Das Infanterie-Regiment 187 im Rumänienfeldzug 1916/17
~ von Gerhard Friedrich Dose ~

~ Fortsetzung ~

 
Der Sturm des II. Bataillons am Vulkan-Paß

Der 21. September 1916 begann mit einem herrlichen Sonnenschein und berechtigte zu den schönsten Hoffnungen. Die Truppe hatte eine Reihe von Tagesmärschen hinter sich und lag nun, nachdem sie sich einmal wieder ordentlich ausgeschlafen und erholt hatte, auf Strohlager in Häusern des Dorfes Livazeny. Der Vormittag wurde mit Reinigen und Instandsetzen von Sachen verbracht und die Mittagsstunden waren wiederum der Ruhe und Erholung gewidmet. Es herrschte eine gewisse Feiertagsstimmung und man wollte auch jede Munite davon auskosten. Um 4 Uhr sollte es Kaffee und Lebensmittel geben. Wohl für einen Soldaten ein schöner Dienst. Da, als alle gerade beim Essen und Trinken waren, kommt eine Ordonanz mit dem Alarmbefehl, den der Soldat vom Grunde seiner Seele aus haßt: „Sofort fertig machen und auf der Chaussee antreten“. Die Vertreter vom „Chor der ewig Unzufriedenen“, deren es wohl in jeder Kompanie welche gibt, beginnen sogleich mit ihrem Nörgeln und Schimpfen, während die ruhig Gesonnenen schweigend ihre Sachen zusammenpacken und sich bemühen, in der kurzen Zeit, wie angegeben, zur Stelle zu sein. Die Ruhe war dahin. Wie immer in solchen Fällen sind die unvermeidlichen sogenannten „Latrinenparolen“ im Umlauf; denn es gibt Leute, die immer alles besser wissen als andere. Die unglaublichsten Vermutungen tauchen auf, denn es war Antreten mit Sturmgepäck befohlen, was naturgemäß immer eine gewisse Erregung hervorruft. Es war noch nicht bekannt, dass das Bataillon zusammen mit dem F.M.G.-Zug 318 (Grothues), der späteren 1. M.G.K., der Gruppe Paulus (Oberstleutnant Paulus war Kommandeur eines bayr. Jägerregiments vom Alpenkorps) zum Angriff auf den Vulkan–Paß zur Verfügung gestellt war. Nachdem die 4 Komp.-Führer ihre Meldungen erstatten hatten, läßt der Hauptmann das Bataillon losmarschieren und in flottem Tempo geht es etwas eine Stunde die Chaussee Livazeny – Zsilyvajdejvulkan entlang. Hart links von der Straße erhebt sich das hohe, dichtbewaldete Grenzgebirge, dessen Kamm in sei-nen beherrschenden Höhen am Vulkan–Paß noch vom Feinde besetzt ist. Die Dämmerung ist bereits hereingebrochen, als eine Linksschwenkung gemacht wird, um querfeldaufwärts durch Wiesen und Äcker den hohen Wäldern eingegen zu streben. Am Rande des Waldes wird der erste Halt gemacht. Tiefe Dunkelheit lastet auf der Erde, kein Gestirn ist am Himmer zu sehen und der große stämmige Wald steht wie eine mächtige, fast unüberwindlich erscheinende schwarze Mauer vor den Männern. Der Körper jedes einzelnen Soldaten ist bereits durch diesen Zweistundenmarsch auf leicht ansteigendem Gelände stark in Anspruch genommen worden. Der Aufenthalt hat vielleicht 20 Minuten ge-dauert, die Männer fangen an zu frieren und sind deshalb ganz froh, dass es weitergeht. Das Bataillon marschiert jetzt in „Reihe zu Einem“. Wenige Minuten  später und schon hat der dunkle Wald die Männer ganz aufgenommen. Dumpffeuchte Moderluft kündigt sich mit widrigem Geruch an. Keine Hand vor Augen ist hier zu sehen, Man faßt seinen Vordermann ans Seitengewehr oder Trottel an, um nicht die Verbindung zu verlieren. Die Soldaten marschieren auf keinem ausgetretenen Gebirgsweg, sondern klettern eine wild bewachsene Schlucht hinauf, deren Boden vielleicht in einem Jahrzehnt eines Menschen Fuß einmal, und dann wohl auch nur bei Tage, betritt. Mit unbeschreiblicher Mühe arbeitet sich ein jeder empor. Rufe wie: „Hier,hee, – wo bist Du, – wo gehst Du längs, – renn doch nicht so toll“ – und noch viele andere, vermischt mit derben Soldatenausdrücken, durchschwirren die Stille des Waldes. Die Kräfte jedes einzelnen werden auf das Ärgste angespannt, der ganze Körper zittert vor Aufregung. Die Lungen wollen bersten, die Bauchmuskeln reißen und mit den Füßen und Händen versucht man einen Halt in dem Gestein und dem Waldboden zu bekommen. Von Minute zu Minute wird die Anstrengung größer, die Rufe verstummen und nur der keuchende Atem der einzelnen ist zu hören. Dort ein dicker, umgestürzter Baum von enormem Unfang, morsch zusammenbrechend, wenn man hinwegklettern will, hier eine Schlingpflanze, die sich mit widerlicher Beharrlichkeit um die Gama-schen schlingt, da wieder tritt man auf einen Stein, der davonrollt, sobald man in fester berührt hat, und schon setzt man sich auf die Erde. Nicht gerade sanft, denn zu allem Pech fällt man gerade auf einen Baumstumpf oder Stein. Um 12 ½ Uhr nachts wird der vorläufige Aufenthaltsort die Höhe 1159 mit dem Gefechtsstand des Res. Jägerbatl. 10, erreicht. Alle Glieder brechen matt zusammen und je-des Gefühl stöhnt nach Ruhe. Völlig von Schweiß durchnäßt liegen die Soldaten auf dem kalten und feuchten Moderboden, als es nicht unerheblich zu regnen beginnt. Es ist stockdunkel, nichts zu sehen, sondern nur das dumpfe Geräusch der sich vor Ermattung auf den Boden hinwerfenden Männern ist zu hören. Fast übermenschlich war die Tour, und diese Leistung kann nur von dem richtig bewertet werden, der schon etwas Ähnliches durchlebt hat. 6 ½ Stunden waren die Männer unterwegs gewesen.

