende Zeltbahn beiseite raffend, krieche ich hinein. Was schläft, mußte mir wach werden. Und dann lese ich im huschenden Schein des Kaminfeuers vor, was der Kaiser seinen Soldaten zu sagen hat. Vor dem Wort „Friedensangebot“ mache ich eine Pause, dieses Wortes ersten beiden Silben versuche ich klingen zu lassen wie Himmelsmusik. Tiefes Schweigen –  –  – „Kinners, Kinners,“ ruft da auf einmal ein frischer holsteiner Junge, „denn könnt wi ja woll Wihnachten bi Muddern fiern!“ „Für diese Nachricht möchten wir Sie umarmen“ sagt bewegt ein hamburger Kaufmann. „Wenn da man all wat ut wart“ läßt sich ein bedenklicher Mecklenburger vernehmen, „so as ick den Engelsmann kenn....“ – Weiteres anzuhören und mit zu erörtern habe ich keine Zeit, denn es drängt mich, auch meinen Leuten in den Postenlöchern und den anderen Gruppen die wunderliche Mär zu bringen. Wie ich so den steilen Grat hinabklettere, kommt mir plötzlich ein alten Prophetenwort in den Sinn und die Seele beginnt sich  in seinem wundervollen Rhythmus zu wiegen: Wie lieblich – sind auf den Bergen – die Füße der Boten – die den Frieden verkünden......
Der Traum einer Dezembernacht war schnell ausgeträumt und die Geschichte des Infanterie–Regiments 187 ist hier noch lange nicht zu Ende.“
Soweit der Bericht des Offizierstellvertreter Speckmann.

Das II. Batl. hatte inzwischen am 6. 12 die am weitesten rechts liegenden Kompanien des Res.–Jägerbatls. 20 vom Zsiros–tetö bis zum Fuß des Nagy Sandor abgelöst, der Regt. Stab den Befehl über den ganzen Abschnitt übernommen, während das III. Batl. sich bei den Ungarn im Baskatal mit Rumänen herumschlug. So verlief die Zeit bis Weihnachten ohne wesentliche Ereignisse.


 
III. Bataillon im Baska–Tal

Am Mittag des 29. 11. traf für das in Lemheny in Quartier liegende III. Batl. Alarmbefehl ein. Die 10 Komp. und ein Teil der 11. Komp. wurden mit Lastautos nach Kovaszna transportiert. Der Rest des Batls. marschierte gegen Abend im strömenden Regen zur Bahn und erreichte gegen 1 Uhr nachts Kovaszna. Hier wurde das Batl. einer k.u.k. Kavallerie–Brigade unterstellt, die in den Bergen zwischen Bodza– und Ojtoz–Paß in der Gegend des Baska–Tals einen weiten Abschnitt zu verteidigen hatte und bei ihrer zahlenmäßigen Schwäche in den letzten Tagen mehrere wichtige Höhenpunkte dem feindlichen Angreifer hatte überlassen müssen. Jetzt erwartete man, dass der Gegner, durch seine erfolge ermutigt, die Angriffe fortsetzen würde. – – –


 
Skizze des Kampfgebietes

 
Am frühen Morgen wurden dann zwei Züge Infanterie in einem Zug der für den Holztransport bestimmten kleinen Bergbahn verladen, auf einer Seilbahn ging es streckenweise steil hinauf und wieder mit der Bergbahn zwischen romantischen Höhen und Schluchten hindurch bis Commando, wo der Brigadestab lag und Holzhäuser als Quartier zugeteilt wurden. Doch nach wenigen Stunden waren die Kompanien schon wieder alarmiert und bei den angegriffenen ungarischen Husarenregimentern 4 und 12 einzeln eingesetzt worden. Die 9. Komp. hatte nach nächtlicher Bahnfahrt in der offenen Bergbahn und nach kurzem Marsch in der Nacht zum 1. 12. Musa erreicht, das von einer Schwadron 12. ung. Husaren als einzige Stellung der Kav.–Brigade bisher gehalten war. Bei Tagesanbruch griff der Rumäne erneut an, vermochte jedoch, trotz wiederholter Angriffe auf die gut ausgebaute Ringstellung nichts zu erreichen. Ein gegen Abend eingeleiteter feindlicher Angriff scheiterte durch einen Flankenstoß des Zuges Leutnant Albers, 10. Komp. Mit fleißiger Patrouillentätigkeit, teils bis in den Rücken des Feindes, mit Bau eines Reservelagers und mit Vorbereitung eines umfassenden Angriffs vergingen die nächsten Tage. Die 10. und 11. Komp. waren inzwischen zu gemeinsamer Wiederaufnahme der verlorenen Stellungen Csihannyos, Batrin und Slobodul von Musa aus in die Berge entsandt worden. Als diese Ziele trotz aller Geländeschwierigkeiten zum Teil gemeinsam mit den 4, ung. Husaren erreicht waren, wurde am 5. 12. zusammen mit der von Gyulafalva im Tal auf 911 vorgedrungenen 12, Komp. sowie 2 Schwadronen Husaren der starke Stützpunkt 1242 im schnellen Angriff genommen, drei Offizier und 88 Mann fielen dabei in unsere Hand. So war auch der letzte Erfolg der Rumänen wieder abgenommen worden. Darauf bezog die 11. Komp. als Regimentsreserve Biwak auf dem D. Batrin, die 10. und 12. Komp. kamen auf einen Tag nach Commando, um sich am 7. 12. zu dem gemeinsam mit der 9. Komp. und zwei Schwadronen Husarenregiment 12 am 8. 12. geplanten Angriff auf die starke feindliche Stellung vor Musa in der rechten Flanke und im Rücken des Rumänen bereit zu stellen. Ebenso waren einige 10,5 Haubitzen inzwischen in Stellung gebracht worden. Die 9. Komp. hatte eine gute Ausgangsstellung in der linken feindlichen Flanke erkundet. Da entdeckten mittags die Patrouillen, dass der Feind im Schutze des Nebels abgezogen war, eine Folge des Falles von Bukarest und des schnellen Vordringens der Gruppe v. Morgen über Plösci gegen Buzeu, den rumänischen Talpunkt der Paßstraße von Musa. Wenig erfreut darüber, in letzter Stunde um den sicheren Erfolg gekommen zu sein, trafen die Kompanien nach ermüdenden Gebirgsmärschen in Musa ein, nächtigten dort und fuhren am nächsten Morgen durch die tief verschneiten Berge bei klirrendem Frost über Halom nach Commando. Die 9. Komp. blieb zur Sicherung noch einen Tag in Musa, schickte starke Patrouillen vor, von denen eine unter Vizefeldwebel Evers dem Feind 10 Kilometer weit folgte, ohne wieder Fühlung mit ihm zu bekommen. Als dann am 9. 12. die Husaren vorgingen, kehrte auch die 9. Komp. nach Commando wieder zum Batl. zurück wurde gleichfalls nach Kovaszna transportiert und marschierte nachts nach Gelencze, wo das Batl. als Reserve der ung. 1. Kavallerie–Truppen–Division bis zum 16 .12 in Quartier lag. An diesem Tag marschierte es in aller Frühe über Kezdivasarhely nach Kezdizentlelek wieder zur 187. Division zurück. Am 18. 12. marschierte das Bataillon nach Czomortan und Lemheny, wo die Truppe bis zum 24. 12 als Div. Reserve lag, während im Gebirge eine neue Offensive vorbereiten wurde und Einweisungskommandos sich im Regimentsabschnitt orientierten. Am 23. 12. hielten die Kompanien ihre Weihnachtsfeiern ab. Der für den 24. befohlene Abmarsch wurde um einen Tag verschoben. So marschierte und kletterte das Batl. am 1. Weihnachtsfeiertag in Bereitschaft hinter den Nagy Sandor 1639 und bezog dort bei Frost und Schneefall Zeltbiwak oder Baracken.

