Musketier Wilhelm Kern

* 15.11.1892
+ 17.8.1915

gestorben in einem Feldlazarett
an seiner am 18.7.15 in der 2.Kompagnie des
2.Kurhessischen Infanterie-Regiment Nr.82
in der Durchbruchsschlacht bei Krasnystaw
erhaltenen Oberschenkelverwundung


 
Als im August 1914 der 1.Weltkrieg ausbrach, da konnte Wilhelm Kern vorerst noch weiter seinem Beruf als Frisör nachgehen. Entgegen seinem älteren Bruder, der sofort in das Landsturm-Bataillon 83 nach Göttingen einrückte, pendelte er weiter nach Wetzlar, wo sich in der Bahnhofsstraße seine Arbeitsstelle befand. Aber es dauerte nicht sehr lange, und dann bekam auch er seinen Gestellungsbefehl.

 
Die Arbeitsstelle von Wilhelm Kern im Jahre 1910:
das Frisörgeschäft (x) in der Bahnhofstraße in Wetzlar

 
Wohl im Herbst 1914 rückte Wilhelm Kern in Kassel in das 2.Kurhessische Infanterie-Regiment Nr.82 ein. Es war dasselbe Regiment, in dem am 6.August 1914 bei Lüttich der Naunheimer Karl Grumbach gefallen war, als erster aus den Dörfern der Umgebung von Wetzlar. 
Nun begann auch für ihn die militärische Ausbildung, die sich über die nächsten Wochen erstreckte. "Griffe kloppen", Marschieren und Schießen wurden jetzt für ihn der Alltag. Schließlich fand aber auch diese Plagerei ein Ende.

Gegen Ende des Jahres 1914 kam Wilhelm Kern dann mit einem Ersatztransport an die Front und wurde der 2.Kompagnie zugeteilt. Sein Regiment lag nach schweren Kämpfen in russisch Polen an der Rawka in Stellung. Hier hat er auch seine Feuertaufe erlebt, denn der Jahreswechsel verlief nicht sehr ruhig.

Die Regimentsgeschichte schreibt hierzu:

"Am Spätnachmittag des 30.Dezembers traf der Angriffsbefehl der Brigade ein. Um das vorgehen der linken Nachbarbrigade zu erleichtern, sollte unsere Truppe mit angreifen. Das Ziel war Konopnica."

Nach anfänglichem erfolgreichen Vorgehen kam der Angriff gegenüber dem starken feindlichen, aus Flanke und Front auf die Truppe einschlagenden Infanterie- und Artilleriefeuer, sehr bald zum Stehen, zumal wegen schwerer Offiziersverluste die untere Gefechtsleitung versagte. So kehrte auch das I.Bataillon am nächsten Tag in die Ortsunterkunft Rawa zurück, die Verluste waren schwer und besonders schmerzhaft. Aber trotz allem hatten die Männer auch Gefangene gemacht. Es waren wohl die ersten Russen, die Wilhelm Kern aus der Nähe gesehen hat!


 
Russische Gefangene in Rawa

 
In den nächsten Wochen wurde fleißig an den Stellungen gearbeitet. Die Kampfgräben wurden breiter und tiefer, Unterstände entstanden, Deckungs- und Laufgräben wurden gezogen, Minenwerfer wurden eingebaut.  Das Wetter wurde sehr wechselhaft. Frost und Schnee wurden von Tauwetter abgelöst, furchtbar sahen dann die Schlammgräben aus und schwer erträglich wurde der Aufenthalt in der Stellung, bis wieder Frost die Näße bannte. Trotzdem war der Gesundheitszustand bis auf einzelne Typhusfälle gut.

Anfang März wurde das Regiment zeitweilig auseinandergerissen, die Bataillone hatten verschiedene kleinere Gefechte zu bestehen. Schließlich wurde geschlossen ein neuer Abschnitt bei Stolniki übernommen, zwei Bataillone vorne, eines in Ruhe in Bartoczowka.

Hierzu schreibt die Regimentsgeschichte:

"Hier brachten bei sonnigem, warmen Frühlingswetter freundliche Unterkunft, Fußball- und andere Sportspiele sowie die fröhlichen Weisen der Regimentsmusik meist sehr bald die nach den Anstrengungen der Stellungsarbeit notwendige Erholung."

Der Russe verhielt sich äußerst ruhig, und so verlebte das Regiment hier eine friedliche, freundliche Zeit. Mitte Mai wurden diese schönen Tage jedoch durch den Ablösungsbefehl der Division beendet. Nach einem nicht all zu langen Marsch erfolgte das weitere Verlegen mit der Eisenbahn. Nach kurzer Fahrt wurde aber schon wieder ausgeladen. Das Regiment sammelte sich im Raum um Bolimow, wo die Division als Stoßdivision bei einem größeren Gasangriff dienen sollte. Doch der Angriff kam nicht zur Durchführung, da der Wind dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung gemacht hatte.