In Zeltbahn und Mantel eingewickelt, auf dem Waldboden liegend, hin und wieder von der Kälte erwachend, verbringt die Truppe die wenigen Stunden der Ruhe im Halbschlaf. Gegen 3 Uhr ist es einigen Kameraden doch zu naßkalt geworden und versuchen nun mit vieler Mühe, zuerst ein kleines, dann ein größeres Wachfeuer zu entfachen. Der Regen rieselt immer noch beständig vom Himmel und das ganze Bild, welches sich darbietet, ist das eines riesigen Kriegslagers. Die Feuer werfen immer größeren Schein in das Dunkel des Waldes. Gespenstig fast erscheinen die hochragenden, stolzen Gestalten der norddeutschen Soldaten, die fast alle die kalten Hände dem Feuer entgegenhalten und mit ernsten, aber keinesfalls Müdigkeit zeigenden Gesichtern über die wohl zu erwartenden eventuellen schweren Strapazen sprechen. Es sind Männer, die schon im tollsten Gewehr– und Granatfeuer ihre Pflicht und Schuldigkeit getan haben. Gegen 4 Uhr kommt Bewegung in die Menge. Irgend einer muß was vom Abmarsch gesagt haben. Wenig später kommt auch schon der offizielle Befehl. Der nasse Mantel und die Zeltbahn werden, so gut und so schnell es eben geht, zusammengepackt und auf den Rücken geschnallt. Kurze Zeit darauf bewegt sich das Bataillon wieder in „Reihe zu Einem“, diesmal den unbewaldeten Berghang entlang. Die Gefahr dieses Weges wird erst klar, als gegen 5 ¼ Uhr die Morgendämmerung heraufkommt. Die Männer marschieren auf abschüssigem Gebirgspfad ungefähr 100 Meter vom Gebirgskamm parallel. Ein frischer, kalter Morgenwind umweht die Höhen und mit dem Erwachen des Tages kehrt die alte Frische des Geistes und des Körpers zurück. Die Widerwärtigkeiten der Nacht sind bald vergessen und mit neuem und frischem Mut sieht man dem neuen Tag entgegen. Ungefähr von Stunde zu Stunde kommt ein kleiner Aufenthalt, der den Männern gestattet, die sich bietende Naturpracht zu bewundern. Die Truppe befindet sich in fast schwindelnder Höhe. Tief unten zieht sich die Straße nach Livazeny – Vulkan nur als weißgrauer, dünner Strich entlang; zu den Füßen sieht man den Rand des Waldes, der das wild zerklüftete Gebirge bedeckt und den man in der letzten Nacht durchklettert hat. Die Farbenpracht ist eine unvergleichlich schöne. Der tiefblaue Himmel und die gelbe Pusta in der Ferne, davor breit und massiv gelagert die von den ersten Strahlen der Morgensonne goldig übergossenen Bergriesen, die dem Feind in den wenigen Tagen vom 14. – 22. Sept. entrissen wurden. Und unterhalb das dunkle Grün der Tannenwälder, vermischt mit dem sanfteren Grün der Buchen und wiederum das verwitterte grünlich schwarze Gestein der schroffen und steilen Felsabhänge. Die Schönheit dieses Morgens verfehlt nicht ihre Wirkung. Die Unterhaltun-gen werden immer lauter und man hört sogar schon derbe, alte Soldatenwitze. Die eigene Kraft er-wacht wieder und der Mut stärkt sich von neuen. Gegen 10 Uhr wurde Rast hinter einem großen Fels-vorsprung gemacht. Jetzt kam der Befehl zum Sturmangriff. Gemeinsam mit dem II./187 sollte die 2. und 3. Komp. des bayr. Jägerbatls. 1 aus der Linie der Höhen 1692 – 1691 zum Sturm gegen die feindlichen Stellungen angehen, die sich von der Höhe 1692 bis zur Höhe 1636 hinzogen. Bald darauf begannen auch die deutschen und österreichischen Batterien mit der Artillerievorbereitung. Die Österreicher hatten vier kleine Gebirgsgeschütze auf dem Murgile, einer Höhe halblinks hinter der eigenen Stellung, aufgestellt, während die beiden deutschen nicht zu sehen waren. Während dieser Beschie-ßung wurde alles Nähere bekanntgegeben. Im großen und ganzen gesagt: „Die den Vulkanpaß umgebenden Höhen sind vom Feinde zu säubern.“ Nachdem nochmals alles genau besprochen und eingeteilt war, legten sich der Bataillonskommandeur und die anderen Offiziere auf den Ausguck, um den geeigneten Moment zum Sturm auszunutzen. Manche der Soldaten verzehren ihren letzten Mundvorrat. Ängstliche Gemüter schlossen hieran eine große Diskussion über die Gefahren, die ein voller Magen bei einem eventuellen Bauchschuß hervorrufen kann. Andere zogen es vor sich mit einigen Ka-meraden über die neuesten Witze von Fitje und Tetje zu unterhalten, um keinesfalls in Grübeleien zu versinken, wie mancher Kamerad es tat. Was nützt das Grübeln. Wie‘s kommt, so wird’s genommen. Geht’s schief, ist immer noch Zeit genug, Trübsal zu blasen. Im Augenblick ist noch kein Grund zum Kopf hängen lassen. Die Sonne lacht, die Knochen noch heil, also nur frohen, guten Mutes; das Schlechte kommt wohl noch früh genug. Mit einigen gleichgesinnten Kameraden ging im angeregten heiteren Gespräch über allerlei frohe Erlebnisse die Zeit schnell dahin. Plötzlich kommt der Befehl zum Sturm. Ein letzter starker Ruck geht durch den Körper, die Knarre wird fester in die Hand genommen und mit einem kühnen Satz unter kräftigen Hurra–Rufen springt die 5. Komp. aus ihrem Ver-steck hervor. Der Feind ist wie hypnotisirt. Mit vorgebeugtem Oberkörper und erschrockenen Augen starrt er die Angreifer eine ganze Weile an, bis er plötzlich begreift, was los ist. Dann beginnt auf bei-den Seiten ein heftiges Gewehrfeuer. Aber die besseren Schützen sind auf der Seite der Angreifer und als auf der rechten Seite die Angreifer bereits an den Feind heran sind, beginnt die feindliche Mauer zu wanken. Ein neues kräftiges Hurra und der Angreifer ist am Feind. Was entrinnt, flieht in wilder Hast die tiefen, steilen Berghänge hinab in die Täler und Wälder. Doch mancher muß auch von diesen noch liegen bleiben. Es wird sich nicht lange mit den Gefangenen aufgehalten und es wird über die Höhe hinaus der Feind verfolgt. Weitere Höhen werden noch leichter genommen. Der Feind hat keine Führung mehr und diese Linien sind auch nicht so stark besetzt. So gelingt es, bis zu den eigentlichen Paßhöhen des Vulkanpasses 1621 und 1672 vorzudringen. Beim Überschreiten dieser Höhen stellt sich eine starke, feindliche Abteilung mit 2 M.G. entgegen. Die eigene Artillerie läßt die Angreifer in Stich und da der Feind in einer wohlvorbereiteten Stellung liegt, so ist die Lage plötzlich äußerst schwierig. Vergeblich wird versucht auf der ganzen Linie vorzudringen. Eine wüste Knallerei setzt nun auf beiden Seiten ein. Zuerst stehend, denn kniend und zuletzt liegend wird geschossen. Die ersten Verwundeten haben schon die Linie verlassen und dauernd lichten sich die eigenen Reihen mehr und mehr. Noch mehr Verwundete und Tote decken bereits den Boden, und die klagenden, herzzerreißenden Schmerzensschreie, die immer und immer wieder ertönenden Rufe nach Wasser und Sanitäter vermischen sich mit dem Hämmern der M.G. Ein deutsches M.G. versucht rechts in Stellung und zum Schuß zu kommen. Der Feind hat es bemerkt und schon sinkt der erste Schütze mit einem kurzen Schrei und aufgerissener Schädeldecke zurück. Die Kühnheit der übrigen ist bewundernswert. Sie lassen nicht locker. Trotzdem büßt noch manch einer von den Braven sein junges Le-ben ein. An ein Vordringen ist jetzt nicht mehr zu denken. Bunt durcheinander gewürfelt liegen die Kompanien in der vorderen Linie. Die Sonne schickt sich zum Untergang an und ihre letzten Strahlen verschwinden hinter schweren Wolken. Auf beiden Seiten hat sich das Gehämmer noch nicht vermindert, im Gegenteil, manchmal wird mit noch erbitterterer Wucht geschossen und das Ganze erscheint wie eine fanatische, hirnverbrannte Raserei. Mit hereinbrechender Dunckelheit umschweben dicke Regenwolken die Höhen und es hat den Anschein, als hätten sie die Menschen zur Vernunft gebracht, denn das ohrenbetäubende Geräusch der M.G. und Gewehre verstummt schnell. Und jetzt erst hat der Mensch richtig Zeit, das Elend des Krieges zu begreifen oder auch nicht zu begreifen. Noch dumpf und wirr im Kopf erheben sich einige von ihren Plätzen, auf denen sie mehrer Stunden gelegen haben. Die Glieder sind schwer wie Blei und die Schädel vermögen nicht das geringste zu denken. Zu stark lastet des schreckliche Erleben auf der Seele. Wohin das Auge schaut, überall das gleiche, trostlose, die stärksten Nerven ins Wanken bringende Bild. Das Nachdenken dauert jedoch nicht lange, denn es gibt Arbeit genug. Die Schwerverwundeten müssen verbunden und zurück geschafft werden; diese Arbeit können die Sanitäter nicht allein bewältigen. Gegen Mitternacht kann man erst an sich selbst denken. Aber nun geht es ans Buddeln. Mit Spaten, Seitengewehr und Händen wird ver-sucht, ein Loch ins Gestein zu bekommen. Erschreckt wir innegehalten, als der Feind gegen 2 Uhr wieder mit einem wahnsinnigen Feuer beginnt. Flach auf dem Boden hingestreckt, die Knarre in der Hand, wird die Finsternis mit den Blicken durchbohrt, um eine eventuelles Nahen des Feindes rechtzeitig zu bemerken. Es dauert jedoch nicht lange und die Arbeit kann weiter gehen.

