Landwehrmann Karl Friedrich Cloos

* 22.2.1879
+ 14.7.1915

gefallen in der 7.Kompagnie des
Landwehr-Infanterie-Regiments Nr.83
durch Granatsplitter 
bei Servon am Westrand der Argonnen


 
Es war das Jahr 1899, als der gelernte Maurer Karl Friedrich Cloos - noch von seinem Geburtsort Hohensolms aus - nach Hanau in die Garnison eines noch jungen Regiments einrückte, um seinem Wehrdienst abzuleisten. Erst 1897 war das Infanterie-Regiment Hessen-Homburg Nr.166 im Zuge einer großen Heeresvermehrung neu aufgestellt worden. Später sollten hier noch andere Männer aus den Kreisen Wetzlar und Biedenkopf Dienst tun.

Zwei Jahre betrug damals die gesetztliche Dienstpflicht, und so konnte er schließlich 1901 wieder nach Hohensolms zurückkehren. Die nun folgenden Friedenszeit brachte wohl auch ihm das größte Glück: 1909 heiratete er Justine Schäfer aus Naunheim. Zwei Kinder entsprangen dieser Ehe. 

Inzwischen nach Naunheim umgezogen, erlebte er hier im August 1914 den Ausbruch des 1.Weltkriges. Wie so viele andere Männer eilte auch Karl Friedrich Cloos zu den Fahnen. Inzwischen 35 Jahre alt, rückte er als "gestandener" Landwehrmann in die 7.Kompagnie des neu aufgestellten Landwehr-Infanterie-Regiment Nr.83 ein. Noch ein Naunheimer kam mit ihm in die gleiche Einheit - Jakob Dokter VI., ebenfalls von Beruf Maurer! Beide blieben, wenn auch in verschiedenen Kompagnien, zusammen, und das Schicksal wollte es, daß beide auch zusammen am gleichen Tage fallen sollten.

Das Regiment gehört nun innerhalb der 5.Armee zur 43.Landwehr-Brigade. Oberbefehlshaber dieser Truppen ist der Deutsche Kronprinz. 
In der zweiten Augustwoche versammeln sich die Einheiten im Großraum um Saarbrücken.  Am 13.August trifft auch das Landwehr-Regiment 83 mit der Bahn in Freisdorf ein und bezieht Ortsunterkunft. Hier werden die letzten Vorbereitungen für den Vormarsch getroffen. 
An dem Flüßchen Nied hatten vorsorglich Armierungstruppen eine Stellung ausgehoben, sie soll nun durch die Landwehr besetzt werden.

Am 18.August beginnt der Vormarsch der 5.Armee nach Westen. Schon am 22. kommt es zu der Schlacht bei Longwy, die für die deutschen Truppen siegreich endet. Die Landwehr-Brigade jedoch liegt noch immer in der Nied-Stellung für den Fall, daß ein Rückschlag eintreten würde. Dies ist jedoch jetzt nicht mehr zu erwarten, und so werden auch diese Truppen vorgezogen. Am 23. haben sie Fentsch erreicht und sollen mit anderen Einheiten nun die linke Flanke der Armee sichern. Anstrengende Märsche sind zu bewältigen, schließlich wird Landres erreicht. Die Verfolgung der geschlagenen Franzosen hatt begonnen. Doch schon bald beginnt sich der Feind zu verstärken und der Widerstand wird größer. Auf dem linken Flügel der Deutschen fängt der Vormarsch zu stocken an, und am Abend des 24. hatt man bei der oberen Führung ernste Sorgen. Schon werden die beiden Landwehr-Brigaden 43 und 45 als letzte Reserve an die bedrohte Stelle in Marsch gesetzt, am 25. in der Frühe erreichen sie Lanheres. Nur eine kurze Rast ist den Männern vergönnt. Schnell wird noch ein Bißen Brot und ein Schluck aus der Feldflasche zu sich genommen. Dann heißt es aber auch schon wieder "antreten", denn bereits um 6 Uhr morgens beginnt der Entlastungsangriff mit dem Ziel Buzy. Es wird die Feuertaufe der hessischen Landwehr.

Breit gefächert gehen die Männer vor. Doch der schwunghaft vorgetragene Angriff gerät schon bald in ein vernichtendes feindliches Maschinengewehr- und Artilleriefeuer. 

