Gefreiter Ludwig Dokter

* 12.12.1886
+ 8.2.1918

gestorben um 8.45 Uhr nachmittags
im Reserve-Feld-Lazarett 64 in Dizy le Gros
an seinem am gleichen Tag in der 10.Kompagnie 
des Reserve-Infanterie-Regiments Nr.32
während der Stellungskämpfe bei Juvincourt
erhaltenen schweren Bauchschuß


 
Kurz vor seinem 19.Geburtstag, im November 1915, rückte auch Ludwig Dokter aus Naunheim - wie viele seiner Kameraden schon vorher - aus in's Feld. Auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruff in Thüringen hatte er seine Ausbildung absolviert, und nun war er der 10.Kompagnie des Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 32 zugeteilt worden. Dieses Regiment bestand überwiegend aus Männern aus den Fürstentümern Reuß, also "waschechte" Thüringer, bei denen sich die wenigen Hessen, die dorthin eingezogen wurden, bestimmt wohl gefühlt haben.

Für die Familie Dokter war es nicht das erste Familienmitglied, daß in diesem Kriege den "feldgrauen Rock" anzog. Schon der Vater Ludwig Dokter stand als Landsturmmann im Dienste des Vaterlandes, nun sollte auch der Sohn folgen. Für Mutter und Geschwister wurden die Sorgen und Ängste dadurch wahrlich nicht geringer.


 
Ein Soldaten-Familienfoto aus dem Jahre 1916:
Ludwig Dokter Sohn (20 Jahre) und Ludwig Dokter Vater (45 Jahre),
beide stehend in Uniform, sitzend die Mutter Elisabethe (41 Jahre) sowie
die Geschwister Elisabeth (18 Jahre), Karl (12 Jahre) und Anna (5 Jahre)

 
Gegen Ende des Jahres 1915 lag das Regiment in Lothringen im Bereich der strategisch wichtigen Combres-Höhe. Doch schon Mitte Dezember wurde es abgelöst und kam in Ruhequartiere in den Bereich der Festung Metz, die 10.Kompagnie in der Ort Masch. Man lag hier dicht hinter der Grenze auf deutschem Boden. Ausbildung und leichter Dienst folgten, denn die Truppe hatte harte Zeiten hinter sich, und der neue Ersatz mußte sich an die alten "Haudegen" noch gewöhnen. Und schließlich kam dann noch die Vorfreude auf Weihnachten dazu. Das Regiment hatte das große Glück, dieses Fest in gewohnter Weise fernab der Front feiern zu können, mit Liebesgaben aus der Heimat reich bedacht.

Im neuen Jahr ging die Ausbildung weiter, nur am 27.Januar unterbrochen durch die Feiern zum Geburtstag des Deutschen Kaisers Wilhelm II.

Am 23.Febraur trafen die ersten Nachrichten über den zuerst erfolgreichen deutschen Angriff bei Verdun ein. So steigerte sich die Spannung und die Ungewißheit, denn alle waren sich im Klaren darüber, daß nun die Ruhezeit bald ein Ende haben mußte. Wo wird es hingehen?

Am 28. kam dann der Befehl "Marschbereitschaft herstellen". Die 113.Infanterie-Division, zu der das Regiment gehörte, wurde an die Verdunfront verlegt. Schon am 29. rollte auch die 10.Kompagnie vom Bahnhof Wappingen aus ab.

Die Fahrt war nicht all zu weit, schon in Landres wurde wieder ausgeladen. Die Truppe lag nun nordöstlich des gewaltigen Kampfgeländes und bezog noch einmal Unterkunft. Am 2.März begann der Anmarsch, vom Wetter nicht begünstigt. Über diese Situation schreibt die Regimentsgeschichte:

" Der Winter hatte verspätet nochmals seinen Einzug gehalten. Während die ersten Tage des Angriffs vom Wetter begünstigt waren, wechselten jetzt Sonnenschein mit Regen und Schneefällen ab. In der Nacht fiel die Temperatur erheblich unter den Gefrierpunkt, und ein eisiger Wind, wie er kaum einmal während des Winters zu spüren war, pfiff über die Maashöhen."