Nach den heißen Kämpfen des 22. September zeigte sich in den beiden folgenden Tagen eine allgemeine Entspannung der Kampftätigkeit. Beiderseitiges, nervöses, überfallartiges Artilleriefeuer ließ das Vorhandensein einer ungeklärten Situation deutlich erkennen. Die Pause zwischen den Kämpfen wurde dazu benutzt, die Einheiten neu zu ordnen und neu zu gruppieren, die Kampfstellung selbst zu verstärken, Munition und Verpflegung heranzuschaffen. Die bisher am rechten Flügel eingesetzten beiden bayr. Kompanien wurden auf höheren Befehl aus dem Abschnitt herausgezogen, der nun in seiner Gesamtheit vom II./187 übernommen wurde. Das Bataillon selbst wurde der Gruppe Bauernschmidt unterstellt. Die Führung übernahm Hauptmann Thomsen anstelle des am Grundstein des Vulkanpasses beim Sturm verwundeten Bataillonsführeres Hauptmann Block. Im Vergleich zum Be-ginn der Kämpfe hatte die Feuerkraft des Bataillons infolge der starken Verluste, die auch während der Tage der eigentlichen Kampfpause nicht ganz ausblieben und des zusätzlichen Abschnittes, den bisher die Bayern hielten, eine erheblich Einbuße erfahren. Sie wurde weiterhin vermindert durch das Herausziehen des Feld-M.G.-Zuges. Als Ersatz kamen drei österreichische M.G., die sich im Verlauf der folgenden Kämpfe als völlig gebrauchsuntüchtig erwiesen. Die Lage des wegen des abgschlosse-nen und hochgelegenen Kampfgebietes ziemlich isoliert kämpfenden Bataillons war unverkennbar schwierig, da mit Unterstützung weiterer Truppen nicht zu rechnen war. Trotzdem war die Stimmung in Erwartung des demnächst einsetzenden Gegenstoßes ungebrochen.

Am 25. September 5,30 Uhr morgens setzte auf der ganzen Frontbreite des Bataillons, auf Reserve– und Batteriestellungen das feindliche Artilleriefeuer ein, das ständig wachsend, den Charakter einer Sturmvorbereitung annahm. Die wenige k.u.k.Artillerie, die zur Bekämpfung des feindlichen Feuers sofort angefordert worden war, war nicht in der Lage, sich zu behaupten. Aus der Feststellung, dass die Masse der feindlichen Batterien ihr Feuer auf die Höhe 1672 konzentrierte, war zu schließen, dass sich das Schwergewicht des zu erwartenden Infanteriestoßes auf diese Höhe legen würde. Um 8,15 Uhr vorm. gingen die feindlichen Sturmkolonnen dicht massiert zum Angriff auf 1672 vor; sie wurden von der 6. Komp. blutig abgewiesen. Obwohl frische, unter außerordentlichen Masseneinsatz vorgetragene Angriffwellen, unter dem gut geleiteten Feuer der Abwehrbesatzungen stets wieder zurück fluten mußten, traten immer neue Kolonnen des Gegners zum Sturm an. Dank Unterstützung durch Flankenfeuer des am rechten Flügel angrenzenden II. Jägerbatl. wehrte die auf 1672 liegende 6. Komp. des Bataillons alle Stürme des Gegners ab. – Nach kurzer Atempause versuchte der stark geschwächte Gegener in der Zeit von 11 Uhr vorm. bis 1 Uhr nachm. erneut, sein Angriffsziel, die beherrschende Höhe des Vulkan–Plateaus, zu erreichen. Seine Versuche, die sich in ununterbrochener Folge wiederholten, schei-terten unter den schwersten Verlusten gänzlich. Zum Teil kamen die Sturmkolonnen garnicht aus der Ausgangsstellung heraus. Nach 5-stündiger Ruhepause setzte der Gegner zum drittenmal zum Generalsturm an. Die schon stark zusammengeschmolzene, tapfere Besatzung der Höhe 1672, welche der gegnerischen Artillerie ein ausgezeichnetes Ziel bot, wies alle Anstürme restlos ab. Erst um 8 Uhr abends, mit einbrechender Dunkelheit, erlahmten die Kräfte des Gegners, dessen Sturmtruppen infolge der fürchterlichen Verluste sich stellenweise vorzugehen weigerten. Mit dem Einbruch der Nacht flaute die Kampftätigkeit auf das gewöhnliche Maß ab; nur hin und wieder wurde sie durch kurz dauernde Feuerüberfälle des Gegners stärker belebt. Das Bataillon hatte einen heißen Tag hinter sich, der viel kostbares Blut kostete.

Da traf unerwartet von der Gruppe Bauernschmidt der bereits erwähnte Befehl beim Bataillon ein, die Linie zurückzunehmen, sobald die Gefechtslage dies erlaubt.

Die Räumung des am 22. September in glänzendem Sturm genommenen und gegen alle Gegenangriffe restlos behaupteten Passes und damit die Loslösung vom Feind vollzog sich trotz der nahen Gefechtsberührung und trotz der aus den Kämpfen des Tages entsstandenen, unruhvoll gespannten Lage ohne jede Störung in mustergültiger Ordnung. Die am Feind zurückgelassene Marschsicherungs–Patrouille des Batl., die durch erhöhte Feuertätigkeit und auffallend geschäftiges Verhalten den geordneten Abmarsch des Gros über die Paßstraße tarnen sollte, löste ihre Aufgabe in hervorragender Weise. Dem Gegner blieb der Abzug des Bataillons derart verschleiert, dass er – wie die letzten Nachzügler des Bataillons berichteten – am nächsten Morgen erst nach heftiger Artl.–Vorbereitung stürmender Hand die leeren Stellungen des Bataillons besetzte. Als Sammelpunkt für die über die Paßstraße abziehenden Teile des Bataillons, sowie für die später zum Artillerieschutz bestimmte und deswegen auf einem anderen Wege abrückende 5. Kompanie wurde befehlsgemäß die Paßhöhe 934 von Meriso bestimmt. Der nächtliche Rückmarsch des Bataillons aus der mit so vielen Opfern genommenen und erfolgreich behaupteten, wichtigen Paßstellung war von einer überaus traurigen und gedrückten Stimmung begleitet. Es kann für einen Frontsoldaten nichts Härteres geben, als mit Rücksicht auf eine ungünstige Gesamtlage hart umkämpfte Stellungen wieder kampflos räumen zu müssen.


 
Die Kämpfe des I. und III. Bataillons bei Hermannstadt und Kronstadt

Die erste Eroberung der Höhen am Szurduk– und Vulkan–Paß war nur ein Vorspiel gewesen zu den großen Ereignissen, die sich nunmehr in Siebenbürgen abspielen sollten. Am 19. September hatte General Falkenhayn das Oberkommando der neuen 9. Armee und damit die Führung des Kampfes gegen die nördlichen Karpathenfront der Rumänen übernommen. Während schwache Kräfte, darunter, wie in den vorherigen Abschnitten geschildert, das II. Batl., zäh und tapfer die Paßhöhen hielten, vollzog sich der Aufmarsch der deutschen gegen die rumänischen Streitkräfte. Diese hatten sich durch den Rothen–Turm–Paß ins Siebenbürger Land ergossen und standen jetzt um Hermannstadt. Die Aufgabe der 9. Armee war, die 1. rumänische Armee anzugreifen und gegen den Rothen–Turm–Paß zu drücken. Dort sollte dem Feind vom Alpenkorps, das am 22. September im schwierigsten Hochgebirgsmarsch zum Rothen–Turm–Paß vordrang, ein warmer Empfang bereitet werden. Am rechten Flügel, hart am Gebirge, stand die 187. Inf. Division mit der Aufgabe, die Höhen südlich von Guraro–Poplaka zu nehmen, dann in allgemeiner Richtung auf Kisdisnod (Michelburg) – Czod – Talmesch vorzugehen, den rechten Flügel der 9. Armee zu sichern und die Verbindung mit dem Alpen-korps aufrecht zu erhalten. Ihr zur Linken stand die 51. ungarische Inf. Truppen–Divison, die in süd-östlicher Richtung vorzugehen hatte. Doch bevor der Aufmarsch beendet war, griff der Feind in der Nacht vom 21./22. 9. und am 22. an verschienden Punkten, so bei Hermannstadt, bei Glimboka am Alt an. Auch die 187. Inf.–Brigade stand um Kakowa in harten Gefechten.

