Jäger Jakob Neeb

* 23.1.1896 
v. 23.6.1916

vermißt bei Verdun 
nach dem Sturm des Alpenkorps auf Fleury 
in der 1.Kompagnie des
Reserve-Jäger-Bataillons Nr.14


 
Gegen Ende des Jahres 1915 rückt auch Jakob Neeb zu den Fahnen. Schon bald verkündet eine Postkarten, daß er in Mannheim bei dem Ersatzbataillon des Reserve-Jäger-Bataillons Nr.14 ausgebildet wird. Hier verbringt er auch den Jahreswechsel, wie eine weitere Karte berichtet.
Schon bald wird er erfahren haben, daß er zu einem Bataillon einberufen worden war, das in Deutschland zu den besten gehörte und am Kragen die Gardelitzen trug. Unterstellt war die ursprünglich von dem aktiven mecklenburgischen Jäger-Batillon Nr.14 aufgestellte Reserveeinheit dem berühmten Alpenkorps, einer Eliteeinheit, die aus überwiegend bayerischen oder ausgesuchten preußischen Regimentern und Bataillonen bestand. Diese Truppe war speziell für den Gebirgskrieg, aber auch für den Kampf an besonders schwierigen Frontabschnitten ausgebildet und ausgerüstet. Ihr Kommandeur war der überall bekannte und hoch geachtete bayerische Generalleutnant Krafft von Dellmensingen.
Im März 1916 neigte sich die Ausbildungszeit dem Ende. Überall tauchte die Frage auf: "Wo geht es hin?". Noch lag das Alpenkorps in Mazedonien, und so dachten viele, man würde an die Ostfront fahren. Aber es sollte ganz anders kommen...

 
Jakob Neeb (links) mit seinen Geschwistern und
seiner Mutter vor dem Elternhaus in der
Waldgirmeser Straße in Naunheim (ca. 1912)

 
Ende März 1916 wird das Alpenkorps nach Abschluß der Kämpfe an der Mazedonischen Grenze nach dem Westen befördert. Zuerst wird es in einer relativ ruhigen Stellung in der Champagne eingesetzt. Hier erhalten die Truppen auch Ersatz, und auch Jakob Neeb trifft bei seinem Reserve-Jäger-Bataillon Nr.14 ein. Nur kurz ist die Zeit, um sich hier einzuleben. Schon am 2.Mai wird das Alpenkorps aus der vordersten Linie herausgezogen. Den ganzen Monat über bleibt es dann Reserve der deutschen Obersten Heeresleitung. In Ruhe wird nochmals ausgebildet, alte und junge Soldaten werden "zusammengeschweißt". Dies ist besonders wichtig, da die Führung des deutschen Heeres seine besten Truppen vor eine große Aufgabe stellen wird.

Seit dem 21.Februar 1916 tobt die gewaltige Schlacht vor Verdun. Große Erfolge sind zuerst erzielt worden, dann aber hat sich der Angriff festgefahren. Nun soll das Alpenkorps dort eingesetzt werden, um die Operation wieder in Gang zu bringen.  Anfang Juni treffen die Truppen ein. Erste schwere Kämpfe finden am 8. westlich des Fort Vaux statt. Am 12. wird dann die Thiaumont-Ferme, ein kleines, aber stark ausgebautes Gehöft, erstürmt. Ab dem 15. kämpft das Alpenkorps bereits in der Nähe des Dorfes Fleury, daß zu einem Eckpfeiler der französischen Abwehr geworden ist. In dieser kurzen Zeit hat Jakob Neeb mit Sicherheit schon alle Grauen des Krieges erlebt.

Doch wieder scheint es so zu sein, als ob der Angriff nicht weiter vorwärts getragen kann. Zäh verteidigen die Franzosen jeden Meter Boden. Auf beiden Seiten steigen die Verluste in schwindelerregende Höhen. So entschließt sich die deutsche Führung, für den 23.Juni nochmals einen großen Angriff durchzuführen. Im Zentrum soll das Alpenkorps endlich den langersehnten Erfolg erkämpfen und Fleury einnehmen. Schwere Artillerie und Minenwerfer bereiten schon in der Nacht mit heftigem Feuer den Sturmangriff vor.


 
Jäger Jakob Neeb 
feldmarschmäßig mit Gebirgsstock 
und Wickelgamaschen sowie 
den dazugehörigen Gebirgsschuhen

 
Der 23.Juni 1916 war ein wundervoller, allerdings bald recht heißer und schwüler Hochsopmmertag. Knallrot leuchtend ist die Sonne emporgestiegen. Die völlige Windstille verhinderte ein Abfließen des von der deutschen Artillerie zur Vorbereitung des Angriffs verschossenen Gases, es hielt sich zäh in den Tälern und Schluchten. Langsam tickt die Uhr - für 08.00 Uhr vormittags ist der allgemeine Angriff angesetzt. Die Jägertruppen, die am linken Flügel des Alpenkorps angesetzt sind, sowie die an sie anschließende 103.Infanterie-Division sollen aber schon zwei Stunden früher antreten. Ihnen fällt eine besondere Aufgabe zu: Der Schutz der linken Flanke für den Hauptangriff des Alpenkorps auf Fleury. Hierzu ist der 103.InfDiv der Chapitrewald als Ziel zugewiesen worden, den Jägern der am Waldrand gelegene Punkt 502, ein mit MG stark besetzter und befestigter französischer Unterstand.