 
 
Offensive am Ojtoz–Paß

Der Vormarsch der deutschen Armeen in Rumänien ging inzwischen vorwärts. Die in den Karpathen liegenden Teile sollten sich anschließen. So wurde für die Weihnachtstage eine allgemeine Offensive vorbereitet. Das III. Batl. stand hierfür dem Regiment wieder zur Verfügung. Die Bataillone waren  folgendermaßen zum Angriff angesetzt: das II. Batl. sollte von Zsiros–tetö en Kammweg entlang auf Hgh. vorstoßen, die 1. und 2. Kompanie des I. Batls. unter Führung des Batls.–Stabes sich des russischen Stützpunktes auf 1405 bemächtigen und dann nach halbrechts den dort sich in Richtung Hgh. erstreckenden Kammweg entlang vorrücken. Das III. Batl. sollte nach der Einnahme von 1405 durch das ½ I. Batl. die Hänge in Richtung Bitca Pufu hinabsteigen und sich dann dieses Berges bemächtigen. Die 3. und 4. Kompanie waren Regimentsreserven. Als Fernziel der Offensive war Tirgul Ocna angegeben.

Die letzten Tage vor Weihnachten herrschte rege Patrouillentätigkeit. Am 25. 12. rückte das III. Batl., wie bereits erwähnt, aus Lemheny hinter den Nagy Sandor. Am 26. 12. sollte der Angriff beginnen. Die Kompanien standen um 7 Uhr in Ihren Sturmstellungen. Dichter Nebel lagerte auf den Höhen, der ständig dichter wurde, so dass die Artillerie nach wenigen Schüssen ihr Feuer als gänzlich zwecklos einstellten mußte.

Der Angriff mußte somit abgesagt werden. Nur die 6. Komp. konnte nicht mehr erreicht werden. Sie führte also an diesem Tage auf eigene Faust Krieg, der seiner Eigenart halber hier eingehend von Leutnant Wittmack geschildert wird:
„Den frontalen Vormarsch des II. Batls. auf dem schmalen Kammweg, von dem aus rechts und links die dichtbewaldeten Abhänge in Seitentäler stark abfielen, verriegelte eine quer über den Berg angelegte Hufeisenstellung der Russen.

Diese sollte nun in der Weise angegriffen werden, dass die 6. Komp. sie von rechts, die 8. Komp. von links umgehen und in ihren Rücken sich auf dem Kammweg treffen sollten. Alsdann sollte von jeder Kompanie ein Zug die russische Hufeisenstellung von Rückwärts stürmen, während die übrigen Züge den Bergrücken herunter ins Slanictal vorstoßen sollten.

Am Morgen des 2. Weihnachtstages rückte dann auch die 6. Komp. zur Umgehung aus. Einige Mann blieben in der Ausgangsstellung zurück, um den Feind frontal zu beschäftigen und ihn die Bewegung der Angriffstruppe zu verschleiern. 
Diese gelangte dann auch, weit nach rechts ausholend, unbemerkt in die linke Flanke des Feindes und klomm nun ausgeschwärmt, mit zwei Zügen in der vorderen Linie, den Abhang des Bergrückens hinauf.


 
Skizze des Kampfgebietes

 
Wir stiegen „langsam Schritt“, denn unserer Artillerie sollte vor dem eigentlichen Sturmbeginn um 9 Uhr die feindlichen Stellungen noch gehörig unter Feuer nehmen. Es fielen aber zu unserer Enttäuschung nur einige wenige Schüsse. Sollte dieses das ganze Trommelfeuer sein? Wir gingen zögernd vor: Vom Feind nichts zu sehen, von den übrigen Angriffskolonnen nichts zu hören. Die Spannung wuchs. Es war schon fast 9 Uhr, gleich mußten wir oben sein.

Da lichtet sich der Wald. Wir haben die Höhe. Vor meinen staunenden Augen liegt, wenige Schritte entfernt, friedlich der Kammweg. Ich rufe dem Komp.–Führer zu: „Mensch, Baumert, der Kammweg!“ Ein Augenblick höchster Spannung: wir waren im Rücken der Russen. Vom Feind nichts zu sehen, von der 8. Komp. keine Spur. Jede Minute konnte uns die Entdeckung bringen, - und dann???