Hier begannen nun die neue Einsätze des Infanterie–Regiments 187. Das III. Bataillon war von Puj am 20. 9. mittags über Mühlbach nach Roßmarkt (Szerdahely) verladen worden. Dort genoß es zwei Tage lang die Gastfreundschaft der deutschen Bewohner. Am 22. 9. mittags wurde das Bataillon alarmiert und mit der Bahn, in Lastautos und zu Fuß eilig nach Großdorf (Szelistye) und von dort nach Grabensdorf (Vale) zur Unterstützung vorgezogen. Der Feind hatte seine Angriffe bereits eingestellt, trotzdem wurde das Bataillon mit der 2. M.G.K. noch am gleichen Abend zur Verstärkung des rechten Flügels der in der Ebene angesetzten Divisionen auf die Höhen 1096 – 1061 – 989 befohlen. Mit fleißiger Patrouillentätigkeit ging die sturm– und regendurchpeitschte Nacht hin. In der Frühe des nächsten Tages gelang es, die Fühlung mit dem im Vormarsch zur Umgehung befindlichen Alpenkorps herzustellen. Noch am gleichen Vormittag wurde das Bataillon unter Zurücklassung der 11. und 12. Kompanie sowie 4 M.G. wieder nach Grabensdorf (Vale) in Alarmquartiere gezogen, abends folgte der Rest des Bataillons bis auf einen starken Zug der 12. Kompanie unter Leutnant Müller und Leutnant Meier, der erst viel später nach mancherlei Schicksal wieder zum Bataillon stieß. Am 24. 9. mittags wurde das Bataillon am Südausgang von


 
Skizze des Kampfgebietes

 
Kakowa bereitgestellt. Um 4 Uhr erhielt es den Befehl, noch bis zum Abend den Curmatura (1228) als rechtes Flügelbataillon der Division zu erreichen und somit der aus 3 Divisionen (der 187. I.D., der 86. Res. Div. und der 51. Honved Inf. Truppen–Div.) bestehende Gruppe von Staabs die Flanke zu si-chern. Gleichzeitg sollte die Verbindung mit dem Alpenkorps aufrecht erhalten werden und an der konzentriereten Angriffsbewegung teilnehmen. Mit einem Landeseinwohner als Führer kletterte das Bataillon die steilen Bergpfade hinan. Durch unwegsame Schluchten, auf und ab an steilen Hängen, die urwaldartig mit Unterholz bewachsen waren, zog es in langer Marschkette seinen mühseligen Weg dahin und erreichte erst spät in der Nacht sein Ziel. Am nächsten Morgen um 10 Uhr ging es weiter zum Parola. Nachmittags um 5 Uhr kam der Befehl, sofort den Vormarsch auf den Valare anzutreten und bis zum Abend noch den Ursilui (1306) zu erreichen. Der äußerst schwierige Ab– und Aufstieg durch das Tal des Cibin, der durchwatet werden mußte, stellten an Ausdauer und Geschick wieder hohe Anforderungen. Erst nach Einbruch der Dunkelheit erreichte die Spitze der 12. Komp. das Ziel. Nach einem kurzen, aber sehr heftigen Feuergefecht räumte der überraschte Gegner die Höhe. Der Morgen zog nach einer sternklaren und kalten Nacht herauf. Es war der Morgen des Hauptangrifftages. Um 6 Uhr morgens trat das Bataillon an, die 12. Komp. in Schützenlinie, der Rest geschlossen hinter der Mitte. Kaum war das Bataillon in Bewegung, als der Feind von seinen starken Stellungen am Valare (1346) aus überfallartig mit Schrapnells das Feuer eröffnete. Die Kompanien zogen sich auseinander und suchten Deckung. Die 12. Komp. besetzte das Waldstück bei 1299, während der in-zwischen nach seine schweren Verwundung in den Vogesen wieder hergestellte Leutnant Buchenau die 9. Komp. mit zwei Zügen links von der 12. Komp. einschwärmen ließ und zur Sicherung der linken Flanke einen Zug in Reserve hielt. Ein Frontalangriff über das Vorgelände gegen die kahlen Höhen des alles beherrschenden und festungsartig ausgebauten Valare war ohne jede Vorbereitung unmög-lich, zumal starke feindliche Bewegungen einen starken Gegner vermuten ließen und die größe der Reserven auch nicht bekannt waren. Als noch die Möglichkeit eines umfassenden Angriffs vom Bataillons–Kommandeur, Major Blanck, erwogen wurde, ging der Feind seinerseits zum Angriff über, bliebt aber trotz Einsatz neuer Reserven 400 Meter vor der deutschen Linie liegen. Erst gegen 2 Uhr mittags sah der Gegner ein, dass ein weiteres Vorgehen zwecklos ist, zumal er in dem gut geleiteten Infanterie–Feuer schwere Verluste erlitt. Da ein Frontalangriff nicht möglich war, erhielt die 2. Komp. und die 1. M.G.K. des III./188, unter Hauptmann Haun, am Nachmittag den Auftrag, den Valare von Osten her aus der Flanke anzugreifen. Sie stießen auf einen so heften Widerstand, so dass sie nicht das Angriffsziel erreichen konnten. So befahl denn die Brigade noch nachts 1,30 Uhr, dass Oberstleutnant Paulus, Kommandeur des Jägerregiments 1, mit einer Gebirgsbatterie und einer Gebirgs–Machinengewehr- –Abteilung zum Flankenangriff vorgehen solle. Am Vormittag des 26. 9. drang schon in aller Frühe Gefächtslärm und Kanonendonner ringsherum aus der Ebene und von den Bergen her-über. Gegen Mittag traf des sehnlichst erwartete Halbbatailon 188 ein. Es zeigte sich jetzt jedoch, dass der Feind kurz zuvor seine Stellungen geräumt hatte. So konnte nach Auffrischung der Verpfegungsbestände der Weitermarsch über „Hohe Rinne“, „Kurhaus“, stets auf den frischen Spuren des sich zurückziehenden Gegners, fortgesetzt werden. Bei Einbruch der Dunkelheit biwakierte das Bataillon im Wald 2 Kilometer östlich „Kurhaus“ auf der Höhe 1489. In der Frühe des 28. 9. erreichte das Bataillon der Befehl, zur Sicherung der rechten Flanke der inzwischen vor Michelsburg (Kis Disnod) stehenden 187. Inf. Div. eilens über den Gyhan (1411) auf den Götzenberg loszurücken. Ein Zug Gebirgskanonen wurde zu diesem Zwecke dem Bataillon unterstellt. Beim ersten Morgengrauen trat das Bataillon den Vormarsch an. Die 9. Komp. hatte die Spitze. Über 1442 und Gyhan (1411) war mittags 1315 erreicht, wo dann abgekocht wurde. Anschließend ging es weiter über den Cretului und Derjany zur Höhe 1113. Kurz vorher hatte ein kurzes Feuergefecht mit feindlichen Truppen im Sadului–Tal stattgefunden, die von der Höhe 872 aus auf die langgestreckte Marschordnung des Bataillons geschossen hatten. Man erkannte auf dem Götzenberg (1305) dichte rumänische Kolonnen, die unter heftiges Schrapnell– und Infanterie–Feuer genommen wurden. Der Erfolg war offentsichtlich, doch mußte das Bataillon wegen völliger Unkenntnis der Lage und vor allem wegen Einbruchs der Dunkel-heit Gefechtsbiwak beziehen. Während der eisigkalten, stürmischen Nacht zog sich der Feind zurück. Die Entscheidung in der Ebene und am Rothen–Turm–Paß war also gefallen. Das Bataillon ging in der Frühe des nächsten Morgen über den Götzenberg (1305) ins Tal nach Sodenbach (Czod).

Während das III. Bataillon die Flanke sicherte, war die 187. Inf.–Div,. im ständigen Vordringen gewe-sen. Auch das I. Bataillon hatte sich inzwischen dem Divisionsverband wieder angeschlossen. Am 24. 9. von Petrozseny aufgebrochen, war es noch am gleichen Tage mit der Bahn von Puj nach Piski gelangt und hatte dort bis zum 25. morgens auf dem Bahnhof gelegen, da alle Bahnlinien mit Transpor-ten vollgestopft waren. Es fuhr an diesem Tage weiter über Broos – Alvincz – Mühlbach nach Groß-dorf (Szelistye) und marschierete in die Unterkunft in Schwarzwasser (Szecsel). Am anderen Morgen wurde das Bataillon als Div.–Reserve nach Orlat vorgezogen. Alles sah noch ganz friedlich aus. Freilich feuerten ab und zu aus den Obstgärten des Dorfes eine Mörserbatterie. Die Kompanie schlachtete indessen ein herrenloses Schwein und manch einer briet sich wohl eins der zahllosen herumlau-fenden Spanferkel. Am Nachmittag jedoch gings los. Die Brigade war bereits befehlsgemäß im Vordringen auf Grunzendorf (Poplaka) und Resina. In Poplaka und auf den dahinter liegenden Höhen d’Obrejii stellte sich der Rumäne zu hartnäckigem Widerstand. Um den zu brechen, wurde am Nachmittag des 26. die Brigade eingesetzt. Das I./187 wurde vorgezogen und unter den Befehl von I.R. 189 beiderseits der Straße Orlat – Poplaka bereit gestellt. Während das Dorf und die Höhen unter schwe-rem deutschen Feuer lagen, ging es vorwärts. Unter geringen Verlusten war das Dorf bei Einbruch der Dunkelheit in deutschem Besitz. Es war fürchterlich verwüstet, aus zahlreichen Gehöften loderten die Flammen zum Nachthimmel empor und die auf den Höhen sitzenden Rumänen hielten die Straße dauern unter M.G.–Feuer.