Schon das Vorgehen in die Sturmausgangsstellung brachte starke Verluste, vor allem bei den um den Chapitrewald kämpfenden Thüringern. Um 08.30, nachdem der Hauptsturm begonenn hatte, gelangten die 14er Reservejäger endlich vor die berüchtigten Unterstände von Punkt 502. Doch das starke Abwehrfeuer läßt ein weiteres Vorgehen nicht zu. Auch kommen die Thüringer nicht im Chapitrewald vor. Das Abhängen auf dem linken Flügel droht den ganzen Angriff schon im Keim zu ersticken. Das Zentrum des Alpenkorps war allerdings zu diesem Zeitpunkt in raschem Vorgehen, der rechte Flügel jedoch wurde ebenfalls aufgehalten. So entstand die Situation , daß der Frontverlauf sich mehr und mehr in der Mitte "ausbeulte". Sollten sich die Flügeltruppen nicht nach vorne lösen können, dann war an ein weiteres Vorgehen nicht mehr zu denken.

Nun greifen Teile des bayerischen Leib-Infanterie-Regiments unter ihrem Kommandeur Major Prinz Heinrich von Bayern in den Kampf auf dem linken Flügel ein. Seine schweren Mörsergranaten zermürben die französischen Verteidiger. Hauptmann Graf von Bothmer, der Chef der 3.Kompagnie, gibt jeder ablaufenden Welle der Bayern ein "Gott mit Euch" auf den Weg, dann folgt er seinen Männern - und sinkt schon nach 50 Metern schwer getroffen zu Boden. Dennoch, das schneidige Vorgehen der bayerischen Alpler reißt nun alles mit sich, der Angriffsschwung pflanzt sich nach links fort. Zuerst sind es die Goslarer Jäger (aktives und Reserve-Jäger-Bataillon Nr.10), die sich anschließen. Und nun, es ist etwa 11.00 Uhr vormittags, greifen auch die 14er Reservejäger nochmal die Unterstände um Punkt 502 an. Unter dem Einsatz des letzten Mannes werden die Gräben endlich erstürmt, 200 Franzosen werden gefangen und vier MG unversehrt erobert. Nun sind die Jäger nicht mehr zu halten. Unter schweren Verlusten kämpfen sie sich weiter vor, parallel zum Waldrand in Richtung auf den kleinen Bahnhof von Fleury, der an der Südostspitze des Dorfes liegt. Immer wieder reißen die letzten noch unverwundeten Offiziere die Männer mit sich. Schlimm wirkt sich für diese aber das Flankenfeuer von links aus dem Chapitrewald aus, dort hängen die Thüringischen Regimenter immer noch ab. 


 
Der Angriff des Reserve-Jäger-Bataillons Nr.14 am 
23.Juni 1916 parallel zum Rande des Chapitrewaldes
in Richtung auf den Bahnhof von Fleury (Pfeile).
Seit dem Durchkämpfen des Raumes zwischen den
Punkten 502 und 845 wird der Jäger Jakob Neeb vermißt. 

 
Die Verluste der Jäger werden größer und größer, schon sind mehr als die Hälfte des Bataillons tot, verwundet oder vermißt. Doch der Angriff schreitet immer noch voran. Die mittleren Teile des Alpenkorps dringen nun in das schon stark zerstörte Fleury ein. In heftigem Kampf um Keller und Häusertrümmer wird das Dorf Schritt für Schritt vom Feind gesäubert. Auch der rechte Flügel kommt nun besser vorwärts.  Allerdings nimmt die Erschöpfung der Truppe nun zu, die Männer sind fast am Ende ihrer Kräfte. Vor allem Wasser fehlt überall, auch macht sich hier und da schon Munitionsmangel bemerkbar. So wird um ca 15.00 Uhr nachmittags die Einstellung des Angriffs befohlen, der Höhenrücken von Fleury ist jedoch unter allen Umständen zu halten.

Die 14er Reservejäger waren in ihrem Angriffsschwung bis kurz vor Punkt 845 vorgekommen, halbrechts von ihnen lag in etwas mehr als 100 Metern Entfernung der Bahnhof von Fleury. Die wenigen noch verbliebenen Männer gruben sich ein, die Vermischung der Truppe konnte nocht nicht bereinigt werden. Schwer lag dauernd das Flankenfeuer aus dem Chapitrewald auf ihnen, die Thüringer kämpften dort immer noch um das Fort Souville. Es war unmöglich, zu diesem Zeitpunkt schon die genauen Verluste festzustellen. Als sicher kann jedoch angenommen werden, daß Jakob Neeb seit dem Sturm auf Punkt 502 und dem anschließenden Vorstürmen bis Punkt 845 vermißt wird. Wahrscheinlich ist dies jedoch erst am 30.Juni festgestellt worden, nachdem man einen Überblick über die Verluste bekommen hat. Auch ein etwas unklarer Eintrag im Kirchenbuch von Naunheim deutet dies an.


 
Das völlig zerstörte Dorf Fleury im Jahre 1916

 
So ist der nur wenige 100 Meter lange Abschnitt am Ostrand des Chapitrewaldes unmittelbar vor Fleury das Grab von Jakob Neeb geworden, in dem er wohl heute noch unbekannt ruht. Das Dorf selbst wurde bei den Kämpfen so stark zerstört, daß es nie wieder aufgebaut wurde. Heute befindet sich dort eine von den Franzosen errichtete Gedenkstätte.

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