Reservist Ludwig Wagner

* 8.12.1891
+ 3.5.1915

gefallen in der 3.Kompagnie des
1.Ober-Elsäßischen 
Infanterie-Regiments Nr. 167
während des Feldzugs 1915 in Rußland
bei Jezierzec


 
Ludwig Wagner leistete seinen Wehrdienst 1911-1913 in dem kleinen Städtchen Dieuze in Lothringen ab. Seine "militärische Heimat" war die 3.Kompagnie des InfReg 138. Hier erlebte er bedeutende Ereignisse, denn im Jahre 1912 errang die 3.Kompagnie den so heiß begehrten Kaiserpreis im Schießen innerhalb des XV.Armeekorps. Aber das war wohl kein Wunder, denn er war nicht der einzige Naunheimer "Scharfschütze" in dieser Truppe. Mit Johann Karl Neeb (+ 25.9.14) und Ludwig Bill II. (+ 24.8.15) hatte er zwei Kameraden aus seinem Dorfe bei sich, und mit Recht zeigt er stolz auf dem folgenden Bild das so begehrte Abzeichen auf seinem Ärmel:

 
Ludwig Wagner mit seiner Frau Katharine
geb. Wagner und Tochter Emma

 
Noch in Friedenszeiten kehrte er im Oktober 1913 nach Naunheim zurück. Aber diese Epoche währte nicht lange. Als am 2. August 1914 der Krieg ausbricht, da rückt auch Ludwig Wagner sofort als Reservist in die 3.Kompagnie des Infanterie - Regiments Nr.167 nach Kassel ein. Hier findet er überraschend so manchen alten Kameraden aus seinem Dorf wieder: Ludwig Schäfer (+ 12.10.14), Heinrich Bernhardt (+ 15.10.14), Ludwig Bill XIII. (+ 30.06.16), Heinrich Ludwig Wagner (+ 31.10.14), Friedrich Karl Jenes (+ 5.3.15) und Ludwig Bill II. (+ 24.8.15), um nur einige zu nennen.

Über diese Tage schreibt die Regimentsgeschichte: 

"Die Mobilmachung verlief beim Regiment reibungslos. In ausgezeichneter Stimmung treffen Reservisten und Wehrleute, welche die Kompagnien auf Kriegsstärke bringen sollen, ein." 

Am 8.August schließlich verlassen die Transportzüge Kassel in Richtung Westen. Über Marburg - Gießen - Wetzlar - Troisdorf - Köln - Euskirchen - Gerolstein geht die Fahrt zunächst nach Bleialf in der Eifel. Als die Züge in Köln den Rhein überqueren, stimmte man überall begeistert die "Wacht am Rhein" an. Schließlich wird am 13.August der Vormarsch nach Belgien hinein angetreten. Nach einigen Scharmützeln mit belgischen Freischärlern kommt auf einmal der Befehl, auf Namur abzudrehen.

Über diese Festung schreibt das Reichsarchiv: 

"Ebenso wie Lüttich war auch Namur zu einer neuzeitlichen Gürtelfestung ausgebaut, deren Forts durch Ausbau und Kampfstärke eine hohe Widerstandskraft besaßen." 

Am 22.August begann das Feuer der deutschen schweren Artillerie. Die 167er im Rahmen ihrer 22.Division lagen südlich der Maas, die Hauptkräfte der Angriffsgruppe nördlich.


 
Die Zitadelle von Namur

 
Einen Tag später begann das Vorrücken der Infanterie. Zwei Forts der Belgier ergaben sich kurz darauf am Nordflügel, bald erreichten die Truppen die ersten Zwischenstellungen, und am Abend hatten einige Regimenter sogar schon den Stadtrand besetzt. So waren auch die Regimenter der 22.Division vorgestürmt und hatten noch in später Stunde das Fort Maizeret genommen. Schließlich stand alles am 24. morgens zum Sturm bereit. Wieder lag der Schwerpunkt im Norden, und ein Fort nach dem anderen streckte die Waffen. Einige wenige hielten sich noch bis zum nächsten Tag, doch endlich war am 25.August ganz Namur von deutschen Truppen besetzt - fast 7000 Belgier und Franzosen  waren gefangen genommen worden. So war es auch den Hessen, vergönnt, siegreich in die Stadt und Festung Namur einzurücken. 

Doch damit war die Zeit an der Westfront schon fast vorbei. Am 1.September bereits wurde verladen, und der Bahntransport an die Ostfront begann. Über Köln - Wetzlar - Gießen - Kassel - Berlin - Schneidemühle - Bromberg und Thorn ging die Fahrt nach Biesellen. Hier wurde am 4. früh morgens bei schauderhaftem Wetter ausgeladen und nach kurzem Marsch Ortsunterkunft bezogen. 