Meinem Instinkt folgend, versuchte ich zunächst, einmal „Stacheligel“ zu bilden. Da fallen rechts weiter hangabwärts Schüsse. Leutnant Hinrichs war auf eine friedlich daher kommende russische Holzträgerkolonne gestoßen. Im gleichen Augenblick ruft mir ein Mann von meinem linken Flügel zu: „Herr Leutnant, eben habe ich einen Russen gesehen!“ Da gab es kein Besinnen mehr. Der Kerl konnte in Sekunden die ganze feindliche Hauptstellung alarmieren.

„Vorwärts! Hurra!“ so stürmten wir den Kammweg hinauf, etwas 12 – 15 Mann mit mir. Wir stoßen auf das die feindliche Stellung rückwärts abriegelnde Drahtverhau. Eine schmale Zickzackgasse ist frei. Spanische Reiter liegen daneben. Wir schlängeln uns laufend hindurch. Da lichtet sich der Wald, der Kammweg wird breiter. Wenige Schritte vor uns der erste russische Unterstand. 4 Russen sitzen daneben, das blitzende Bajonett in der Hand. Aber sie rühren sich nicht. So erschreckt oder verblüfft sind sie. Ich packe den vordersten dieser Ölgötzen an der Brust, bestimme schnell einen Mann zur Bewachung, dann eilen wir weiter.

Vor uns wird es lebendig. unterstände rechts und links. Handgranaten fliegen hinein. Durch den lichten Wald blicken wir von oben in den rechten Flügelgraben der russischen Stellung, der sich halbrechts von uns, aber tiefer verlaufend, hinzieht. Unsere Schüsse vertreiben die Russen dort. Sie fliegen nach links  auf die Höhe in ihren Frontgraben auf den Kammweg noch vor uns. Dort stehen sie jetzt dicht gedrängt. Nur die Bajonettspitzen und hier und da eine Pelzmütze sind sichtbar. Von dort erhielten wir jetzt Feuer. Die Russen haben ein M.G. umgedreht und bestreichen den Kammweg. Wir springen in Deckung. Etwa 80 Meter trennen uns vom Feind. Aber so weiterstürmen gegen das feindliche M.G. und die dicht gedrängten Menschenköpfe anlaufen wollen, wäre Wahnsinn gewesen.

Wir nahmen das Feuer auf. Drei oder vier Mann lagen bei mir. Die übrigen arbeiteten sich springend auf gleiche Höhe heran.
Kugeln fliegen hinüber und herüber. Wir versuchen den Russen klar zu machen, dass sie sich ergeben sollen. Ein paar geborene Polen rufen ihnen auf polnisch zu: „Rußki, Rußki! Wutki, Wutki! tönt es liebeswerbend den Russen entgegen. Dazwischen kracht dann hüben und drüben immer wieder ein Schuß. So geht’s etwa eine Viertelstunde lang.

Man schien drüben zu beraten, ohne doch zu einem Entschluß kommen zu können. Da plötzlich zeigen sich gerade vor uns ein paar Russen über der Brüstung. Sie wollen, scheints, die Luft beriechen. „Nicht schießen, nicht schießen! rufe ich. Einige Augenblicke erwartungsvolle Ruhe. Dann klettert da drüben ein Russe ganz aus dem Graben heraus, ein Verwundeter, dessen Brustverband unter dem geöffneten Rock sichtbar ist. Zögernd kommt er näher. Hinter ihm klettern ein paar weitere Russen aus dem Graben.

Da ruft mir einer von meinen Leuten zu: „Die haben ja keine Gewehre! Da können Herr Leutnant ja ruhig ein Stück entgegen gehen.“ Wahrhaftig, ich nehme meine Knarre und gehe zwischen den Linien auf den vordersten, den Verwundeten los und – klopfe ihm freundschaftlich auf die Schulter. Das sehen – war für die Russen das Zeichen der Völkerverbrüderung. Im Handumdrehen hatten sie mich umringt, schüttelten mir die Hände, küßten mir die Hände. Ich stand plötzlich in einem wimmelnden Haufen freudestrahlender, lehmbrauner Gestalten. Ehe ich recht begreife, was los ist, tritt ein etwas eleganter uniformierter Russe auf mich zu, deutet auf sein Achselabzeichen, macht eine Verbeugung und murmelt etwas. Ich mache ebenfalls eine Verbeugung, lege die Hand an die Mütze und sage: „Wittmack.“ Ich hatte den Führer der Russen vor mir. Nun kam auch mein Kompanieführer, Leutnant Baumert, herbei, hoch erfreut und ruft mir, auf den russischen Offizier deutend, zu: „Sag dem Kerl mal, dass er seine Leute antreten läßt.“ Einer unserer biederen Polen verdolmetscht das auch dem Russen. Der gibt ein Kommando und die braune Schar unserer Gefangenen ordnen sich in wohl ausgerichteter Gruppenkolonne.
Ich lasse mir die Freude nicht nehmen, selbst ihre Stärke nachzuprüfen und, indem ich jedem einzelnen Russen vor den Bauch piekse, zähle ich 1 Offizier, 107 Mann gefangene Russen. Dazu fanden sich an Beute 2 M.G., Munition und die übrige Ausrüstung unserer Gefangenen. Zu den 107 Mann kamen dann noch einige vorher gefangene und wohl ein Dutzend von Leutnant Hinrichs zweitem Zuge gefangen genommene Holzträger. Die Freude war groß. An Verlusten hatten wir einen Toten zu beklagen.