Das Reichsarchiv schreibt später über diese Kämpfe:

"Als dann noch feindliche Kräfte über Olley in die Flanke der Landwehr vorstießen, vermochte auch der Einsatz aller Reserven das Schicksal nicht mehr zu wenden.
Die Brigade erhielt Befehl, sich an der Straße Rouvres-Fleville zu sammeln."

Schlimme Verluste sind eingetreten, und die Situation an der Front ist immer noch kritisch. Doch schließlich können noch rechtzeitig Verstärkungstruppen, die von der Festung Metz aus in Marsch gesetzt wurden, die Lage stabilisieren. Die stark geschwächten Landwehr-Brigaden werden nun wieder Reserve. Unversehrt ist Karl Friedrich Cloos aus dieser Schlacht zurückgekommen.

Die nächsten Tage bringen keine Kämpfe für die Landwehr. Im Gegenteil, am 27.August trift die Meldung ein, daß die Brigade aufzulösen sei, und die Regimenter den Etappenkommandeuren für Sicherungsaufgaben im Hinterland zur Verfügung stehen würden. Es sollen also etwas weniger aufregende Tage kommen. Doch der Schein trügt!

Der September bringt zuerst ruhigen Sicherungsdienst, dann aber kommt der Befehl, daß das Landwehr-Regiment 83 aus Lothringen verlegt wird. Ziel sind die Argonnen. Hier wird es direkt dem XVI.Armeekorps unterstellt, daß den gesamten Frontabschnitt dieses teilweise undurchdringlichen Waldes hält. Zuerst sind es auch "nur" Sicherungsaufgaben. So finden wir Karl-Friedrich Cloos mit seiner 7.Kompagnie anfang Oktober in Stellung an der Straße Apremont-Binarville, die die Argonnen von Westen nach Osten durchquert. 
Bei Binarville selbst wurde ein großes Waldlager errichtet, daß den Ruhetruppen zur Unterkunft diente und die Möglichkeit schuf, sich von dem anstrengenden Dienst zu erholen.


 
Das Argonnenlager in Binarville, das zeitweise auch 
Unterkunft für das Landwehr-Regiment Nr.83 war

 
Doch schon bald beginnen die heftigen Waldkämpfe, und es dauert nicht lange, da werden auch die ersten Teile des Landwehr--Infanterie-Regiments 83 in vorderster Front eingesetzt. Am 30.Oktober ist auch die 7.Kompagnie dabei, als ein französischer Angriff blutig abgeschlagen wird. Aber auch Ruhezeiten hat das Regiment, und so können die Männer in rückwärtigen Lagern immer wieder Erholung finden. Aber auch der Sicherungsdienst ist keine leichte Aufgabe, immer wieder bestreut die französische Artillerie mit schweren Granaten das Hinterland, und kaum ein Tag vergeht ohne Verluste. 

Anfang Dezember befinden sich mehrere Kompagnien der 83er, darunter auch die 7. mit Karl Friedrich Cloos, in Stellung auf der Höhe 263. Schwerstes feindliches Feuer liegt auf ihren Gräben, der Feind scheint hier einen Angriff vorzubereiten. General v.Loeb, der hier das Kommando hatt, sieht den Ausweg nur darin, den Franzosen zuvor zu kommen und seinerseits zum Angriff überzugehen. Am 11.Dezember stürmen die Deutschen vor und erziehlen einen großen Erfolg: bei geringen eigenen Verlusten werden die Franzosen aus ihren Stellungen geworfen und 220 Mann als Gefangene eingebracht. Es zeigt sich hier, daß die Landwehr das Angreifen auch in diesem Stellungskrieg nicht verlernt hatte.

Über Weihnachten herrscht etwas Ruhe, nur das Wetter schlägt um, es wird bitterkalt. In den Unterkünften haben die Männer kleine Weihnachtsbäume aufgestellt, und die Freude ist groß, als rechtzeitig zum Heiligen Abend die Feldpost Päckchen aus der Heimat bringt. Diese ist zwar schon einige Wochen unterwegs gewesen, aber wen stört das in einem solchen Moment? Da sind alle Strapazen und Ängste für kurze Zeit vergessen.

Kriegerisch beginnt das neue Jahr mit einem großen Angriff der Franzosen am 5.Januar. Teile der vordersten deutschen Stellungen gehen verloren, doch ein kühner Gegenstoß der Regimenter 135 und der Landwehr 83 bereinigen die Situation. Wieder zeigt es sich, daß die Landwehrtruppen voll verwendbar sind.