Schließlich wurde am 3.März die befohlene Stellung erreicht, genannt "Cap-Stellung". Trotz eisiger Kälter und gefrorenem Boden mußten die Kompagnien zum großen Teil hinter der Stellung biwakieren. Weder Holzwolle noch Stroh war vorhanden. Die Verhältnisse wurden so schlimm, daß die Männer auf den Schlaf verzichteten. Jeder versuchte, sich mit Bewungung warm zu halten, und alles atmete auf, als man am nächsten morgen zum Arbeitsdienst abrückte. Wege mußten ausgebaut werden, und auch die Unterstände bedurften dringend einer Verbesserung.

Am 6.März wurden die Truppen weiter vorgezogen. Das III.Bataillon, zu der die 10.Kompagnie gehörte, kam in den Fosses-Wald. Auch hier war zuerst wieder Arbeitsdienst befohlen, der aber schon erheblich durch französisches Artilleriefeuer gestört wurde. Dennoch, das Regiment blieb vorläufig noch Divisionsreserve.

In der Nacht vom 9. auf den 10. März wurde dann zuerst das III.Bataillon weiter vorgezogen. Nun traten auch die ersten Verluste ein. Dennoch erreichte die Masse der Männer wohlbehalten die Chauffour-Schlucht. Nun sollte in der vordersten Stellung abgelöst werden. Die Anmarschwege wurden erkundet, Verbindung aufgenommen, und in der Nacht wechselte dann unbemerkt vom Gegner die Truppe, beim III.Bataillon kamen zuerst 9. und 10.Kompagnie in Stellung. Diese lag unmittelbar südwestlich des Forts Douaumont, welches deutsche Truppen Tage vorher erstürmt hatten.

 
Luftbild des Forts Douaumont bei Verdun

 
Die Entfernung zu den feindlichen Stellungsgräben war sehr unterschiedlich. An manchen Stellen betrug sie 80 m, aber auch nur 8-10 m lagen sich die Gegner gegenüber. 
Groß waren die Verpflegungsschwierigkeiten. Warmes Essen gab es gar nicht, nur mit Brot und Konserven mußten sich die Männer ernähren. Glück hatte man, wenn die Trägertrupps in der Nacht etwas Kaffee nach vorne bringen konnten. Was das Wasser betrifft, so schreibt die Regimentsgeschichte:

"Wasser lieferte eine kleine Quelle beim Douaumont, wo so mancher Kamerad als Wasserholer den Tod gefunden hat."

Dieser Stellungskampf forderte schwere Verluste. Tag und Nacht dröhnte die Artillerie auf beiden Seiten, Ruhe trat niemals ein. So hatte das Regiment in der Zeit vom 11. bis 24. März allein 76 Tote und 376 Verwundete zu beklagen.
Am 17.März wurde das III.Bataillon vorne abgelöst und kam wieder in Reserve in den Fosses-Wald. Ludwig Dokter hatte seine ersten schweren Gefechtstage überstanden! Aber schon am 21.März ging es wieder in Stellung.


 
Die Reste des Fosses-Waldes bei Verdun

 
In einem Rythmus von 4 bis 5 Tagen wechselten sich nun die drei Bataillone ab: eines in vorderster Stellung, eines in Bereitschaft, und das dritte lag in Ruhe, soweit man unter diesen Umständen von "Ruhe" sprechen konnte. Dabei hatten die Truppen oft auf dem Marsch nach vorne oder hinter höhere Verluste als in der Stellung selbst.

Um den Monatswechsel besserte sich das Wetter etwas. Kleinere örtliche Angriffe, die die Stellung verbessern sollten, wurden durchgeführt. Sie hatten aber keinen Erfolg. Lediglich am 2.April gelang es, den Gegner zu überrumpeln und einen feindlichen Graben zu stürmen. 3 MG und etwa 100 französische Gefangene waren die Beute der 32er. Dabei hatte sich u.a. auch die 10.Kompagnie besonders ausgezeichnet. Sie wehrte tapfer alle feindlichen Gegenangriffe ab und erhöhte noch die Zahl der Gefangenen. Noch bis zum 6. blieb das III.Bataillon in Stellung, endlich, in der Nacht zum 7.April, wurde es abgelöst. Und in der Nacht vom 10. auf den 11.April wurde schließlich das ganze Regiment aus der vorderen Kapmfront herausgelöst. Wieder in der Cap-Stellung angekommen, war man endlicher dieser "Artillerie-Hölle" entronnen.

