Gefreiter Ludwig Lamm

* 9.5.1892
+ 18.11.1917

gefallen in der 9.Kompagnie des
Infanterie-Leib-Regiment Großherzogin
(3.Großherzoglich Hessisches) Nr.117
bei Paschendaele
in der Schlacht in Flandern


 
Ludwig Lamm leistete seinen Wehrdienst etwa in den Jahren 1912 - 1914 ab. Er hatte damals das seltene Glück, fast "vor der Haustür" in Garnison zu liegen. Sein Regiment war in Gießen stationiert, nur wenige Kilometer von seinem Heimatort Naunheim entfernt. Heute kaum noch verständlich ist die Tatsache, das damals Gießen in Hessen, Naunheim jedoch schon in Preußen lag.

 
Ludwig Lamm (stehend ganz rechts) im Kameradenkreis
während seiner Dienstzeit in Gießen bei den 116ern
Die Kaserne des Infanterie-Regiments Nr.116 in Gießen
(heute stehen hier die Gebäude der Deutschen Telekom)

 
Bei seiner Einheit handelte es sich um eine alte und traditionsreiche Truppe, das Infanterie-Regiment Kaiser Wilhelm II. (2.Großherzoglich Hessisches) Nr.116. Der damalige Deutsche Kaiser war Chef des Regiments, eine Ehrenstellung, auf die die Soldaten sehr stolz waren. Daher trugen sie auch nicht die Nummer "116" auf der Schulterklappe, sondern das gekrönte "W II.", die offiziellen Initialen ihres hohen Herrn. Der Großherzog von Hessen als Landesherr hatte seinerzeit den Kaiser gebeten, diese Chefstelle zu übernehmen, und der hatte freudig geehrt zugesagt.

 
Schulterklappe der 116er (Gießen)
mit dem gekrönten Namenszug von 
Kaiser Wilhelm II.
Schulterklappe der 117er (Darmstadt)
mit dem gekrönten Namenszug von 
Großherzogin Alice von Hessen

 
Vermutlich im Sommer 1914, also nur wenige Wochen vor Kriegsausbruch, muß die Dienstzeit zu Ende gewesen sein. Denn als auch Ludwig Lamm zu den Fahnen gerufen wurde, kam er zu einem anderen - auch hessischen - Regiment. So rückte er wohl von Darmstadt aus in's Feld. Seine neue "militärische Heimat" war nun das Infanterie-Leib-Regiment Großherzogin (3.Großherzoglich Hessisches) Nr.117.  Diese Truppe trug getreu ihrem Namen ein gekröntes "A", das von dem Namen "Alice", einer verstorbenen hessischen Großherzogin herrührt. Diese - eine Tochter der englischen Königin Victoria - war die erste Chefin des Regiments, daher auch der Name "Leib-Regiment Großherzogin".

Mit den 117ern machte Ludwig Lamm, inzwischen zum Gefreiten befördert, nun den Krieg mit. 1914 war er bei dem großen Vormarsch durch Frankreich dabei und 1915 kämpfte er u.a. bei Roye, Damery und Chaulnes. Im ersten Halbjahr 1916 machte er die schweren Kämpfe um Verdun mit, um nach einer kurzen Ruhezeit mit seinem Regiment auch in der Somme-Schlacht eingesetzt zu werden. Im Jahre 1917 war er bei den Stellungskämpfen in der "Siegfriedfront" vor St.Quentin eingesetzt. Als in der zweiten Jahreshälfte die großen englischen Angriffe in Flandern begannen, wurden - nach einer Ruhezeit von 10 Tagen - auch die Hessen an diesen neuen Brennpunkt des Weltkriges gerufen.

In einer ersten großen Schlacht wird am 4. Oktober 1917 bei Cheluvelt ein englischer Großangriff erfolgreich abgeschlagen. Daraufhin kommt das Regiment wieder in Ruhe. Es wird, nahe der belgisch-holländischen Grenze, um den Ort St.Nikolas herum in Quartier gelegt. 
Dort findet auch eine große Parade vor dem Regimentskommandeur statt, von der ein Foto der 9.Kompagnie, in welcher Ludwig Lamm diente, erhalten ist.