Leutnant Baumert führte die Gefangenen dem Batl. zu. Dort große Freude, desgleichen beim Regiment, Man hatte uns nämlich schon verloren geglaubt. Der geplante Angriff war wegen des schlechten Schießwetters für die Artillerie abgesagt worden. Die hinter unserer 6. Komp. hergesandten Bataillonsordonnanzen hatten uns aber nicht mehr gefunden. So hatte man uns schon verloren geglaubt und besonders, als die Schießerei begann, unseretwegen in großer Sorge geschwebt. Um so größer die freudige Überraschung, nicht nur die 6. Kompanie gerettet zu wissen, sondern überdies siegreich im Besitz der russischen Stellung und einer so stattlichen Anzahl Gefangener nebst Beute. Dadurch war die Fortführung des Angriffs am nächsten Tage bedeutend erleichtert.“

Der nächste Tag brachte schönstes, klares Wetter, so dass der Angriff überall seinen planmäßigen Verlauf nahm.
Beim II. Batl. am Zsiros–tetö traten um 9 Uhr vormittags die Kompanien auf ein verabredetes M.G.–Zeichen zum Sturm an. Das unwegsame Gelände und die stark befestigten Stellungen des Gegners ermöglichten nur ein langsames Heranarbeiten. Obgleich vier feindliche M.G. ununterbrochen schossen, drang um 10,45 die 6. Komp. unter verhältnismäßig leichten Verlusten in die Stellung des Gegners, die dieser fluchtartig räumte, ein. nunmehr war die 6. Komp. in der Lage, den inzwischen vorgeschrittenen Angriff der 8. Komp. aus der Flanke so wirksam zu unterstützen, dass bereits um 11 Uhr vormittags die feindlichen Stellungen nördlich des Weges in den Händen des Bataillons war. Der Gegner zog sich in aller Eile unter Verlust von 50 Gefangenen und ein M.G. in die südlichen Schluchten zurück. Im schnellen Nachdrängen gelang es der 6. und 8. Komp., den weichenden Gegner bis auf seine stärksten Widerstand leistenden Hauptstellungen vor Kord. P. zurück zu drücken. Bei einbrechender Dunkelheit wurde der erfolgreiche Kampf eingestellt.

Bei der Höhe 1405 war die 1. Komp., ein Zug der 2. und zwei Züge der 11. Komp. eingesetzt. Um 11 Uhr befand sich die Höhe restlos in unserm Besitz. Über 100 Gefangene und 2 M.G. waren die Beute. Das nächste Ziel des III. Batls. war der Bitca Pufu (1070). Während die 10. Komp. und ein Zug der 11. Komp. sofort den Vormarsch auf diese Höhe antraten, stieg die 9. Kompanie (links) nördlich von 1405 zum umfassenden Angriff die Steilhänge ins Tal hinab. Die 12. Komp. war von ihrer Ausgangsstellung sofort nördlich durch den dichten Urwald ins Tal gestoßen, um von 847 aus den Bitca Pufu anzugreifen. Sie erreichte als erste den Fuß dieser steilen, kahlen Höhe und griff sofort an, jedoch ohne in dem starken M.G.–Feuer allein zum Ziel zu kommen. Daher wurde die inzwischen eingetroffene 10. Komp. und Zug Leutnant Lütge 11. Komp. flankierend eingesetzt. Nachmittags 3 Uhr gelang der Sturm, 2 M.G. und 50 Gefangene fielen in unsere Hand. Die Absicht, sofort über 769 auf 930 vorzustoßen, wurde wegen der einbrechenden Dunkelheit, wegen der Unsicherheit der Flanken und wegen des Fehlens einer Verbindung mit dem Regiment aufgegeben und die Höhe nach Südost und Nord gesichert.


 
Blicke auf die Berge des Kampfgebietes

 
In der Frühe des 28. zog das III. Batl. unter Zurücklassung einer Telefonwache über 769 zur Höhe 930 ohne Widerstand zu finden und sicherte diese Höhe mit zwei Kompanien gegen Baile Slanic und Höhe 1050. Die 11. Komp. war in Reserve, die 10. stand als Rückendeckung 600 Meter östlich 769, Da meldete um 11,30 Uhr vorm. angeschossene Patrouillen der 9. Kompanie, dass starke russische Schützenlinien vom Osten und Süden vorgingen, gleichzeitig meldete die Telefonstation auf dem Bitca Pufu der 10. Komp., dass sie von Russen überfallen werden: „Hier sind Russen, drei, sechs, zehn, zwanzig!“ Dann riß die Verbindung ab. Daraufhin hatte die 10. Komp. sofort den Zug Dähling gegen die Höhe geschickt. Als dieser aber meldete, dass die Russen über eine Kompanie stark seien, wurde die ganze 9. und 10. Komp. ein Zug der 11. Komp. und zwei Züge der 12. Komp. umfassend gegen die Höhe eingesetzt, während der Rest des Batls. den Rücken gegen 930 schützte. 2,30 Uhr war der Bitca Pufu wieder in unserer Hand. Der Feind hatte schwere Verluste. Auch eine Anzahl Gefangener wurde gemacht. Unsere Telefonisten waren in Gefangenschaft geraten und die Apparate fanden wir zerschlagen vor. Die Ärzte, die um diese Zeit vom Sandor aus dem Batl. nachkamen, waren unvermutet von den Russen beschossen worden, hatte aber, obgleich nur mit Handstöcken bewaffnet, auch einige Gefangene gemacht und trafen gleichzeitig mit dem Bat. auf der Höhe ein. Am nachmittag war dann die Telefonverbindung mit dem Regiment wieder hergestellt. Auftragsgemäß sicherte jetzt das Bat. die Höhe, ging nicht weiter vor und wartete die Verpflegung ab, die jedoch erst am folgenden Abend eintraf, da die Tragtiere wegen des Schnees und der Glätte der Steilhänge schwer vorwärts kamen.

Beim II. Batl. nahm am 28. 12. die Offensive ihren planmäßigen Fortgang. Das Batl. erhielt den Auftrag, sich in den Besitz von Hgh. zu setzen und den Eingang zum Slanictal zu erzwingen. Patrouillen, die 8,30 Uhr gegen die russischen Stellungen geschickt wurden, konnten jedoch feststellen, dass der Gegner während der Nacht seine Stellungen bereits geräumt hatte. Das Batl. drang nunmehr über Hgh. hinaus bis Kord. P., wo es sich mit  der 1. und 2. Komp., die von 1405 nach hier vorgestoßen waren, vereinigte. Der geplante weitere Vormarsch auf 930 und die Besetzung dieser Höhe mußte wegen des unwegsamen Geländes und der vorgerückten Tageszeit unterbleiben. Während die als Reserve nachgezogenen 7. Komp. die Sicherung des Par. Pufu Tales übernahm, bezog das Batl. bei Kord P. Alarmquartier. 