 
Schwere 15 cm Feldhaubitzen
Biwak vor Kronstadt, Lt. Struck, gef. 27.9.16

 
Am Morgen des 27. 9. begann die rumänische Artillerie ins Dorf zu schießen, so dass der Aufenthalt für die dort liegende 4. Kompanie recht ungemütlich wurde. Die übrigen drei Kompanien hatten sich vor dem Dorf eingegraben. Der Angriffsbefehl der Division, in östlicher Richtung am Nordrand des Gebirges vorzugehen, stellte das I. Bataillon vor die Aufgabe, die Höhe d’Obrejii zu nehmen, während das III. Bataillon am rechten Flügel in den Bergen, wie vorstehend berichtet, gegen den Volare ange-setzt wurde. Nach einer Artillerievorbereitung von ½ Stunde trat um 1,45 mittags I./187 zum Sturm an. Um 4 Uhr waren die Höhen 594 (d’Obrejii) und 607 in seinem Besitz. Leider zahlte das Bataillon den Erfolg mit einem schweren Verlust. An der Spitze seiner 2. Komp., die er seit wenigen Tagen verantwortungsfreudig führte, fiel Leutnant d. R. Hans Struck, ein allgemein beliebter und tüchtiger Offizier, der dem Regiment seit seiner Gründung angehört hatte.

 
Skizze des Kampfgebietes

 
Nach der Besetzung der Höhen ging es rastlos den fliehenden Rumänen nach. Um 5 Uhr nachmittags stand das Bataillon bei Punkt 516 nördlich Resinar, mit der 4. Komp. am linken Flügel bei Kupferhammer. Die linke anschließende ungarische 51. I.T.D. war natürlich wieder einmal nicht mitgekommen. Als die Nacht herein brach, konnte man die Gesamtlage nicht recht übersehen. Die Höhe „Auf der Aue“ (510) war jedenfalls noch von den Rumänen besetzt.

Am Morgen des 28. 9. gewann das Bataillon wieder Anschluß nach rechts an I.R. 189. Und während Bataillon 189 Michelsburg (Kis Disnod) nahm, drückte I./187 links davon gegen Heltau (Nagy Disnod) vor. Dauernd in geöffneter Ordnung, hier und da einmal zu kurzen Feuergefechten in Stellung gehend, eilten die Kompanien die Weinberge hinunter auf Heltau zu, das die Rumänen jenseits bereits verließen. Hier an den Hängen des Heltauer Kalt Bach Tales hatte man einmal die Gelegenheit, eine Schlacht in größerer Ausdehnung zu sehen. Es waren imposante Gefechtsbilder. Von allen Seiten war Heltau von deutschen Truppen eingekesselt, die Rumänen zogen sich in den jenseitigen Höhen zu-rück, dauern unter deutschem Feuer. Gegen Mittag zog das Bataillon durch Heltau, begeistert begrüßt von seinen deutschen Einwohnern. Brote, Eimer mit Wein und Früchten trugen sie vor die Häuser, so dass die Soldaten bedauerten, nicht einen Augenblick länger verweilen zu können. Denn rastlos ging es weiter, über die Bahn Heltau – Hermannstadt hinüber auf die Höhen des Moicher Waldes, unmittelbar in der Nähe eine Batterie Feldgschütze. Hier und da entspann sich ein kurzes Feuergefecht. Dann kam einer der großen Augenblicke des Tages. Vor der Höhe 525 des Moicher Waldes eröffnete sich der Blick in das Cibi–Tal, wo auf der Bahnlinie und Chaussee Hermannstadt – Talmesch (Nagy Talmacs) die Rumänen in Kolonnen zurück fluteten. Unbeschreiblich ist die Verwirrung, die nun die deutschen M.G. und das unmittelbar aus der Infanterielinie geleitete Artilleriefeuer dort anrichtete. Und weiter ging der Weg des Bataillons, unaufhörlich in Schützenlinie, durch Wald, Schluchten und über Höhen, immer peinlich berührt, den Anschluß nicht zu verlieren. Immer enger schloß sich der Ring um die Rumänen, immer deutlicher zeichte sich nunmehr als Hauptrichtung Südost auf den Rothen–Turm–Paß zu. Und als am späten Abend das 28. 9. das Bataillon in einer Schlucht bei Punkt 450 südwestlich Westen (Vesteny) totmüde zu einem kurzen Schlaf auf den Boden sank, war die Entscheidung so gut wie gefallen. Die Rumänen, von allen Seiten eingekesselt, flutete auf den Rothen–Turm–Paß zurück.


 
Gefangene beim I./187

 
Das I. Bataillon wurde am Morgen des 29. 9. als Divisionsreserve nach Pulvermühle östlich Crod, und im Laufe des Tages nach Talmesch gezogen. Inzwischen hatten andere Teile der Division den Gegner in den Paß hineingedrängt. Dort wurden die Rumänen, die den Weg versperrt fanden, durch das in anstrengenden Märschen auf schwierigen Gebirgspfaden in seinen Rücken gelangte Alpenkorps völlig vernichtet. Furchtbar waren die Verluste der rumänischen Verbände. Das Alpenkorps hatte einen festen Riegel quer über die Paßstraße gebildet und die Rumänen versuchten vergeblich, diesen Riegel zu durchbrechen. Gewehre und M.G. hielten hier eine blutige Ernte. Was nicht fiel, mußte zurück in den Hexenkessel und die Panik in dem Kneuel der sich anhäufenden Massen war unbe-schreiblich. Pferde, Wagen und Geschütze mit vollständiger Bespannung stürzten in den reißenden Altfluß und versanken in dem stellenweise tiefen Wasser. Rinder– und Schweineherden drängten sich auf der schmalen Paßstraße und an den steilen Berghängen zwischen den fliehenden Truppen. Etwa 40 rumänische Bataillone und 16 Batterien wurden vernichtet oder versprengt. Über 3000 Gefangene und ungezählte Mengen Kriegsmateriel aller Art fielen in die Hände der deutschen Einheiten. Zwei feindliche Flugzeuge wurden von Teilen des III. Batl. 188 bei Nagy–Talmacs abgeschossen. Diese sollten den bedrängten Rumänen kommende Hilfe ankündigen, wie aus der bei einem der Piloten vorgefundenen Meldung hervorging:

„An den Kommandeur des I.A.K., General Popovici:
Ich habe die Ehre mitzuteilen, dass die Truppen der 2. Armee sich gestern abend (28. 9.) 15 Kilometer von Ihrer Stellung entfernt befanden. Heute morgen werden sie zwischen 4 und 5 Uhr abmarschieren. Wir kommen mit Unterstützung und Munition.
                                                                                                                           General Madarescu
                                                                                                                           Generalsstabchef der 2. Armee
(Abgegangen Kronstadt, 29. 9. 16, 1,30 vorm).“

Diese Hilfe kam jedoch zu spät. Die 1. rumänische Armee war erledigt, die Schlacht bei Hermannstadt siegreich für die deutschen Truppen geschlagen. Der Oberbefehlshaber erließ folgenden

Armeebefehl

„Ich spreche den an der Schlacht vor dem Rothen–Turm–Paß beteiligten Truppen der 9. Armee meine vollste Anerkennung für ihre glänzenden Leistungen aus. Der zahlenmäßig weit überlegene Gegner ist so gut wie vernichtet; denn was von ihm im Gebirge herumirrt, wird dem verdienten Schicksal nicht entrinnen; die schwachen Teile, die sich auf Schleichpfaden nach Rumänien geflüchtet haben, sind keine Truppen mehr. Möge es allen Feinden des Vaterlandes so ergehen, das ist der heiße Wunsch, der in unseren Herzen lebt.
Vorwärts denn zu neuen Taten und neuen Siegen für alles, was uns teuer ist.“
                                                                                                                         Der Oberbefehlshaber
                                                                                                                         von Falkenhayn
                                                                                                                         General der Infanterie“