In kleineren Tagesmärschen ging es bis in die Nähe der belgischen Grenze. Dann wurde Verladen, und es ging nach Norden, in den Raum um Laon, wo ausgeladen und Ortsunterkunft bezogen wurde. Die 10.Kompagnie kam nach Fressancourt.

Die ersten Tage dienten nur der Ruhe und der Körperpflege. Erst am 17.April begann wieder die Ausbildung. Am 20.April wurde die Urlaubssperre aufgehoben, und wahrscheinlich konnte auch Ludwig Dokter nach Hause fahren. Es ist naheliegend, daß das o.a. Familienbild in dieser Zeit entstanden ist.

Von Mai bis September 1916 lag das Regiment dann bei Ourscamp an der Oise in relativ ruhiger Stellung. Langsam kam die Truppe wieder zu Kräften, und auch die Ausrüstung wurde verbessert. So kamen im Sommer u.a. auch die ersten Stahlhelme bei den Reserve-32ern zum Einsatz. Aber im Herbst wurde es wieder ernst. Weiter nördlich tobte seit Juli die Somme-Schlacht, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann auch dieses Regiment, nun wiede voll einsatzbereit, dorthin verschoben werden würde.


 
Feldgottestdienst der Reserve-32er bei Ourscamp

 
Am 26.September 1916 war es dann soweit! Nach kurzer Zugfahrt wurde in Cambrai ausgeladen und Ortsunterkunft bezogen. Zuerst noch als Reserve eingesetzt, waren die nächsten Tage hauptsächlich mit Schanzarbeiten ausgefüllt. Anfang Oktober kamen die Truppen dann wieder in vorderste Linie. Das III.Batailon löste am 8.Oktober erschöpfte Truppen am Westrand des St.Pierre-Vaast-Waldes bei Rancourt ab. Glücklich wird der Weg in die Stellung ohne Verluste vollzogen, die 10.Kompagnie mit Ludwig Dokter liegt im Mittelabschnitt der Stellung, die 12. links, die 9. rechts, und die 11. als Reserve des Bataillons etwas weiter zurück. 

Der Bataillonskommandeur Hauptmann Schmidt berichtet in der Regimentsgeschichte über den Zustand der Stellung:

"Die ganze Stellung besteht nur aus Granattrichtern, die man durch Gräben zu verbinden versucht hat. Die wenigen Unterstände sind stark zerschossen und bieten kaum irgendwelchen Schutz. Man kann die ganze Stellung wohl als eine der schwierigsten der ganzen Sommefront bezeichnen. - Die Lage vorne ist ungeklärt."

Am 9. beginnt starkes feindliches Artilleriefeuer, die notdürftig hergerichteten Gräben werden zum Teil wieder eingeebnet. Hohe Verluste treten ein, viele werden verschüttet. Verzweifelt versuchen die Kameraden, sie wieder auszugraben. Für manchen kommt die Rettung jedoch zu spät. Auch bei der 10.Kompagnie sind die Verluste nicht gering, u.a. sind zwei MG durch Volltreffer vernichtet. Der am nächsten Tag erfolgte feindliche Infanterieangriff kann aber noch abgewiesen werden. In der Nacht zum 13. werden 12. und 10.Kompagnie, die am meisten gelitten haben, abgelöst und kommen kurzzeitig in Reserve, werden aber wenige Stunden später schon wieder vorne gebraucht. 

Grund dafür ist, daß am 13. ein deutscher Angriff stattfinden soll. Das III.Bataillon hat die Aufgabe, im Falle eines Mißlingen dafür zu Sorgen, daß bei einem feindlichen Gegenstoß es nicht zum Durchbrechen der eigenen Stellung kommt.
Um 4.30 Uhr morgens beginnt der Angriff, der schon bald auf starken Widerstand stößt. Einige Gruppen der Sturmkolonnen drohen eingekesselt zu werden. Die Gefahr erkennen eilen ungeachtet der feindlichen Granaten Teile der 10.Kompagnie über das freie Gelände zu Hilfe und können im letztend Moment rettend eingreifen. Im erbitterten Nahkampf wird schließlich der Feind niedergerungen, um 10.30 Uhr verkünden Leuchtkugeln das Einnehmen der feindlichen Stellung. Alle Gegenangriffe der Franzosen werden abgewiesen.
Völlig erschöpft wird das III.Bataillon in der Nacht zum 15. aus der Stellung herausgelöst und in Ruhe gelegt. Am 17. Oktober erreicht es nach Fußmärschen St.Benin und bezieht hier Ortsunterkunft.