 
Höhe 1405
Eine Patrouille im Schnee

 
Am 29. 12. sollte der Vormarsch auf und womöglich über die Höhe 930 angetreten werden. Um 7 Uhr rückte das Batl. im Par Pufu Tal vor und begann südlich 622 in geöffneter Ordnung den Aufstieg. Vorgeschickte Sicherungs– und Aufklärungspatrouillen stießen nach längerem Aufstieg auf den Gegner, der 930 besetzt hielt und südöstlich eine stärkere Flankierungsstellung besaß. Obgleich die Aufrechterhaltung der Verbindung zwischen den in losen Schwärmen ansteigenden Kompanien bei dem unübersichtlichen, bewaldeten Gelände die größten Schwierigkeiten bereitete, traten sämtliche Teile des Batls. fast gleichzeitig mit der richtigen Frontstellung in den Angriffsraum ein. Der nun folgende Angriff ging am linken Flügel und in der Mitte so zügig voran, so dass die 7. Komp. bald den Kammweg erreicht hatte. Der Angriff der 8. Komp. am rechten Flügel kam unter starkem Flankenfeuer nicht recht vorwärts. Um den Gegner in der Flankenstellung von vorn zu beschäftigen und dann durch einen Flankenstoß der 7. Komp. aufzurollen und von der Höhenstellung herunter zu drücken, wurde ein Zug des I. Batls. das inzwischen eingetroffen war, zur Verlängerung des rechten Flügels eingesetzt. Während der Vorbereitung zum Angriff stieß das III. Batl planmäßig gegen 4 Uhr nachm. zum II. Batl., so dass der mit Verstärkung von zwei Kompanien der III. Batls. aus der Stellung des 5. Komp. heraus beginnende Flankenangriff einen vollen Erfolg hatte und der Gegner bei bereits eintretender Dunkelheit vertrieben wurde. Die Tagesbeute betrug 40 Gefangene und 1 M.G.

Nach ruhig verlaufender Nacht ging am folgenden Tage um 7 Uhr vormittags das I. Batl. mit unterstellter 7. Komp. und als Reserve nachgezogenem II. Batl. zum Angriff auf die Höhe 1050 mit dem Tagesziel Pravila vor. Die feindlichen Kompanien, die 1050 besetzt hielten, wurden nach kurzer Artillerie–Vorbereitung geworfen. Dem Vordringen von 1050 über 956 setzte ein außerordentlich präzises auf den Kammweg liegendes Sperrfeuer des Gegners ein Ende. Um unnötige und schwere Verluste zu vermeiden, wurde bei 956 Stellung bezogen. Umgehungsversuche der Russen, die die auf dem Bergrücken weit vorgeschobenen Stellungen abschneiden sollten, wurden durch schnelle Sicherungsmaßnahmen vereitelt.

Das III. Batl. übernahm die Sicherung von 930 bis zum Bitca Pufu, da der linke Nachbar, das Res. Regt. 217 auf dem Mt. Cleja nur schwer kämpfend langsam Boden gewann. Da setzte am 31. 12. wieder starker Schneefall ein und die Tragtierkolonnen blieben teils im Schnee stecken. Die Aussichten, durch das tief verschneite Gebirge das Endziel Tirgul Ocna zu erreichen, wurden hierdurch wesentlich geringer. Auch die rechten Nachbarregimenter 188 und 189 hatten sich im Tal von Baile Slanic und Satul Nou und auf den südlichen Höhen festgerannt. Die 12. Komp. wurde zur Unterstützung des Angriffs auf Höhe 650 zur Sägemühle von Satul Nou aus den Bergen herangezogen. Das II. Batl. erhielt den Auftrag, mit der 5. und 7. Kompanie die Höhe 650 von Norden her anzugreifen. Ein schönes Neujahrsvergnügen! Den Teilnehmer dieser Episode sind der nächtliche Marsch durch die tiefverschneiten Schluchten ewig denkwürdig geblieben. Erst am Neujahrstag konnte die Höhe 650 kampflos besetzt werden, da der Gegner nachts abgezogen war. Nach eintägiger ruhe in Baile Slanic löste dann das Halbbataillon Thomsen mit der 5. und 7 Komp. im Verein mit der 6. und 8. Komp. das I. Batl. bei 956 ab. Das I. Batl. kam ganz nach Baile Slanic und übernahm hier die Talsperre bei Satul Nou. Die weiteren Erlebnisse  des I. Batl. sind im nächsten Abschnitt beschrieben.

Die 12. Kompanie blieb als Reserve in Baile Slanic. Am 5. 1. 1917 wurde sie erneut gegen 650 eingesetzt, wohin sich eine starke feindliche Patrouille verirrt hatte. Am 12. 1. wurde sie zusammen mit der 10. Komp.  dem Regiment 188 zum Sturm auf Höhe 828 zur Verfügung gestellt. Diese ganze Zeit brachte sonst das III. Batl., bis auf einige Umgruppierungen, starke Patrouillentätigkeit und verschiedene Versuche, vom Sarariital aus das Vorkommen des R.I.R. 217 auf den Mt. Cleja zu ermöglichen, sonst keine wesentlichen Erlebnisse.

Vor dem II. Batl. schien der Russe ernste Angriffsabsichten verwirklichen zu wollen. Bereits am 5. Januar in früher Morgenstunde setzte auf den ganzen Stellungsabschnitt ein feindliches Artilleriefeuer ein, das immer mehr den Charakter einer Feuervorbereitung annahm. Nach anhaltender Beschießung ging der Gegner gegen 10 Uhr morgens gegen den Abschnitt der 6. Komp. frontal und flankierend zum Angriff vor. Es gelang, den im heftigen Gewehr– und Handgranaten–Abwehrfeuer stockenden Angriff unter starken feindlichen Verlusten kurz vor den eigenen Linien zum Zusammenbruch zu führen. Feindliche Sturmkolonnen, die sich am nordwestlichen Hang von 913 sammelten, wurden durch gut liegendes Artilleriefeuer gegen den Nordhang zerstreut und ihrer Offensivkraft beraubt, während kleinere feindliche Abteilungen, die sich in dem unübersichtlichen Waldgelände unseren Stellungen näherten, durch Handgranatenfeuer abgewehrt wurden. Mehrmalige Versuche des Gegners, durch Umgehung von Westen her die Stellung des Batls. aufzurollen, scheiterte unter außerordentlich blutigen Verlusten für ihn. Nach Abflauen der Kämpfe zählten ins Vorgelände geschickte Patrouillen über 100 tote Russen.