Die neuen Taten sollten schnell folgen. Die beiden feindlichen Flieger hatten wichtigen Aufschluß über die Absichten der 2. rumänischen Armee gebracht, die von Kronstadt über Fogaras im Vordringen war. Unversüglich mußte die eigenen Truppen gegen diesen neuen Feind herumgeworfen werden. Das III./187 war, wie schon erwähnt, am 29. 9. früh aus den Bergen nach Sodennach (Czod) und von dort nach Heltau marschiert, wo es abends 11 Uhr Alarmquartier bezog. Bei dem am nächsten Tag, dem 30. 9., vorgenommenen Neuaufmarsch der Truppen gelangte das Bataillon über Schellenberg, Baumgarten (Bongard), Thalheim (Doliany), quer über die Schlachtfelder der letzten Tage, nach Haarbachsdorf (Hortabagyfalva). Hierher kam auch am gleichen Tage das I. Bataillon, das von Tal-mesch über Schellenberg und dann denselben Weg marschiert war. In Haarbachsdorf wurden also das I. und III. Bataillon wieder unter Major Blanck vereint. Der ganze Aufmarsch vollzog sich so rasch und ruhig, dass die Truppe nichts von der kritischen Lagen merkte, die inzwischen entstanden und überwunden waren, zum Teil aber die Führung in äußerster Spannung hielten. Denn hier wurde die planmäßige Durchführung des Aufmarsches gegen Osten durch eine plötzlich und heftig einsetzende Offensive der Rumänen in Richtung auf Hermannstadt sehr in Frage gestellt. Am 29. hatte die 2. rumänische Armee von Fogaras aus die schwer mitgenommene ung. 2. Kav.–Truppen–Div., die den Aufmarsch zu verschleiern hatte, nördlich des Alt auf den Haarbach zurück geworfen. Auch die nördlich anschließenden schwachen Kräfte waren im Zurückgehen vor dem überlegenen Gegner gewesen. Es war leider nicht möglich gewesen, das Alpenkorps und die ihm zugeteilten Truppen der Grup-pe von Staabs für die neue Operation frei zu bekommen, da sie noch immer in schweren Kämpfen verwickelt waren. Am 30. 9. war dagegen die ung. 1. Kav.–Truppen–Div. nicht weiter angegriffen wor-den. Der Rümäne gruppierte wider erwarten seine Kräfte so um, dass er seine Hauptkraft südlich des Alts verlegte und zwang somit auch das deutsche Oberkommando zu einer beschleunigten neuen Umgruppierung. So wurden am 1. 10. die 76. Res. Div. und die 51. Honv. Inf. Tr. Div. südlich des Alt verschoben, die im Haarbachabschnitt stehende 187. Inf. Div. an das Nordufer der Alt herangezogen.

Die Bataillone marschierte am 1. 10. nach Szakadat und weiter bei strömenden Regen auf fürchterli-chen Landwegen über Hühnerbach (Glimboka) nach Kolun. Die Fahrzeuge waren kaum vorwärts zu bringen. Alle Augenblicke mußten Teile der Infanterie den Geschützen durch die Löcher helfen. In Kalun bezog das I. Batl. Quartier, das III. Batl., das tagsüber zur Vorhut gehört hatte, Vorpostenstel-lung. Am Abend dieses Tages war die Umgruppierung der ganzen Armee beendet. Am nächsten Tag traten die drei Divisionen des Korps von Staabs den Vormarsch an, die 187. Inf. Div. nördlich, die 51. Honved– und die 76. Res. Div. südliche des Alt. Nur langsam ging es auf den von maßlosem Regen aufgeweichten Wegen vorwärts. Der Vormarsch der nördlichen, der 187. Inf. Div., war sehr von den Ereignissen von den nördlich von ihr stehenden schwachen Kräfte der Generale v. Schmettow und v. Morgen abhängig. Diese waren nach glücklichem Vorstoß bis zur Linie Groß Schenk – Bekokten – Moya vorgedrungen, hatten aber am Nachmittag ganz in ihre Ausgangsstellung zurück weichen müssen. Das I./187 gehörte an diesem Tag, den 2. 10., zur Vorhut, das III. Batl. zum Gros. Das Gros erreichte als Folge dieses Rückschlages nur Rumänisch Neudorf (Ola Ujfalu), während die Vorhut, also das I. Batl., bis Földvar vorfühlte. Dabei mußte die 4. Komp. die linke Seitendeckung in den Bergen nördlich der Straße übernehmen. Sie kamen nach angestregtem Marsch über Berg und Tal spät abends auch nach Földvar, ohne das sie auf einen Gegner gestoßen waren. Südlich der Alt sah man währenddessen lange Kolonnen vorrücken und weiter vorwärts hörte man andauernden Gefechtslärm.

In aller Frühe am 9. Oktober wurde das III. Batl. alarmiert und marschierte zur Sicherung der südlich des Alt dem Feinde folgenden Divisionen vorerst auf die Höhe 635 nordöstlich Földvar, bis sich die Lage weiter nörlich beim I. Res. Korps geklärt hatte. Als sich zeigte, dass der Feind auch dort zurück wich und als gleichzeitig die Truppen südlich des Alt immer mehr Boden gewannen, kam endlich mittags der Befehl, weit ausholend über den Rukkor–Paß (668) Klein Schenk zu erreichen. Es war ein sehr beschwerlicher Marsch. Auf den Höhen fand man starke feindliche Stellungen vor, die erst seit kurzer Zeit in aller Eile geräumt sein mußten. Unten in der Ebene jenseits des Alt sah man das hundertfache Aufblitzen der Geschütze und vom Horizont herüber grüßten die steilen Felskuppen des Fogaraser Gebirges im ersten Schnee. Gegen Abend wurde Klein Schenk erreicht, wo die Rumänen in den deutschen Besitzungen gehaust hatten und wo deswegen die deutschen Truppen als Befreier in rührender Weise aufgenommen wurden. Auch das I.Batl., das am Alt entlang marschiert war, erreichte am Abend Klein Schenk. Es war unterwegs auf eine von den Rumänen verlassene Feldbäcke-rei gestoßen. Da das Brot bei dem raschen Vormarsch recht kanpp war, hatte sich jeder Mann gründlich versorgt. Ein lustiges Bild, Mann für Mann mit den runden Rumänenbroten, die an Leibriemen, oben auf dem Tornister oder hinter dem Kochgeschirr festgeschnallt waren. Merkwürdig aber verständlich, wenn es was zu essen ist, wird kein Affe zu schwer! Auch in Klein Schenk bewiesen die großen vom Feind in Stich gelassenen Vorräte, in welcher Eile der Rückmarsch angetreten sein mußte.


 
Kirchenburg aus dem 15.Jahrhundert

 
An nächsten Morgen wurde die Gelegenheit genutzt, das interessante alte Dorf zu besichtigen, aber besonders die festungsartige Kirche mit ihren Wehrgängen und riesigen Fruchtkisten. Sie stammte aus dem Jahre 1421 und hatte schon dem Türkensturm getrotzt. Noch am Vormittag wurde die Ver-folgung auf der ganzen Armeefront fortgesetzt. Wegen der grundlosen Wege nördlich des Alt wurden große Teile der Division, darunter auch das I. und III. Batl, bei Voila über eine Pontonbrücke auf die Heeresstraße südlich des Alt gezogen. Der ganze Tag verging mit Marschieren. Erst am späten Abend war über Fogaras und Mundra Sarkany erreicht. Am 5. 10. 6 Uhr früh kam die Nachricht, dass sich der Feind in den starken Höhenstellungen des Geisterwaldes festgesetzt habe und Teile der Division bei Grid – Persany mit ihm im Gefecht ständen. Auch die nördlichen und südlichen Divisionen hatte am Geisterwald Gefechtsfühlung mit dem Gegner. Der Feind war auf der ganzen Linie anzugreifen und I. R. 187 mit einem Bataillon und einer Schwadron hatten hierzu bei Paro die linke Flanke des Korps zu schützen. Dichter Nebel bedeckte bis 9 Uhr das ganze Land und ermöglichte so den ungestörten Aufmarsch. Je mehr sich der Nebel lichtete, um so wilder tobte das Artilleriefeuer. Wäh-rend die 76. Res. Div. rechterhand im lebhaften Kampf stand, blieb das I. Batl. als Flankensicherung in Schützenlinie nördlich und östlich von Paro. Das II. Batl. marschierte gegen Mittag des 5. 10. seitlich der stark beschossenen Straße nach Grid, von wo es dann gegen den Bataturii (563) angesetzt wurde. Am 9. Oktober berichtete hierüber die Armeezeitung: „Nördlich Persany auf der Höhe 563, im Walde, den man zu Fuß in 40 Minuten erreicht, stehen wirr, regellos und verlassen die Geschütze und vollgefüllten Munitionswagen der 4., 5. und 6. Batterie des 16. rumänischen Artillereiregiments. In die-sem Walde suchten jene Batterien, welche nicht Zeit gewinnen konnten, auch nur einen Schuß abzugeben, in wildester Flucht, angegriffen und verfolgt von der stürmend nachdrängenden 9. Komp. des 187. deutschen Infanterie–Regiments, sichere Rettung. Ihre Anstrengungen waren vergebens. Sie mußten ihre Geschütze in der festen Hand jener braven und tapferen Kompanie zurücklassen, wäh-rend die Bedienungsmannschaft, geschützt durch das Dickicht des Waldes, entfloh.“ Nachdem die Wachen eingeteilt waren, ergab sich so manche Unterhaltung. Die Geschütze wurden eingehend inspiziert. Es wurde dabei festgestellt, dass die Geschütze von Krupp–Essen, die Zieleinrichtung von Goertz–Berlin und die Munition von den Rheinischen Maschinenfabriken, Düsseldorf stammten. Die deutschen Artilleristen, die die Geschütze übernahmen, lehnten jedoch die Verwendung der Munition ab. Noch größere Überraschungen brachten die Protzen. Statt mit Munition beladen, waren sie voller Raubgut aus Siebenbürgen. Damenkleider, Wäsche, weiße Tanzschuhe, bunte Stickereien fanden sich neben Frack, Zylinder, Koch– und Küchentöpfen, Bildern und Gemälden.