Wenige Tage später verlegt es mit der Bahn nach Conflans in die Woevre-Ebene. Hier treffen nach und nach auch die anderen Bataillone ein, das Regiment ist wieder versammelt. Bei Manheulles werden bayerische Truppen abgelöst, die 32er haben jetzt wieder einen ruhigen Abschnitt übernommen.
Nun beginnt wieder eine Zeit der Ruhe und Ausbildung. Langsam muß die Kampfkraft der Regiments wieder hergestellt werden. Zwei große schwere Schlachten - Verdun und Somme - haben die Männer mirgemacht. Neuer Ersatz, der eingetroffen ist, muß eingearbeitet werden. Ludwig Dokter gehört jetzt schon zu den "alten Hasen".

Wieder treffen, trotz der großen Not in der Heimat, zu Weihnachten reichlich Liebsgaben ein. Kaum ist das neue Jahr 1917 angebrochen, da kommt auch schon der Verlegungsbefehl. Ab dem 8.Januar rollen die Züge, und viele glauben, es geht nach Tirol gegen Italien. Dann aber stellte sich heraus: die Südfront - das Elsaß - war das Ziel.

Das Regiment kam in Stellung bei Nieder- und Oberburnhaupt, zwei stattliche Dörfer, die noch fast unversehrt waren. Zwei Bataillone lagen vorne, eins in Ruhe. Es herrschte fast noch "tiefster Frieden", die Bevölkerung war noch da und ging ihrer Beschäftigung nach. Die Felder waren bestellt, und die Wege in gutem Zustand.

Trotz der Ruhe wurde weiter an der Verbesserung der Gräben gearbeitet, und Patrouillen durchstrichen nachts den Bereich zwischen den Stellungen. Die höheren Stäbe waren nervös, denn ein feindlicher Angriff wurde vermutet. Aber es blieb ruhig. So kam für alle völlig überraschend am 18. April ein neuer Ablösungsbefehl.

Mit der Bahn ging es nach La Ferte, und allen war klar, daß die große Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne das Regiment gerufen hatte! Eile war angesagt, denn schließlich ging es darum, den strategisch wichtigen Höhenzug Chemin des Dames östlich Reims zu halten.


 
Das Kampfgelände um den Chemin des Dames im Jahre 1917

 
Am 21.April wurde auch das III.Bataillon ausgeladen und bezog Ortsunterkunft in Verneuil-sur-Serre. Die Quartiere waren schlecht, hauptsächlich Scheunen waren noch vorhanden. Am 23. marschierten die Truppen nach Chivy und lagerten dort in einem Biwak. Doch schon am 25. übernahm das III.Bataillon eine Stellung bei Lierval. In der kampftätigkeit war eine Pause eingetreten. dadurch wurden die Stellungsabschnittte immer wieder leicht verändert. Die Truppen wurden dadurch permanent verschoben, fieberhafte Hektik herrschte. 

Am 5.Mai lag das Regiment nun bei Courtecon, als ein gewaltiger französischer Angriff losbrach. Ganz unverhofft traf er die Deutschen jedoch nicht: französische Überläufer hatten vorher Teile des Angriffplans verraten. Und auch das Artilleriefeuer des Feindes war schon seit Tagen zu einem mächtigen Dröhnen angeschwollen.

Am 4.Mai waren die Gräben zum großten Teil zerstört, wie durch ein Wunder jedoch die Stollen, in denen die Männer den Angriff erwarteten, erhalten. Die Regimentsgeschichte beschreibt die Situation wie folgt:

"Am 5.Mai stand der ganze breite Ailette-Grund unter Gas, Rauch und Qualm, so daß man kaum 20 Meter weit sehen konnte. Doch auch die rückwärtigen Dörfer, in denen der Franzose Truppen vermutete, sowie die deutschen Artillerie-Stellungen, lagen unter schwerem Feuer."