Die körperlichen Strapazen waren auch, abgesehen von Kampfhandlungen, sehr groß, da bei dem hohen Schnee und sehr starken Frost die Kompanien in Zelten oder ganz notdürftigen Hütten im Freien lagen und der Nachschub an Verpflegung und Munition außerordentliche Schwierigkeiten bat, die sich so mehrten, dass am 14. 1. Befehl von oben kam,  jedes Vorgehen  einzustellen und mit aller Kraft die Stellungen auszubauen, eine schwere Aufgabe bei dem Mangel an Geräten für den Stellungsbau, besonders bei dem vereisten und felsigen Boden der Höhen. Hinzu kam, dass auch die feindliche Artillerie sich langsam auf die Stellungen eingeschossen hatte und oft wenige willkommene Grüße herüber sandte. Doch war es in dieser Zeit möglich, nacheinander alle Kompanien sich einige Tage in dem herrlichen Badeort Beile Slanic erholen zu lassen, ein Umstand, der wohl nie so freudig wie damals von den Truppen begrüßt wurde, zumal Gelegenheit zum Baden war und die arg mitgenommene Ausrüstung und Bekleidung weitgehend erneuert wurde. An jenen Tagen erreichte uns auch die Nachricht von der Anordnung des verschärften U–Bootkrieges und von dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen Amerikas zu Deutschland.


 
Badeort Baile Slanic
Häuser von: 1: Regts.-Oberstab, 2: Regts.-Unterstab, 3: Brigade-Unterstab, 4: V.O. I/187

 
Das I. Bataillon am Bolohan

Baile Slanic, das Modebad der vornehmen Rumänen, hatte eine Wintersaison. Einst im frieden suchte hier die elegante Welt Kühlung, wenn die brütende Hitze auf den Moldauniederungen lag. Für Winterkuren war Baile Slanic nicht eingerichtet. Doch nun war im Kurhaus das Krankenrevier, im Kasino die Schreibstube und in den Villen und Tanzhäusern lagen die Feldgrauen der 187. Inf. Div. Freilich, Sommervillen und Karpathenwinter vertragen sich schlecht. War’s ein Wunder, dass eines Nachts ein Landhaus in Flammen aufging? Unsere frierenden Kameraden hatten sich, da nirgends ein Ofen aufzutreiben war, ein Lagerfeuer mitten in der Stube gemacht. Aber so war der Krieg. –  –  Viel hatten die Russen nicht heil gelassen. Aber Theater und Spielsäle des Kasinos zeugten von vergangener Pracht.

Inzwischen hatte die Kampftätigkeit in der ersten Woche des neuen Jahres nicht nachgelassen. Das Slanic–Tal wurde von Südosten beherrscht durch eine Kuppe, den Vrf. Bolohan, im Soldatenmund wegen der dort nie ruhenden Feuertätigkeit bald „Bullerjahn“ genannt. Um den Besitz dieser Höhe wogte seit Tagen ein erbitterter Kampf hin und her. Am 4. Januar war der Angriff des I. R. 189 nicht gelungen. Nun lagen sich Deutsche und Russen dicht gegenüber. Die Entscheidung stand bevor. Die deutsche Angriffstruppe unter dem Befehl des Oberstleutnant Beyer, Kommandeur I. R. 189, nunmehr verstärkt auf drei Bataillone I. R. 189, zwei Bataillone I.R. 188 und ein Batl. Res. 328, erhielten am 4. und 5. Januar nach das I. Batl 187 als rechte Flankensicherung zur Auffüllung einer Frontlücke, die zwischen der 187. I.D. und der 71 Inf. Truppen Div. klaffte. Die 187er wurden somit an dem nunmehr erneut festgesetzten Angriff beteiligt. Dieser erfolgte am 10. Januar, heißersehnt von der Truppe, die sich durch das Warten in den nassen, kalten Waldschluchten des Bolohan ohne Unterkunft, bei dauerndem Schnee– und Regenwetter, bei starkem, feindlichem Artilleriefeuer und aufreibenden Patrouillendienst zermürbt fühlte. Mehrstündiges Trommelfeuer auf die wohlausgebauten russischen Stellungen leiteten den Kampf ein. Um 11,45 Uhr traten die Sturmkolonnen an, das I./187 am rechten Flügel der Division mit dem Auftrag, den Angriff und Vormarsch nach dem Ungureana in der rechten Flanke zu decken. In erster Linie griffen 1./187, Leutnant Witte, am rechten Flügel, am linken Flügel die 3./187, Leutnant Archilles, an, dahinter als Reserve die 2./187. Die 4./187, die erst am 10. Januar auf den Bolohan rückte und sich bis dahin im Slanic–Tal mit feindlichen Jagdkommandos herum geschlagen hatte, war dem I.R. 189 direkt als Regimentsreserve unterstellt. Die russischen Stellung vor dem I./187 lag im dichten Urwald und hatte vor sich eine mit Stacheldraht ausgefüllte tiefe Schlucht. Sie erstreckte sich am Westhang des Bolohan und war deshalb wenig von unserer Artillerie beschossen worden. Eine genaue Beobachtung zwischen den Riesenbäumen war unmöglich. Noch kurz vor dem Angriffsbeginn hatte eine Granate österr.–ungar. Artillerie 1 Offizier und 18 Mann der 3. Komp. I.R. 187 außer Gefecht gesetzt. Trotzdem hörte man Punkt 11,45 Uhr, als das eigene Artilleriefeuer sich vorwälzte, unerschüttert das Angriffs– Hurra der beiden Kompanien. unaufhaltsam ging es über die feindlichen Drahtverhaue und Gräben, durch Schluchten und über zerschossene Bäume vorwärts. Über 100 Gefangene, alles stramme, tapfere Kerle von einer sibirischen Schützendivision und mehrere M.G. waren schnell erbeutet. Ein feindlicher Gegenangriff am rechten Flügel wurde abgeschlagen. Der Vormarsch begann. Gegen Abend stand das Batl. am Fuß einer starken russischen Stellung, die die Rumänen offenbar schon im Frieden ausgebaut hatten. Auf dem Gebirgskamm, den die 189er zum Vormarsch benutzten, leistete der Feind unter Ausnutzung dieser Befestigungen besonders hartnäckigen Widerstand, so dass der Angriff hier stockte. Die eigene Artillerie schoß nicht mehr, weil ihr die Lage des Feindes unbekannt war. Da gab der Kommandeur des I.R. 189 dem I:/187 den Befehl, von Westen her unter Aufgabe des rechten Flankenschutzes der Division die russischen Stellungen zu nehmen und den Weg zum Ungureana zu öffnen. Durch dichtes Gestrüpp und tiefen Schluchten drang das Batl. in die linke Flanke des Gegners. Nach Einbruch der Dunkelheit faßte die 1. und 3. Komp. I.R. 187 den Feind und ihn jagte mit lauten Hurra–Rufen das Slanic–Tal hinab. Schaurig hörte sich das Hurra und das Handgranatengetöse in den dunklen Wäldern an. Noch in derselben Nacht besetzten die 189er den Ungureana, während das I./187 zur Erfüllung seiner eigentlichen Aufgabe Front gen Westen nahm und an den Kammhängen zur Sicherung der rechten Flanke der Division in Stellung ging. Die 4./187 wurde dem I./187 wieder unterstellt. Schützenlöcher wurden im Schnee ausgeworfen, Zelte gebaut und Lagerfeuer, die malerisch den Wald beleuchteten, angezündet. Der Tag war ein besonderer Kampfestag für unsere Krieger von der Waterkant gewesen. Er hatte gezeigt, dass eine tatenfrohe Truppe auch ohne starke Artillerieunterstützung selbst einen zähen Feind schlagen kann und dass der deutsche Infanterist, gleichgültig, ob am Meer oder in den Bayrischen bergen geboren, in jedem Gelände zu kämpfen versteht.

