Landsturmmann Ludwig Weimer II.

* 27.9.1882
+ 17.8.1915

gefallen in der 8.Kompagnie des
Reserve-Infanterie-Regiments Nr.40
bei der Erstürmung der Festung Kowno 
durch Kopfschuß


 
Im April 1915 rückte Ludwig Weimer als ungedienter Landsturmmann zum Ersatzbataillon des in Neubreisach stationierten Infanterie-Regiments Nr.172 ein. Aus Bühl in Baden, wo wir den zweifachen Familienvater dann im Rekruten-Depot wiederfinden, sendet er schon bald eine Karte an seine Frau nach Naunheim:

 
Auf dem linken Bild ist stehend der 4. von links Ludwig Weimer. Der Text der Karte an seine Frau lautet:
"Liebe Frau! Hier kannst Du Dir einmal unsere Korporalschaft ansehen. Hier siehst Du mich
das erste Mal als Rekrut. Sonst geht es mir noch gut, welches ich auch von Euch allen hoffe.
Viele Grüße von Deinem lieben Gatten und Eurem lieben Vater Ludwig. (links quer:) Auf Wiedersehen!"

 
Im Sommer, nachdem er seine Ausbildung beendet hatte, wurde er schließlich zu seiner zukünftigen Stammeinheit versetzt, dem Reserve-Infanterie-Regiment Nr.40.

Dieses Regiment, in dem Ludwig Weimer nun stand, hatte im Jahre 1915 schon schwerste Kämpfe hinter sich bringen müßen. Mehrere Wochen war es in der Frühjahrsschlacht bei La Bassee und Arras in den Kämpfen um die Loretto-Höhe eingesetzt gewesen. Nach einer kurzen Ruhezeit kam es an die Aisne-Front, ostwärts von Reims. Auch hier fand es keine Ruhe. Dann endlich, in den letzten Julitagen, zog die Führung die 115.Infanterie-Division, zu der das Regiment gehörte, aus der vordersten Linie heraus und sie wurde nun Reserve der Obersten Heeresleitung.

Bei Sedan und Charleville hatten die Truppen Zeit gefunden, ihre Kampfkraft wieder herzustellen. Am 8.August traf jedoch plötzlich und unerwartet ein Alarmbefehl ein. Was war geschehen?
Über 1000 km weit weg - im Osten - war seit Sommer eine große deutsche Offensive im Gange. Mehrere deutsche Armeen trieben die Russen vor sich her, die sich jedoch geschickt immer wieder bei ihrem Rückzug zur Verteidigung einrichteten. Oftmals geschah dies in Anlehnung an eine ihrer vielen Festungen. Auch bei der 10.Armee des Generalobersten v.Eichhorn war diese Situation eingetreten. Seinem Vormarsch lag drohend die Njemen-Festung Kowno im Wege.


 
Der Vormarsch der 10.Armee im Sommer 1915 auf Kowno

 
So entschied die Oberste Heeresleitung, eine ihrer Reservetruppen, nämlich die 115.Infanterie-Division, als Verstärkung für den Angriff auf Kowno nach dem Osten zu transportieren. Damit war die Ruhezeit für die Männer zu Ende.

Noch am 8.August beginnt das Verladen der Regimenter in Poix-Terron, und in der Nacht zum 9. fängt auch für die Reserve-40er die lange Bahnfahrt, quer durch Deutschland, an, von der West- an die Ostfront. Und da passiert das Unglaubliche:
Über Trier dampfen die Züge die Mosel herauf, überqueren bei Koblenz den Rhein, und als es Morgen geworden ist, fährt Ludwig Weimer das Lahntal hinauf, und sieht so kurz hinter Wetzlar noch einmal sein Heimatdorf Naunheim in der Ferne. Aber schon sind die Züge in Gießen und biegen hier in Richtung Marburg ab. Weiter geht es über Nordhausen in Richtung Berlin. Wieder wird es Nacht, es geht weiter in Richtung Ostpreußen. Insterburg wird passiert, und bei Wirballen fährt die Truppe über die alte russisch-deutsche Landesgrenze. Schließlich kommt man in Pilwischki an - Endstation! Noch ein Marsch über 1 1/2 Stunden - durch Matsch und Pfützen, Dreck und Morast - dann endlich ist man im Quartier. Dieser kurze Weg hat gereicht, um jedem Landsturmmann klar zu machen: Bei diesen Wegeverhältnissen ist man - in Rußland.

Nach dem Beziehen der Unterkünfte wird verpflegt und die Ausrüstung instand gesetzt. Die "Betten aus Stroh" sorgen dafür, daß nach der langen Bahnfahrt jeder nochmals einige ruhige Stunden Schlaf bekommt. Es folgen Appelle und letzte Übungen. 


 
Blick auf Kowno, im Vordergrund der Njemen mit
der später von den Russen gesprengten Holzbrücke
Fort III, welches u.a. von dem Reserve-Infanterie-
Regiment Nr.40 erstürmt wurde, nach dem Angriff

 
Eine kurze Ruhezeit ist den Männern noch vergönnt. In dieser Zeit jedoch hämmern die deutschen Kanonen unaufhörlich auf die Sperrforts von Kowno, die noch vor dem Njemen liegen, ein. Schließlich beginnt am 15.August, es ist ein Sonntag, der Angriff der Infanterie. Doch von der 115.Infanterie-Division wird zuerst lediglich das Regiment Nr.136 eingesetzt. Es soll die Linie zwischen Fort III und II aufrollen. Als der Sturmangriff am Nachmittag losbricht, kommt er links und in der Mitte gut vorwärts. Nur rechts stößt man auf hartnäckigen Widerstand. Doch gegen Abend sind die ersten russischen Stellungen dann doch genommen. 

Am nächsten Tag wird der Angriff fortgesetzt. Wieder läuft nicht alles glatt. Die 136er bitten um Verstärkung, die Führung stellt ein zusätzliches Bataillon bereitgestellt. Es ist das II. des Reserve-Infanterie-Regiments 40, in dessen 8.Kompagnie auch Ludwig Weimer kämpft. Mit "Hurra" stürmen die Reserve-40er vor und reißen die im russischen Abwehrfeuer liegengebliebenen Kameraden mit. Als um 5 Uhr nachmittags Fort III gefallen ist, stehen 40er und 136er als Sieger auf seinen Wällen.

Doch noch ist Kowno nicht vollständig in deutscher Hand. Teile der Division setzten am 17. zum Übergang über den Njemen an. Das Reserve-Infanterie-Regiment 40 bekommt den Befehl, die Jeßja, einen kleinen Nebenfluß, zu überschreiten, um die Forts IV und V anzugreifen und so die Flanke zu schützen. Am frühen Nachmittag beginnt das Vorhaben. Doch die Russen verteidigen hartnäckig den Flußübergang. Es treten immer stärkere Verluste ein, und auch Ludwig Weimer fällt durch Kopfschuß. Den letzten siegreichen Ansturm seines 40er-Regiments erlebt er nicht mehr. Und als am nächsten Tag Stadt und Festung vollständig erobert sind, da deckt ihn bereits der grüne Rasen.

Ludwig Weimer II. wurde damals auf einem der Soldatenfriedhöfe, die um Kowno herum angelegt wurden, von seinen Kameraden beigesetzt. Was aus diesen Ruhestätten geworden ist, konnte nicht mehr geklärt werden. Es ist möglich, das einige von ihnen noch heute existieren.


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