Um 10.00 Uhr vormittags verlagerte sich urplötzlich das Trommelfeuer nach hinten, der Sturmangriff der französischen Infanterie begann. Überall war alles blitzschnell in einen furchtbaren Nahkampf verwickelt, eingehüllt in Rauch und Staub. So zerriß jegliche geordnete Abwehr. Erst durch einen wütenden Handgranatenkampf brachte die Besatzung der 2.Linie den Vorstoß zum stehen. Örtlich setzten nun deutsche Gegenstöße ein, und langsam kam wieder Ordnung in die Verteidigung. Im Laufe des Nachmittags konnte die Führung erkennen, daß die Stellung der 32er im Großen und Ganzen gehalten worden war. Das Vorfeld war übersät von französischen Leichen, hier hatten die deutschen MG grausame Ernte gehalten. Auch die 10.Kompagnie am rechten Flügel hatte ihre Gräben behaupten können, aber auch sie mußte erhebliche Verluste beklagen. Das Ziel der Franzosen, die wichtigen Höhen des Chemin des Dames zu besetzten, war jedoch von ihnen nicht erreicht worden. Die Kampftätigkeit des Feindes ließ nun erheblich nach, ihre Verluste waren furchtbar gewesen. Am 15. wurde das Regiment dann abgelöst, seine Leistungen erkannten alle Vorgesetzten Stellen an. Eine Vielzahl von Beförderungen und Auszeichnungen wurden durchgeführt. So ist auch anzunehmen, daß Ludwig Dokter hier seine Gefreitenknöpfe bekam und ihm das Eiserne Kreuz 2.Klasse verliehen wurde.

Nach einigen Tagen der Erholung wurde eine Stellung bei St.Gobain bezogen. Bei geringer Gefechtstätigkeit begann hier für das Regiment eine Zeit schweren Arbeitsdienstes: die völlig zerstörte Stellung mußte wieder hergerichtet werden. Schließlich wurde es am 9.August abgelöst und kam nun für 4 Wochen zur Ruhe und Ausbildung in das Lager Sissonne.

Bis zum 9.September dauerte diese schöne Zeit. Gefechtsübungen aller Art, aber auch Sportwettkämpfe fanden statt. Und langsam bekam das Regiment wieder seinen alten Schwung. 

Nachdem der neue Einsatzbefehl eingetroffen war, rückte die Truppe wieder an die Front, unweit der Stellung von Mai 1917. Wieder am Chemin des Dames wurde es nun westlich des Winterberges eingesetzt. Die Gräben waren noch in schlechtem zustand, und der ganze Stellungsverlauf nicht sehr günstig. Daher wurde für Anfang Oktober ein örtlich begrenzter Angriff befohlen, der eine Stellungsverbesserung erreichen sollte.

Am 13.Oktober begann nach Artillerievorbereitung der deutsche Sturm, bei den 32ern das I.Bataillon vorne, dahinter das III. als Eingreifreserve. Mühselig war das Voreilen über das Trichtergelände. Und dennoch, der Einbruch in die feundliche Stellung glückte, und nach kurzem, aber heftigen Kampf konnte nach rückwärts gemeldet werden: "Befohlene Linie erreicht"! 


 
Die 32er in vorderster Linie nach dem Sturmangriff

 
In der Nacht und am nächsten Tage fanden franzosische Gegenstöße statt, sie wurden fast alle abgewiesen. Nur an einer Stelle begann die Situation nochmals kritisch zu werden, da bei den deutschen Truppen Munitionsmangel eintrat. Doch rechtzeitig konnte Verstärkung nachgeführt werden, und das gewonne Gelände blieb in deutscher Hand.

Am 15.Oktober fand nochmals ein Angriff der Franzosen statt, nun besser vorbereit. Kurzzeitig drangen sie in die deutschen Gräben ein, aber wieder wurden sie durch geschickt geführte Gegenstöße der 32er wieder herausgeworfen. Und trotz dieses Mißerfolges ruhte der Gegner nicht, doch alle seine Bemühungen waren vergebens: die 32er waren einfach nicht wieder herauszubekommen.

Die Leistungen wurden von der deutschen Führung so hoch eingeschätzt, daß die Truppe sogar mehrfach im Heeresbericht erwähnt wurde. Dies war zur damaligen Zeit eine ganz besondere Auszeichnung, und jeder in der Heimat war stolz, wenn er einen Angehörigen hatte, der in einem Regiment stand, daß so geehrt wurde.