Anfang Juni wurde das Regiment auf dem Bahnhof Jekovice wieder verladen. Bei schönem Wetter ging es über Tschenstochau-Myslowitz-Krakau-Tarnow bis Lancut in Galizien, wo die Truppen am 4.Juni eintrafen. Nach einem Ruhetag ging es, nach frühem Abmarsch, bis Brzoza Krolewska. Hier wurden die Division als Unterstützung für österreichische Truppen bereit gehalten. Doch schon nach wenigen Tagen wurden die Regimenter wieder verschoben, das Hin- und Hermarschieren wurde zum täglichen Brot - das Los einer Reservetruppe. Schließlich wurden die Einheiten aber geordnet bereitgestellt, ein großer Angriff stand bevor.

Am 2.Mai 1915 war der gewaltige Durchbruch bei Gorlice-Tarnow durch die russische Front gelungen. Der geschlagene Feind hatte sich dann aber am San wieder festgesetzt. Hier galt es nun, seinen Widerstand erneut zu brechen und den Weg über den Fluß nach Norden frei zu machen. Am 12.Juni begann nun diese Operation, und gegen Abend wurde auch das Regiment 82 eingesetzt, das im zügigen Vorgehen Dybkow erreichte. Immer wieder mußten russische Nachhuten geworfen werden, kein Tag ging ohne Verluste zu Ende. Aber der Angriff gewann rasch Raum, am 16. wurde schon Cewkow erreicht. Nachdem das Dorf erobert war, wurde den Truppen eine kurze Ruhe gegönnt.

Aber schon am Nachmittag ging es weiter, immer dem weichenden Russen auf den Fersen. Am 25. Juni jedoch änderte sich das Wetter, der Himmel verdunkelte sich, und schwere Gewitter mit Regenschauern gingen nieder. Das Krachen des Donners und das Dröhnen des Artilleriefeuers vermischte sich, als der Angriff trotz dieser widrigen Umstände fortgesetzt wurde. Am 29. und 30. Juni bekam das Regiment endlich zwei Ruhetage in Potok und Umgebung. Nun war auch Wetter wieder umgeschlagen, als es Anfang Juli auf staubigen Wegen bei drückender Hitze wieder gegen den Feind marschierte. Ende des Monats war Stabrow erreicht. Hier wurde endlich wieder eine Ortsunterkunft bezogen. Nun konnte man ausreichend Schlaf finden, Waffen und Ausrüstung instand setzen, und auch das leibliche Wohl kam zu seinem Recht. Doch auch diese Zeit war schnell zu Ende.

Am. 16.Juli rückte das Regiment wieder ab in den Raum um Krasnystaw. Das I.Bataillon wurde sofort in vorderster Linie an der Wolica östlich Skierbieszow eingesetzt, dabei auch die 2.Kompagnie mit dem Musketier Wilhelm Kern. Der nächste Tag brachte dann noch Ablösungen bei den Nachbartruppen, dann wurden die letzten Vorbereitungen abgeschloßen. Schließlich stand am frühen Morgen des 18.Juli alles zu Sturm bereit.


 
Krasnostow (Pfeil) - im Süden Russisch-Polens gelegen

 
Der Angriffsbefehl lautete: 

"Allgemeiner Angriff gegen die in einem südlich der Wolica gelegenen nachhaltig befestigten Stützpunkte, in Skierbieszow selbst und nördlich des Flusses in starken Stellungen stehenden Russen."


 
Die eroberte russische Stellung bei Krasnystaw

 
Am Vormittag allerdings ging der Angriff zuerst nicht recht voran, immer wieder griffen die 82er unter großen Verlusten die befestigten Stützpunkte an. Schließlich kam am Nachmittag der entscheidende Stoß von der 2.Kompagnie, die in einem überraschenden, schneidig geführten Angriff das Dorf nehmen konnte. Nach diesem Einruch in die russische Stellung räumte der Feind das Feld auf der ganzen Linie.

 
Krasnystaw und die östliche Umgebung:
im Südosten an der Wolica das Dorf Skierbieszow, 
bei dessen Erstürmung Musketier Wilhelm Kern 
schwer am Oberschenkel verwundet wurde

 
Bei diesem Angriff wurde der Musketier Wilhelm Kern schwer am Oberschenkel verwundet. Von den Krankenträgern geborgen, kam er schließlich in ein nahes Feldlazarett. Hier muß es sich herausgestellt haben, daß die Verwundung so schwer war, daß ein Transport in die Heimat nicht durchgeführt werden konnte. Vier Wochen dauerte noch sein Leiden, schließlich verstarb es am 17.August an den Folgen seiner Verletzung. 

 
Die Todesanzeige von Wilhelm Kern im "Wetzlarer Anzeiger" vom 8.10.15

 
Mit großer Sicherheit wurde er damals auf dem Friedhof dieses Feldlazaretts beigesetzt, einen Nachweis gibt es jedoch nicht.  Dennoch ist es nicht völlig auszuschließen, daß das Grab heute noch existiert.

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