 
Servon am Westrand der Argonnen
(Das + zeigt ungefähr den Todesort)

 
Um dem permanenten Kleinkrieg ein vorläufiges Ende zu bereiten, plant die deutsche Führung im Frühjahr einen großen Angriff, um dadurch eine Stellungsverbesserung "nach vorne" zu erreichen. Zwischen dem 20. und 30.Juni finden mehrere große Angriffe statt, die von Erfolg gekrönt sind. Auch hier ist die Landwehr beteiligt, wird dann aber herausgezogen, um am Westrand der Argonnen nahe dem Ort Servon eine neue Stellung zu beziehen. Sie tritt hier unter das Kommando der 9.Landwehr-Division und hat nun auch wieder eine "militärische Heimat" gefunden. 

Noch einmal scheint der Franzose einen großen Schlag vorzubereiten. Und wieder kommen ihm die Deutschen zuvor. Am 13.Juli beginnt ein weiterer Sturmangriff der Feldgrauen, und wieder wird der Feind nach erbitterten Kämpfen aus seinen Stellungen geworfen. Abermals ist er gezwungen, sich unfreiwillig zurückziehen und den Deutschen das eroberte Gelände zu überlassen.
Es muß sich aber die Frage stellen: "Warum zögerten die Franzosen damals mit ihrem Angriff?"

Das Reichsarchiv gibt die Antwort:

"Der französische Oberbefehlshaber hatte diesen schon längst geplanten Angriff ursprünglich für den 11. vorgesehen, ihn dann aber, der theatralischen Neigung des französischen Volkscharakters entsprechend, auf den 14.Juli, den französischen Nationalfeiertag, verschoben. Das wurde sein Unglück, denn der deutsche Angriff vom 13. verdarb ihm das Konzept gründlich."

So konnten die Franzosen nur noch mit ihren unversehrten Truppen am Westrand der Argonnen angreifen, und hier stand nun die 9.Landwehr-Division!

Am 14.Juli 1915 ist es morgens noch kühl und trübe. Starkes Artillerie-und Minenfeuer liegt auf der deutschen Stellung - die Männer spüren, daß sich "etwas zusammenbraut". Das Landwehr-Infanterie-Regiment 83 ist am linken Flügel eingesetzt, auch die 7.Kompagnie mit Karl Friedrich Cloos ist in den Gräben. Um 9.50 vormittags greift die französische Infanterie in dichten Massen beiderseits der Straße Binarville - Vienne le Chateau unter dem Schutz von Rauchgranaten an. Nach einem heftigen Feuergefecht kommt die erste Angriffswelle an die Stellung der 83er heran, teilweise dringt sie sogar in die Gräben ein. Mit Kolben und Spaten geführt entsteht ein erbitterter Nahkampf. Doch endgültig festsetzten kann sich der Feind nicht. Das Gefecht zersplittert hier in viele kleine Einzelkämpfe. Gruppenweise oder ganz auf sich allein angewiesen wird verbissen um jeden Meter Boden gerungen. Schließlich gelingt es den Landwehrmännern, die Franzosen aus den Gräben wieder herauszuwerfen. Was vom Feind nun nicht flüchtet, fällt oder wird gefangen genommen. Als die nun heranrückende zweite Angriffswelle endlich erkennt, daß der Sturm zusammengebrochen ist, macht sie im deutschen Abwehrfeuer kehrt und flüchtet in ihre Ausgangsstellungen, nur Trümmer kehren dorthin zurück. Am späten Nachmittag ist der französische Angriff auf der ganzen Linie abgeschlagen.

Aber auch die Landwehr hat starke Verluste zu beklagen. Als sich die Situation beruhigt, werden die Gräben neu besetzt und abgesucht. Viele Tote und schwer Verwundete werden geborgen, und bei der 7.Kompagnie findet man nun auch Karl Friedrich Cloos - die Sanitäter können nicht mehr helfen! Und auch Jakob Dokter VI. ist in der 11.Kompagnie gefallen.


 
Kameraden am Grab von Karl Friedrich Cloos
bei Servon einen Tag nach der Schlacht

 
Am nächsten Tag werden die Gefallenen der Schlacht auf dem Soldatenfriedhof bei Servon beigesetzt. Kameraden erweisen ihnen die letzte Ehre und der Divisionspfarrer gestaltet die Totenfeier. So ruht Karl Friedrich Cloos noch heute in Frankreichs Erde.

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