Die Aufgabe des nächsten Tages, des 6. 10., war es vor allem, den geschlagenen Gegner auf keinen Fall in den unwegsamen Bergen des Geisterwaldes Fuß fassen zu lassen. So rückten denn in aller Frühe bereits die den Straßen am nächsten stehenden Truppen vor. Da bei Persany nur eine einzige Straße durch die Berge führt, die außerdem auch noch von der 51. Honved- –Division benutzt werden mußte, konnte das III. Batl., das als Artillerie–Bedeckung im Gros marschierte, erst mittags den Weitermarsch antreten. Der Marsch ging durch die wunderbare, herbstbunte Berglandschaft bei einer Sonnenglut, die in keinem Verhältnis zu den eisig kalten Nächten im Biwak stand. Erst nach Einbruch der Dunkelheit wurde Vledeny erreicht und Ortsbiwak bezogen. An den Ausläufern des Berg–Waldes hatte der Gegner westlich von Schneckendorf (Szunyogscek) den Ungarn harten Widerstand gelei-stet. Auch Einheiten der 187. Inf. Div. hatten gegen Abend keinen Erfolg mehr erringen können.

Zur Deckung der linken Seite und zur Säuberung des südlichen Geisterwaldes wurde am selben Morgen ein Detachement, bestehnd aus I./187, einem Pionierzug, einem Feld–M.G.–Zug, einer Batterie und sechs Dragonern, unter dem Befehl von Major Blanck gebildet. Panjewagen mit Patronen, Brot und einer dritten einsernen Ration folgten. Der Marsch durch die dicht bewaldeten Berge gestalteten sich überaus schwierig. Steil ging es bergauf auf Wegen, die allein schon der Infanterie große Mühe machen. Bereits nach wenigen Stunden mußten Artillerie und Panjewagen umkehren. Die Infanteristen kletterten ohne auf einen Feind zu stoßen weiter. In der Nacht zum 7. 10. bei der Höhe 862 angelangt, ruhte man erschöpft an der steilen Kammlinie, um bei Morgengrauen den Weg fortzusetzen. In endlosem Bergauf und Bergab auf ungebahnten Wegen verfehlte die Abteilung gegen Abend auch noch die Richtung, so dass man nur von Glück sagen konnte, dass die Rumänen bereits verschwunden waren. In der Nacht endlich kam das Bataillon anstatt nach Krizba nach Schneckendorf (Szunyogscek).

Inzwischen waren auch die nördlich vorstrebenden Truppen bis an die Ausläufer der Berge vorwärts gekommen. Weiter südlich hatte die 76. Res. Div. Holbak und Almas–Mezö genommen. In der Frühe des 7. 10. hatten sich die Vortruppen der 51. Honved– und der 187. Inf. Div. den Austritt in die Ebene von Kronstadt unter großen Verlusten des Feindes erzwungen. Die Verfolgung und der Weitermarsch wurde sofort wieder aufgenommen. Das III. Bat blieb dabei anfangs wiederum Artillerie–Bedeckung. Als aber nach der Mittagspause von der Spitzenkavallerie gemeldet wurde, dass bei Kronstadt kein Gegner mehr ist, als ferner ein Flieger starken Marsch– und Zugverkehr in den Pässen nach Rumänien bemerkt hatte, hörte diese Marschsicherung auf und das Bataillon marschierte vereint mit dem Detachement Oberst Gündell im Infanterie- –Verband. Obgleich die Führung offenbar mit keinem oder nur geringem Widerstand in Kronstadt gerechnet hatrten, wurde doch sicherheitshalber das Bataillon, als es über Heldsdorf (Höltöveny) das Burzenwirtshaus erreicht hatte, gemeinsam mit der 2. M.G.K., einer Kav. Patrouille und zwei Artillerie–Abteilungen unter Führung von Major von Weitershausen als linke Seitendeckung nach Petersberg (Scentpeter) entsandt. Die linke Flanke wurde dadurch gedeckt, dass die 10. Komp. mit einem M.G.–Zug über Botfalu nach Pertersberg abzweigte. Diese gesamte Seitenabteilung sollte die Höhen nordöstlich Petersberg sichern, im Ort Alarmquartier beziehen und durch die durch den Geisterwald kommende Kolonne von Major Blanck verstärkt werden, die aber aus schon angeführten Gründen nicht rechtzeig eintraf. Als jedoch die 11. Komp. den Nordwestrand von Petersberg erreichte, meldete die vorgesandte Patrouille, dass der Ort, vorallem der südliche Teil, von starker Infanterie und Kavallerie besetzt sei. Eine Batterie des Feld–Art.–Regts. 39 fuhr am Dorfein-gang auf und feuerte. Ihr Feuer wurde von der feindlichen Artillerie östlich des Dorfes sofort erwidert. Der Infanterie gelang es, durch das Dorf hindurch den Ostausgang und die südlich gelegenen Höhen zu nehmen und gegen feindliche Angriffe so lange zu halten, bis die arg bedrängte Artillerie ihre gefährliche Stellung wechseln konnte. Das umsichtige und unerschrockene Verhalten des Offizier–Stellvertreters Kudolko trug besonders dazu bei, das der Stellungswechsel glücklich durchgeführt wurde. Dann mußte jedoch die Infanterie ihre exponierte Stellung am Ostausgang von Pertersberg aufgeben. Das Batl. grub sich bei der Ortsmühle ein, wurde aber auf höheren Befehl noch in der gleichen Nacht an den Weidenbach zurückgenommen. Inzwischen war die 187, Inf.–Brigade zum Angriff auf Kron-stadt vorgegangen. In hartem Kampf war sie teilweise in die Stadt eingedrungen. Besonders um die Eisenbahnanlage tobte ein wütender Kampf, der sich unter dauernden rumänischen Gegenabgriffen durch die ganze Nacht hinzog. Die rechts anschließende ungarische 51. Inf.–Truppen–Div. stellte sich zum Angriff für den nächsten Morgen bereit. Vor der Front der Abteilung von Weitershausen blieb es diese Nacht bis auf eine rege Patrouillentätigkeit völlig ruhig, doch blieb die Lage hier unklar. Die nördlich Brenndorf (Botfalu) in der Gegend von Arapatak befindlichen Truppen von General v. Morgen standen bereit, um den von Spaszhermany (Honigberg) über Petersberg in die Flanke und den Rücken der vor Kronstadt fechtenden Truppen erwarteten feindlichen Stoß abzuschwächen oder diesen Vorstoß ihrerseits zu flankieren. Es war klar, dass der Feind zur Entlastung seiner bei Kronstadt bedrängten 2. Armee sicher aus nordöstlicher Richtung angreifen würde. Wie richtig diese Befürchtung war, zeigte sich am nächsten Morgen. Als am 8. 10. früh der Nebel wich, sah man dichte Schützenli-nien vom Dorfrand vorgehen. Infanterie–Kolonnen mit Offizieren hoch zu Roß traten an den verschiedenen Ausgängen aus dem Dorf heraus. Wohlgezieltes Artilleriefeuer empfing sie und zerstreute die Kolonnen schnell. Doch glückte es den Schützenlinien, freilich unter sichtbaren Verlusten, sich vorzu-arbeiten, bis sie in den Geschoßhagel der M.G. und Infanterie liegen blieben. Nur in den hohen, dichten Maisfeldern vor der 11. Komp. und über deren linken Flügel hinaus kamen sie mit ihren Maschinengewehren bis auf 160 Meter heran. Eine Kompanie mußte gegen den umfassenden Gegner eingesetzt werden. Doch gegen ½ 12 Uhr wich der Gegner zurück bis auf einige Abteilungen, die sich in den Maisfeldern hielten und jedem Versuch, sie auszuheben, mit Erfolg trotzten. Ein Angriff des I./189, der in südöstlicher Richtung mit großem Schneid vorgetragen wurde, kam im Feuer überlegener Kräfte nach kurzem Erfolg zum Weichen. Der Gegner zog eben noch nicht ab, nur den Angriff schien er aufgegeben zu haben. Im Süden standen einige Bataillone der Division noch immer im erbitterten Kampf um die ersten Stadtteile von Kronstadt. Ungemein heftige feindliche Angriffe in ihre östliche Flanke, waren dadurch wirkungslos, weil Oberst Gündell rechtzeitig einige Bataillone vom Feind losgelöst und dem neuen Gegner entgegen gestellt hatte. Jetzt folgte eine regelrechte Gefechtspause. Gegen 3 Uhr nachm. dröhnte von Nordosten heftiges Geschütz– und später auch Infanteriefeuer herüber. Die Truppen des Generals v. Morgen waren südöstlich Brenndorf (Botfalu) im Vorgehen. Die Krisis war überwunden. Über den Varhegy (704) und den Breiten Berg sah man rumänische Abteilun-gen im Feuer der dertschen Artillerie nach Osten abziehen. Vor der Front der Abteilung v. Weitershausen wurde die Veränderung der Lage dadurch bemerkt, dass der sicher weit überlegene Feind keine Angriffe mehr unternahm. So konnten im Süden die Bataillone, die den Flankenschutz sicherten, wieder gegen die Stadt eingesetzt werden. Dadurch wurden nach am gleichen Abend wesentliche Fortschritte erzielt. Gleichzeitig gelang es den Ungarn, sich in den Besitz der westlichen, die Stadt überragenden Hohen Warte zu setzten. Damit war der rumänische Widerstand in der Hauptsache ge-brochen. Im Feuer der Maschinengewehre räumte er in der Nacht in wilder Flucht die Stadt. Ganz fertig verladene Züge mit Artillerie, Munition und Verpflegung, und wahre Berge von Beutestücken, die in Siebenbürgen zusammen geraubt waren, mußte der Feind zurück lassen. Durch das Scherenfernrohr konnte man die seltsamsten Szenen beobachten. So stand ein fertig beladener Truppentransportzug zur Einfahrt in den Tömöser–Paß bereit, als plötzlich eine Gruppe von Offizieren, anscheinend ein Stab, sich auf den Tender der Lokomotive schwang, Ein Pfiff und Lokomotive mit Tender dampfte ab nach Rumänien, den Zug mit der Truppe ihrem Schicksal überlassend.

