Musketier Karl Grumbach

* 19.12.1892
+ 6.8.1914

gefallen in der 9.Kompagnie des
2.Kurhessischen Infanterie-Regiments Nr.82
beim Angriff auf die Festung Lüttich


 
Als im Mai 1914 der Musketier Karl Grumbach mit der 9.Kompagnie des Infanterie-Regiments Nr.82 aus Kassel auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf in Thüringen ausgebildet wird, da denkt noch keiner der jungen Soldaten, daß sie die Handgriffe, die sie gerade lernen, in wenigen Wochen schon unter Kriegsbedingungen brauchen würden. Noch herrscht beim Abkochen eine muntere Stimmung, und das folgende Bild zeigt ihn im Drillichanzug bei einer der zu allen Zeiten beliebtesten Tätigkeiten der Soldaten, dem Vorbereiten des Essens.

 
Karl Grumbach im Mai 1914
auf dem Truppenübungsplatz
Ohrdruf in Thüringen

 
Wenige Wochen später, das Regiment ist wieder in seiner Garnison Kassel eingerückt, verdunkeln sich die Wolken an Europas Himmel. Und als sich der Juli seinem Ende zuneigt, da wird vielen klar, daß man einem Krieg wohl kaum noch ausweichen kann. Als am 31.Juli in den frühen Nachmittagsstunden die Weisung "Drohende Kriegsgefahr" bei den Truppen einläuft, weiß aber noch keiner so recht, was eigentlich genau passieren wird. 

Doch bei 13 Infanterie-Regimentern und einer kleinen Anzahl von Kampfunterstützungstruppen herrscht plötzlich höchste Spannung. Ihre Mobilmachungsbestimmung fordert schnellste Marschbereitschaft. Es sind Truppen aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands. Männer aus dem Rheinland und Westfalen, aus der Provinz Sachsen, Grenadiere aus Mecklenburg, Musketiere und Füsiliere aus Niedersachsen, Oldenburg und Ostfriesland in Hannoverschen Regimentern, und auch Hessen aus den Garnisonen Kassel und Göttingen rüsten fieberhaft.

Dann wird für den 2.August die Mobilmachung bekanntgegeben. Jetzt wird es ernst, und diese Truppen sollen nun eine besondere Aufgabe erhalten. Erstaunt wird mancher festgestellt haben, daß ja gar nicht das Einrücken der Reservisten abgewartet wird. In großer Eile, aber doch mit der nötigen Umsicht, wird die Feldmarschmäßigkeit hergestellt. Auch in Kassel verpackt Karl Grumbach seine privaten Sachen und empfängt Erkennungsmarke, Verbandpäckchen und die eisernen Essenrationen. Die Seitengewehre werden geschliffen und scharfe Munition wird ausgegeben.
Bei den Stäben treffen Fahrtlisten für die Eisenbahntransporte ein. Aber die meisten rätseln immer noch - geht es nach Westen oder nach Osten?
Noch einmal rufen die Kommandeure ihre Truppen zusammen, ein letzter Apell. Dann, in der Nacht zum 3.August, fahren auch die 82er aus Kassel ab - gen Westen!
Am nächsten Morgen treffen die Transporte nach und nach im Raum Aachen ein. Es wird biwakiert, und die Führer werden zu Besprechungen gerufen. Dann, um die Mittagszeit, wird es bekannt, es geht gegen Belgien! Die starke Festung Lüttich, die den Vormarsch des deutschen Westheeres hemmt, gilt es zu nehmen. Die 43.Brigade, zur der die kurhessischen Regimenter 82 und 83 gehören, trifft ein hartes Los - sie haben den weitesten Anmarschweg. Südlich um Lüttich herum bilden sie die linke Stoßtruppe, verstärkt werden sie durch die Hannoveraner der 38.Brigade. Über Spa und Theux führt der Weg, bergisch und teilweise mit dichtem Wald bewachsen ist das Gelände. Am 4.August morgens wird angetreten.

Nach anfänglichem Nebel brennt nun die Sonne heiß herunter. Den ganzen Tag über geht es vorwärts. Schließlich, gegen 17 Uhr abends, wird bei Louveigne biwakiert. Zwischen 33 und 40 Kilometern war die Truppe marschiert. Jeder war froh, etwas Ruhe zu bekommen. Am 5.August um 2 Uhr morgens wird wieder alarmiert. Um 3.15 Uhr beginnt der Weitermarsch. Nur von kurzen Rasten unterbrochen erreichen Hessen und Hannoveraner schließlich gegen 15 Uhr nachmittags Frauture und Comblain au Pont.

An diesem Abend sind alle Brigaden soweit herangekommen, daß sie die schwere Aufgabe, die vor ihnen liegt, in Angriff nehmen können. Aber die Truppen sind schon jetzt zum Teil stark überanstrengt. Und dunkel und unheimlich liegen die Wälder vor ihnen.