Mit dem Feind, der sich langsam wider während der Nacht heranpirschte, wurde durch Patrouillen Fühlung aufgenommen. Bei einer Patrouille stieß der Hornist Weiher, 4./187, allein auf eine Gruppe Russen, von denen er zwei niederschoß, während die anderen das Hasenpanier ergriffen. Der 11. Januar verlief ohne Zwischenfälle. Am Abend wurde die Hälfte des Batls., die 1. und 4. Komp., wieder herausgezogen und nach Baile Slanic in Reserve gelegt. Das war jedoch zu voreilig. Am 12. unternahmen die Russen einen Gegenangriff, der zwar weniger die 187er als die anderen Regimenter traf, aber doch auch den Bataillonsstab I./187 in Mitleidenschaft zog, so dass dieser vorübergehend sogar seinen primitiven Unterschlupf in den sogenannten Russenhütten verteidigen mußte. Die Russen wurden wieder hinausgeworfen. Aber die kaum in Baile Slanic eingetroffenen 1. und 4. Komp. durften den vierstündigen Marsch zur Stellung zum dritten Mal machen. Bei stockdunkler Nacht bergan und über das Kampffeld am Bolohan – es war kein Vergnügen, umsoweniger, als in der Nacht plötzlich Tauwetter eintrat mit wolkenbruchartigem Regen, der die beiden Kompanien bis auf die Haut durchnäßte. Am 13. rückte die 4. Komp. wieder in ihre Stellung, die 1. Komp. blieb als Regimentsreserve etwa weiter rückwärts. Inzwischen traf von der Division der Befehl ein, die erreichte Linie als Dauerstellung auszubauen.


 
Weg nach Hgh 
Ojtoz–Paß–Straße

 
Die blutigen Verluste des Bataillons waren in den Kämpfen um den Bolohan und Ungureana gering gewesen. Aber nun forderte das Wetter umsomehr Opfer. Die Nächte im Schnee bei einer Kälte von oft –20°, das Postenstehen in völlig durchnäßtem Zeug und Schuhwerk, der Mangel jeglicher Unterkunft, das alles konnte nicht spurlos vorübergehen. In unerschütterlicher Frische hatte bisher Hauptmann Biel trotz seiner vorgerückten Jahre das I. Bataillon durch alle Strapazen geführt. Das Vorbild des weißhaarigen Mannes mit dem nie versiegenden Humor hatte so oft die hier und da einmal erlahmende Kraft Jüngerer neu belebt. Jetzt zwangen ihn ernstliche Ruhranfälle, sich eine Zeitlang zu schonen. Die Führung des Bataillons übernahm am 14. Januar Oberleutnant Bentz vom Regimentsstab. Dem hochbegabten, tatkräftigen Offizier sollten jedoch nur wenige Stunden im neuen Amt vergönnt sein. Am Morgen des 15. Januar, 10 Uhr vormittags streckte ihn bei einer Erkundung, die er mit den Kompanie–Führeren vornahm, eine tückische Russenkugel, aus sicherem Versteck gezielt, zu Boden und endete das Leben des jungen, hoffungsvollen Führers. Das Bataillon übernahm an seiner Stelle Leutnant Neumann I.

Die Stellung der Gruppe Beyer lag nicht besonders günstig. Die beherrschenden Höhe Vdf. Ungureana (779) war im Besitz der Russen geblieben. Der Besitz dieses Punktes ermöglichte es dem Feind auch, eine Stellung auf einem kleinen Rücken, der sich südlich des Ungureana in die deutsche Linie hineinschob, zu halten und stark zu befestigen. Die Front der Gruppe Beyer und der rechts anschließenden 71. Hoved–Inf.Truppen–Division sprang hier also auf einer Breite von 1000 Metern etwa 500 Meter zurück.