Bis zum 26.Dezember 1917 verblieb das Regiment noch in dieser Stellung, dann kam es wieder in Ruhe in das Lager Sissonne, um hier den Jahreswechsel zu verbringen. Nochmals sollten Kräfte gesammelt werden, denn nach dem Zusammenbruch Rußlands und dem Eintritt der USA in das Lager der Feinde des Deutschen Reichs mußte die Oberste Heeresleitung nun im Westen die Initiative an sich reißen.

Das Jahr 1918 sollte die Entscheidung des Weltkriges zugunsten Deutschlands bringen. Für den März war der Beginn einer großen Angriffsschlacht geplant. Doch vorher sollten die 32er nochmals in Stellung gehen. Am 22.Januar lösten sie in einer ruhigen Stellung bei Juvincourt ab. Der Feind lag bis zu 400 Meter entfernt, war wenig tätig, aber sehr aufmerksam. Diese Aufmerksamkeit sollte Ludwig Dokter zum Verhängnis werden.

 
Der Raum zwischen Sissonne, Juvincourt (+) und
Dizy-le-Gros (Lazarett) nördlich von Reims

 
Am 8.Februar 1918 morgens geschah dann das Unglück: eine einzelne Kugel traf Ludwig Dokter, der aus allen Schlachten vorher unversehrt zurückgekehrt war. Mit einem schweren Bauchschuß brach er plötzlich in der Stellung zusammen. 

Sofort waren Kameraden und Sanitäter bei ihm und brachten den Schwerverletzten zum Verbandsplatz. Der Regimentsarzt erkannte hier die Außmaße der Verwundung und sorgte umgehend dafür, daß Ludwig Dokter in das nahegelegene Reserve-Feldlazarett 64 nach Dizy le Gros überführt wurde. Doch obwohl unmittelbar Fahrzeuge für den Transport zur Verfügung standen, kam auch hier jede Hilfe zu spät, die Ärzte konnten nichts mehr für ihn tun. Noch am gleichen Tag um 8.45 Uhr abends verstarb er.

Etwa ein Monat verging, bis Anfang März 1918 die Todesnachricht vom Ersatzbataillon in Ohrdruff (Thüringen) in seinem Heimatdorf Naunheim eintraf.


 
Die Todesmitteilung vom Ersatz-Btl des Reserve-Infanterie-Regiments Nr.32 an die Eltern vom 6.März 1918

 
Im für die damalige Zeit typischen Stil - leider sehr bürokratisch mit einem Formblatt - wird dem Vater, der selber als Soldat im Felde stand, der Tod des Sohnes mitgeteilt.

Unmittelbar nachdem die Eltern von Ludwig Dokter die furchtbare Nachricht erfahren haben, ist im Wetzlarer Anzeiger auch die Todesanzeige zu lesen.


 
Die Todesanzeige von Ludwig Dokter im Wetzlarer Anzeiger vom 10.März 1918

 
Ludwig Dokter wurde seinerzeit auf dem Lazarettfriedhof des Reserve-Feldlazaretts Nr.64 in Dizy le Gros beigesetzt. Aber nach dem Kriege, als die großen Soldatenfriedhöfe in Belgien und Frankreich entstanden, wurde er, wie viele andere seiner Kameraden auch, umgebettet. So kommt es, daß er schließlich auf dem deutschen Militärfriedhof von Sissone in Frankreich beigesetzt wurde. 

Dieser schön angelegte Friedhof liegt nicht weit von den Stätten entfernt, wo er im Herbst 1917 die schweren Kämpfe um den Chemin des Dames mitgemacht hatte, und wo er im Februar 1918 schließlich tödlich verwundet wurde.

Und er ist nicht alleine, denn auch andere Soldaten aus Wetzlar und Umgebung liegen hier: Karl Becker aus Wißmar, Philipp Eckhardt aus Hermannstein, August Haibach aus Klein-Altenstädten, Wilhelm Laudt aus Oberkleen, Wilhelm Schäufler aus Biskirchen, Willi Schüler aus Ehringshausen und Konrad Würz aus Aßlar.


 
Der deutsche Soldatenfriedhof bei Sissone in Frankreich -
- die letzte Ruhestätte des Gefreiten Ludwig Dokter

 
So hat nun der Gefreite Ludwig Dokter inmitten seiner alten Kameraden endgültig seine letzte Ruhestätte gefunden, die mit der Bezeichnung "Block 1 Grab 389" heute immer noch existiert. 

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