 
Der Vormarschweg (gestrichelte Linien) der 43.Infanteriebrigade südlich von Lüttich mit den Regimentern 82 und 83.

In dem dichten Waldgelände zwischen dem Fort Boncelles und Ougree an der Maas fällt wenige Stunden nach Mitternacht am 6.August 1914 der Musketier Karl Grumbach in der 9.Kompagnie des 2.Kurhessischen Infanterie-Regiments Nr.82.


 
Um 19 Uhr am 5.August treten die Hannoveraner an, ihnen folgen die Hessen. Die Dunkelheit der Waldnacht wird noch dadurch vertieft, daß wolkenbruchartige Regengüsse niedergehen. So wird es schwierig, überhaupt den richtigen Weg zu finden.
Da passiert es: Zwei Kompagnien Hannoveranischer 74er sind zur Beobachtung des Forts de Boncelles abgezweigt, versehentlich folgt ihnen die Masse der Brigade. Erst nach geraumer Zeit wird der Irrtum bemerkt und Kehrt gemacht. Zum Glück war der Abstand zu den Hessen groß genug, sie geraten nicht in diese Verwirrung. Aber zu allem Unglück ist noch eine Abteilung Feldartillerie mit ihren Kanonen in den schmalen Waldweg gefolgt. General v.Hülsen, der Führer dieser beiden Brigaden, reitet nach vorne, um persönlich die Dinge zu ordnen. Es ist Mitternacht, da wird plötzlich von der Seite her in die verwirrte Kolonne geschossen.
Die Mannschaften werden unruhig, und trotz des Verbots werden die Gewehre geladen, einzelne Schüße fallen schon aus der Kolonne der Deutschen. Sofort schart General v.Hülsen die nächststehenden Männer um sich und dringt in die Feindlinie ein. Hier erhält er einen schweren Bajonettstich, so daß er schwer verwundet liegen bleibt. Nun plötzlich entbrennt der Kampf an mehreren Stellen gleichzeit. Sechs belgische Feldwerke beginnen zu feuern. Jetzt schwärmen auch die rückwärtigen Kompagnien der Hessen aus, aber dadurch wird auch die Vermischung der Verbände immer größer, jede Leitung des Gefechts hört auf. In finsterer Nacht verwickeln sich auf dem etwa 4 Kilometer breiten Raum zwischen Ourthe und Fort de Boncelles der größte Teil der beiden Infanterie-Brigaden, Hessen und Hannoveraner geraten völlig durcheinander. Während vorne die Regimenter 73 und 74 auf heftiges Feuer gestoßen sind, drängen von hinten die Hessen - um ihre Kameraden zu unterstützen - nach vorne. Ein wildes, teilweise unkontrolliertes Schießen ist im Gange. 

Während die ersten Verluste eintreten, versuchen die Führer fieberhaft, ihre Truppen wieder zu ordnen. Die Musketiere des Regiments 82 kämpfen auf der rechten Flanke. Ihnen gelingt es unter schweren Verlusten, bis nahe an den Ort Ougree heranzukommen, aber sie schaffen es nicht, den Ort einzunehmen. Bei diesen Kämpfen in den Morgenstunden des 6.August fällt auch der Musketier Karl Grumbach in der 9.Kompagnie.
Der Widerstand der Belgier wird nun immer stärker. Oberst v.Oertzen, der die Führung über die beiden Brigaden nach der Verwundung des Generals v.Hülsen übernommen hat, erkennt, daß in diesem wilden Durcheinander der Kampf nicht erfolgreich durchgeführt werden kann. Er befiehlt den Rückzug. Aber es dauert viele Stunden, bis der Befehl alle erreicht hat.
Gar mancher bleibt zurück, auch der schwer verwundete General v.Hülsen fällt in Feindeshand, überlebt aber in einem belgischen Lazarett.
Bei den 82ern können einige Verwundete und Gefallenen geborgen werden. Treue Kameradenhände haben den Leichnam von Karl Grumbach nach hinten getragen. Er wird dort mit anderen zusammen im freien Felde in einem Soldatengrab beigesetzt.


 
Der Soldatenfriedhof in Vladslo (Belgien),
die letzte Ruhestätte des Musketier Karl Grumbach

 
Dieses Grab überdauert den Krieg! Und als in den zwanziger Jahren dann die kleinen Gräber, die sich überall im ehemaligen Kampfgebiet befinden, aufgelöst werden, da wird auch der Leichnam von Karl Grumbach überführt. So schläft er heute den ewigen Schlaf auf dem Soldatenfriedhof in Vladslo (Belgien) Block 9 Grab 2188, inmitten vieler Kameraden aus dem Kreise Wetzlar, die dort ebenfalls ruhen.

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