Manch fröhliche Erinnerung knüpfte ich an die Beute. Ehe die Division ihre ordnende und verteilende Hand auf die Vorräte legte, griff natürlich jeder Truppenteil zu. Berge von Tabak, Zigarren und Ziga-retten verschwanden in den Panjewagen und Feldküchen. Sie haben später in den Bergen der Truppe über manche schwere Stunde hinweg geholfen. 

In der Frühe des 9. Oktobers traf das III:Batl. bei der Infanterie–Kaserne vor Kronstadt ein. Hier war bereits das I. Batl. das am Tage vorher nach den Strapazen des Geisterwaldmarsches über Heldsdorf (Hölteveny) bis zur Zuckerfabrik Brenndorf (Botfalu) als linke Seitendeckung vorgezogen war. Ohne selbst eingreifen zu müssen, hatte es, oft selbst im Artilleriefeuer liegend, alle Phasen des Kampfes miterlebt. Auch nachmittags bildete es die Div.–Reserve und erst gegen Abend wurde es an Kronstadt herangezogen, um eingesetzt zu werden. Im letzten Augenblick durfte es aber dann doch in Kupfer-hammer nördlich Kronstadt biwakieren.

Die vereinigten Bataillone sollten nun nach eiliger Verpflegung die Verfolgung des Gegners gegen das Gebirge aufnehmen. Der Einzug in Kronstadt wird jedem mit den tausend verschiedenen Eindrücken unvergessen sein. Am Eingang der Stadt, am Bahndamm, Mann neben Mann, zwei tote rümänische Kompanien. Einem Leutnant der 189er war es hier gelungen , mit einer Maschinengewehrgruppe in die Flanke des Rumänen vorzustoßen und so die Lücke zum Einbruch zu schaffen. Daneben standen Greise, Erwachsene und Kinder und rohten mit geballten Fäusten noch den Toten. Bis zur Verzweif-lung waren sie von diesen gequält und gemartert worden, besonders in der Zeit der letzten Kämpfe. Andere weinten aus grenzenloser Freude über den Schicksalswandel und ihre Befreiung. Blumen wurden den Soldaten an Helm und Waffenrock gesteckt und ihr letztes an Obst und Eßwaren stopften Mütter und Mädchen den Söhnen ihrer fernen deutschen Heimat in die Taschen. Die helle Herbstsonne lachte vom Himmel herab und von den rings umgebenden Höhen grüßte der bunte Herbstwald die friedliche Stadt. Von allen Türmen läuteten die Glocken Sieg und Befreiung.

Doch zur Ruhe und Siegesfeier war keine Zeit. Es galt, den Feind über die Pässe mit Nachdruck zu verfolgen. Die 76. Res. Div. wurde gegen den Törzburger Paß, die 51 Honved–Inf.–Trup.–Div. gegen den Tömöser Paß, die 187, I. D. gegen den Altschanz– und die 89. Inf. Div. gegen den Padza–Paß angesetzt. Nach kurzer Rast wurde deswegen auf Dirste (Derestye) zu angetreten, das I. Batl. in Schützenlinie, das III. Batl. geschlossen dahinter. Widerstand fand nicht statt. Versprengte Feinde wurden eingebracht. Feindliche Schrapnells platzten wirkungslos über den Köpfen. Die Brauerei wurde vom Feind in Brand geschossen. Am Spätnachmittag wurde dann auf Divisionsbefehl in Türkesdorf (Türkös) Ortsbiwak bezogen, weil die Spitzen bei Langendorf (Hoßzufalu) auf feindlichen Widerstand gestoßen waren und zum Angriff die Artillerie zuvor in Stellung fahren mußte. In der Frühe des folgenden 10. 10. wurden die beiden Bataillone nach Langendorf, 


 
Am Bahnhof Kronstadt
Einzug des I./187 in Kronstadt

 
am späten Nachmittag in den Altschanzpaß vorgezogen, wo die Vorhut erneut auf zähen feindlichen Widerstand stieß. Am Morgen des 11. 10. wurden einzelne Kompanien, schließlich das ganze III. Batl. mit der 2. M.G.K., zur Umgehung des Gegeners über die Höhen rechts der Straße angesetzt. Nach anfänglicher Stellung auf dem Egoldal (1065) zog das Bataillon durch die kahle, felsige Gebirgslandschaft über den Csuklon (1267) und Reneze (1379) vorwärts, ohne Widerstand zu finden. Da der Gegner sich im Tal fluchtartig zurück zog, kletterte das Batl. wieder auf die Paßstraße hinab und folgte der 1. und 2. Komp. des I. Batl., die auf der Paßstraße gegen den Grenzkamm vorgingen. Gegen 9 Uhr abends stand diese Abteilung kurz vor dem Grenzkamm. Da jedoch ein Nachtangriff nicht ratsam war, auch die Lage auf den Höhen östlich des Passes nicht geklärt war, wurden die Kompanien ins Tal zum Biwak zurück gezogen.

Östlich der Straße war mittags der Pala (1091) noch von Rumänen besetzt. Mit dem Auftrag, diese Höhe zu besetzen und dann als linke Seitenkolonne gegen die Grenze vorzugehen, wurde eine Abteilung, gebildet aus der 2. und 4. Komp. und einem Zug M.G. unter Führung von Leutnant Neumann I, entsandt. Diese nahm den Pala nach kurzem Artilleriebeschuß und machte 19 Gefangene. Kleine rumänische Abteilungen und Patrouillen vor sich hertreibend, während der kalten und stürmischen Nacht nur kurz rastend, gelang diese Abteilung am Morgen des 12. 10. zum Mt. Sloier (1595) und um 8 Uhr stand ihre Spitze als erste an den Grenzsteinen. Einige Stunden später stießen auch die 1. und 3. Komp. zu ihr. Im Schanzpaß leistete der Gegner mit Infanterie und kleinen Infanteriegeschützen noch Widerstand. Nach kurzer Artillerievorbereitung nahm das I., Batl. den Granzkamm von Osten her. 

Auf höheren Befehl wurde hier gehalten. Posten und Patrouillen wurden vorgeschickt und die Granez zur Verteidigung eingerichtet. Die erste große Aufgabe war erfüllt, der Rümäne in sein Land zurück geworfen. Es folgen ein paar Tage des Aufatmens nach dem rastlosen Vormarsch der letzten Zeit. Man baute die Stellung aus, lag ums Wachfeuer und ließ sich noch einmal von der Herbstsonne be-scheinen. Aber nicht lange, da lag, als man eines morgens aus dem Zelt kroch, der erste Schnee. Der transsylvanische Winter begann.

Fünf Tage (bis 18. 10.) vergingen hier, während im Tömoser Paß bei Predeal um jede fußbreite Boden gerungen wurde.


 
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