Kaum angekommen, machen die Männer die Schlacht an den Masurischen Seen mit, anschließend die beiden Feldzüge in Süd- und Nordpolen. Schwere Gefechte und immer wieder lange Märsche auf schlechten Wegen wechselten sich ab. Gegen Ende des Jahres ist die Truppe erschöpft. Auch das schlechte Wetter und vor allem die Kälte machen es notwendig, zeitlich befristet eine feste Winterstellung zu beziehen. Sehr schlimm waren vor allem die Quartiere, die im Spätherbst bezogen wurden! Die Regimentsgeschichte schreibt immer wieder von "Ungeziefer" und "fürchterlichen Zuständen". Weiter heißt es: 

"Das mitgeführte Insektenpulver tut seine Schuldigkeit. Wie schön dünkten jedem die Zustände daheim."

Auch das Soldatenschicksal hat die Naunheimer nicht verschont: schon am 12.Oktober fällt der Tambour der 3.Kompagnie, Ludwig Schäfer, drei Tage später Heinrich Bernhardt, und am 31.Oktober stirbt Heinrich Ludwig Wagner in einem Lazarett in Czenstochau infolge Krankheit, die Strapazen waren für ihn zu viel geworden.
Auch an Ludwig Wagner sind die schweren Kämpfe nicht spurlos vorübergegangen, er wird im November bei der Schlacht um Lodz verwundet. Allerdings hat er Glück, und die Wunde ist nicht gefährlich. Nach ein paar Tagen Aufenthalt in einem Feldlazarett kehrt er zu seiner Truppe zurück.


 
Das Infanterie-Regiment 167 beim Vormarsch im Osten

 
Zu Beginn des Jahres 1915 richtet sich das Regiment an dem Fluß Rawka in einer Dauerstellung ein. Endlich bekommen die Männer etwa 2 Monate Ruhe. Ein Bataillon liegt in Stellung, eines in Bereitschaft, das dritte in Ortsunterkunft in Rawa in Reserve. Hier kann endlich die Bekleidung und Ausrüstung wieder instand gesetzt werden, man kann sich ausschlafen und wird nicht schon morgens mit feindlichem Artilleriefeuer geweckt. Langsam kehren die Kräfte zurück!

Am 2.März werden das I. und II.Bataillon aus der Stellung herausgezogen. Sie werden zu einer besonderen Angriffsgruppe in Marsch gesetzt, die den Auftrag hat, den nördlich der Pilica stehenden Feind zu durchbrechen und so anderen Truppen das Überschreiten der Rawka für einen größeren Vorstoß möglich zu machen.

Am 4.März ist die Ausgangstellung erreicht, und am nächsten Morgen soll der Angriff gegen die feindliche Stellung bei Jezierzec beginnen. Um 6.15 Uhr morgens am 5. beginnt die Artillerie mit dem Vorbereitungsschießen, um 9.45 brechen dann die Bataillone vor. Auch die 3.Kompagnie ist in vorderster Linie eingesetzt. Doch schon nach 70 Metern schlägt der vorstürmenden Infanterie heftiges Abwehrfeuer entgegen. Es treten erste schwere Verluste ein. Trotzdem gelingt es einem Teil der Männer, in den Graben der Russen zu gelangen. Lange wogt der Kampf hin und her, und erst als im Laufe des Tages deutsche Reserven in den Kampf eingreifen, wird der Gegner geschlagen. Um 5 Uhr nachmittags ist die gesamte feindliche Stellung in der Hand der Deutschen.


 
Die Todesanzeige des Reservisten Ludwig Wagner 
im "Wetzlarer Anzeiger" vom 22.Mai 1915 

 
Schon bei dem ersten Sturm am Morgen fällt Ludwig Wagner, und auch Friedrich Karl Jenes wird - nur wenige Meter von ihm entfernt - tödlich getroffen. Die Männer werden noch am Abend des gleichen Tages auf dem Schlachtfeld beigesetzt - die noch lebenden Naunheimer Kameraden der 3.Kompagnie (Ludwig Bill II. und Ludwig Bill XIII.) werden Ihnen mit Sicherheit die letzten militärischen Ehren erwiesen haben.
Ludwig Wagner ist schon der zweite Weltkriegstote, den seine Familie beklagen muß, denn seit dem 26.September 1914 wird schon sein Bruder Karl vermißt!

Einen Nachweis über den Verbleib der Grabstätten ist nicht bekannt. Sie können noch heute dort vorhanden sein.


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