 
Parade des III.Bataillons des Infanterie-Regiments Nr.117 vor seinem
Regimentskommandeur Oberst Klotz im Oktober 1917 in St.Nikolas.
An der Spitze (vorne links) der Batillonskommandeur Hauptmann v.Armin, 
es folgt die 9.Kompagnie, in der sich auch der Gefreite Lamm befindet.

 
Doch Anfang November ist diese schöne Zeit vorbei und das Regiment rückt wieder nach vorne. Die Regimentsgeschichte berichtet:

"Am 6.November begann die Ablösung. Die 25. (großherzoglich hessische) Division wurde der "Gruppe Ypern" unterstellt, deren Abschnitt sich von Paschdaele bis Becelaere erstreckte."

Die Truppe wurde zuerst Reserve der Obersten Heeresleitung und bezog in Meulebeke Ortsunterkunft, wo die Ausbildung nochmal intensiviert wurde. Ab dem 11.November wurde es jedoch ernst, die Regimenter rücken auf Befehl weiter vor.
Die Regimentsgeschichte berichtet:

"Das Regiment bezog als vorgeschobene "Eingreifstaffel Alice" nochmals Unterkunft, vor uns lag nur noch die 44.Reservedivision in Stellung. Eingehend waren die Vorbereitungen, Maßnahmen und Erkundungen für das Verhalten als Eingreifgruppe getroffen.....
Dann  kam der Befehl zur Ablösung der 44.Reservedivision. Diese erfolgte in der Nacht vom 14./15.November. Das I.Bataillon wurde Kampfbataillon am Nordausgang von Paschendaele, das II. Bereitschaft ostwärts Grenzhof und das III. (mit der 9.Kompagnie des Gefreiten Lamm) bildete zuerst die Reserve.
Die Kompagnien lagen in sumpfigen Granattrichtern ohne jeglichen Schutz gegen die Witterung. Von einer Stellung konnte nicht die Rede sein, und Unterstände gab es hier nur wenige."


 
Stellungen und Unterstände der 117er im Schlamm
von Flandern am Ortsrand von Paschendaele 
Paschendaele im Herbst 1917,
nur noch Trümmer .....

 
Am Vormittag des 15.Novembers steigerte der Gegner sein Artilleriefeuer zum Trommelfeuer auf die vordere Linie, aber auch die deutschen Geschütze schwiegen nicht. Nachmittags dann wurde es wieder etwas ruhiger.

Wegen der furchtbaren Geländebedingungen und dem permananten Granatfeuer auf den Stellungen ließ der Regimentskommandeur als zwei Tage ablösen. So kam in der Nacht vom 16./17. das I. Bataillon in Reserve und das II. wurde Kampfbataillon. Das III. rückte vor in den Bereitschaftsraum. Am Abend des 18.Novembers, so bereichtet die Regimentsgeschichte, lag schwerstes Feuer auf den Stellungen der 117er. In dieser Nacht soll nun das III. Bataillon das II. in der vordersten Linie ablösen. In den letzten Stunden dieses Tages rücken die Kompagnien vor, ungeachtet des weiter fortdauernden Artilleriefeuers des Feindes. Auch die 9.Kompagnie mit dem Gefreiten Lamm ist dabei. Nachdem die Stellung erreicht ist, wird festgestellt, daß schon erhebliche Verluste eingetreten sind. Freiwillige Kameraden suchen nach Verwundeten und Gefallenen. Unter den Letzteren finden sie auch den Gefreiten Lamm. Sein Leichnam kann geborgen werden und wird in einem der vielen Soldatenfriedhöfe der damaligen Zeit beigesetzt.


 
Der deutsche Soldatenfriedhof Menen in Flandern (Belgien),
die letzte Ruhestätte des Gefreiten Ludwig Lamm

 
Nach dem großen Kriege, in den 20er-Jahren, werden die vielen kleinen Friedhöfe aufgelöst, und die sterblichen Überreste der Soldaten in großen Friedhöfen neu bestattet. So ruht der Gefreite Ludwig Lamm noch heute auf dem Soldatenfriedhof in Menen (Belgien) Block C Grab 1094.

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