Für den 17. Januar erhielt die Gruppe zur Verbesserung der Stellung einen Angriffsbefehl. Dieser Befehl soll hier nicht kritisiert werden, denn der angriff mißlang und war nach Ansicht der in der vordersten Linie befindlichen Führer von vornherein zum Scheitern verdammt. An Mut fehlte es den kampferprobten Truppen freilich nicht. Auf 7 Meter Gelände ein deutsches Gewehr, die völlige Unmöglichkeit, nach eigenem Zeugnis der Artilleriebeobachter, die feindliche Sackstellung mit Artillerie zu fassen , der Mangel an Minenwerfern und vor allem die Tatsache, dass die rechts anschließenden Ungarn auf ein Vorgehen zur festgesetzten Zeit gänzlich verzichteten, machte den Fehlschlag begreiflich. Tatsächlich ordnete die Division am 20. Januar an, dass von einem angriff beiderseits der Ojtoz–Straße Abstand zu nehmen sei. Der Ausbau der Stellung hatte nun Vorrang. 


 
Oberleutnant Bentz fiel 10 Tage nach seinen 23. Geburtstag

Komp.--Führer-Unterstand

 
Inzwischen setzte der Karpathenwinter noch einmal mit voller Stärke ein. Täglich schneite es und das Thermometer fiel oft unter –24°. Kein Wunder, dass auch jetzt noch die Strapazen für jeden Mann groß waren, abgesehen von der Belästigung durch die russische Artillerie bei der abflauenden Gefechtstätigkeit. Wach– und Patrouillendienst, Streifen und ununterbrochene Bautätigkeit, ewig durchnäßt und durchfroren, das gehörte zum Tagesprogramm. Erfrorene Zehe und Ruhranfälle mehrten sich. Die Gefechtsstärke des Batls. betrug am 19. Januar 400 Gewehre, sie sank bis zum 27. Januar auf 297 Gewehre. Und trotzdem wurde unablässig geschafft, so dass allmählich eine Verbesserung der Unterkünfte zu spüren war.

Die Stellung des Batls. wurde weniger in Gräben angelegt, sondern erhielt ihr für den Stellungskampf im Gebirge eigentümliches Gepräge durch die Anlage eines Systems von Blockhäusern, die zu 2/3 in die Erde eingelassen und splittersicher eingedeckt wurden. Zusammen mit Maschinengewehrnestern flankierten sie sich gegenseitig. In Schneehemden zogen Posten und Patrouillen auf vorgeschobene Punkte im Wald. Das Innere der Blockhausunterstände wurde noch wohnlicher, als die praktischen, zusammenlegbaren Feldöfen der Ungarn ausreichend zur Verfügung standen. Auch des mühseligen Nachschubes von Munition, Material und der Lebensmittel muß hier gedacht werden. Wie oft wurde die Ausdauer und Genügsamkeit der Panjepferdchen bewundert wie sie das Essen in Wärmebehältern die steilen Saumpfade heraufbrachten. Die Tragtierführer erledigten ihre verantwortungsvolle Aufgabe mit Geschick. hing doch vom rechtzeitigen Eintreffender Verpflegung die eigentliche Ausdauer und gute Stimmung der Fronttruppe ab.

Der Bataillonsstab hatte wegen ständigen Beschusses die Russenhütte räumen müssen und bezog eine Bretterhütte in einer Seitenschlucht. Hier übernahm Rittmeister von Jouanne die Führung des Bataillons. Nachdem man sich etwas eingewöhnt hatte, sah man etwas ruhiger auf den Rest des Winters, als plötzlich der Ablösungsbefehl eintraf. Am 6. Februar wurde das Bataillon durch das Batl. Honved I.R. 313 ersetzt. In dunkler Nacht bei dichtem Schneetreiben gings zum Ojtoz–Tal hinab, oft mehr fallend als gehend und dann in anstrengendem Marsch durch tiefen Schnee auf der Ojtoz–Straße rückwärts. Noch eine Nacht in luftigen Baracken in Ojtoz führte ein letzter Marsch durch die Berge aus der unwirtlichen Gegend. Keiner trauerte ihr nach, wenn man auch nicht wußte, was die Zukunft bringen wird.


 
 
Ende der Kämpfe und Transport in den Westen

Da Anfang Februar die Offensive auf der ganzen Front eingestellt war, konnten und mußten Divisionen heraus gezogen werden. So traf denn auch für uns das Honved I. R. 315 zur Ablösung ein. Vom 8. bis zum 10. Februar wurde die Ablösung reibungslos durchgeführt. In mehreren Tagesmärschen rückten die Bataillone über Ojtoz, Ozdola bzw. Lemheny nach Kovaszna.

Die Ablösung war auch wegen der vielen Verluste erforderlich. So verlor das Regiment während der Vogesenkämpfe in der Zeit von Anfang Juli 1915 bis zur Verlegung nach Rumänien Ende August 1916 in den 14 Monaten 6 Offiziere. Bei den Kämpfen in den Gebirgen von Rumänien vom September 1916 bis Anfang Februar 1917, also in nur 5 Monaten, haben 16 Offiziere ihr Leben lassen müssen. Entsprechend waren auch die Opfer bei den Unteroffizieren und Mannschaften.

Am 20. bis 22. 2. erfolgte die Verladung des Regimentsstabes zusammen mit den drei M.G. Kompanien, sowie I. Batl. in Botfalu, II. und III. Batl. in Kovaszna. Die Transporte gingen über Szegesvar, Arad, Budapest, Oderberg zunächst nach Oppeln. Hier fand eine gründliche Desinfektion statt. Danach ging es über Görlitz, Dresden, Chemnitz, Zwickau, Nürnberg, Heilbronn nach Oberhofen. Da die Division unter Flecktyphusverdacht stand, wurde hier nochmals eine Desinfektion vorgenommen. Nach einem kurzen Aufenthalt ging es dann weiter nach Finstingen.


 
Den dritten Teil dieser Regimentsgeschichte mit dem Titel
"Das InfReg 187 in Lothringen und bei Reims 1917"
können Sie auf den Seiten von Alexander Kallis lesen.
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