Füsilier Friedrich Bill

* 6.3.1892
+ 2.5.1915

gefallen in der 11.Kompagnie des
Königin Elisabeth
Garde-Grenadier-Regiments Nr.3
bei Staszkowka am ersten Tag der
Durchbruchsschlacht bei
Tarnow-Gorlice


Im Juli 1914 leistete Friedrich Bill wie viele andere junge Männer damals seinen gesetzlichen Wehrdienst ab. Etwa 600 km von seinem Heimatdorf Naunheim entfernt, war er nach Berlin-Charlottenburg zur preußischen Garde eingezogen worden. Hier diente er nun in der 11.Kompagnie des Königin Elisabeth Garde-Grenadier-Regiments Nr.3, das in Kurzform auch das "Elisabeth-Regiment" genannt wurde, in Erinnerung an die Gattin des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen.

Um den Monatswechsel Juli/August verschärfte sich die politische Situation in Europa, und schließlich brach am 2.August - einem Sonntag - der Weltkrieg aus.
Ein fieberhaftes Arbeiten begann, streng nach den Mobilmachungsplänen. Schließlich stand das Regiment am 8. marschbereit, und nur einen Tag später wurde die Garnison mit der Bahn verlassen. Über Stendal-Hamm-Düsseldorf-Köln und Euskirchen ging die Fahrt nach Weismes, wo Unterkunft bezogen wurde. 37 Stunden war man unterwegs gewesen, quer durch Deutschland, überall von der Bevölkerung mit Jubel begrüßt.


Am 14.August begann dann der Vormarsch. Morgens um 06.30 Uhr wurde bei Meiz mit "Hurra" die belgische Grenze überschritten. Jeden Tag ging es durch Täler und über Berge durch die Ardennen in Richtung Westen - vom Feind war nichts zu sehen und die Bevölkerung verhielt sich vorerst sehr zurückhaltend. Am 18. wurde dann die Maas erreicht und bei Huy überschritten. Marschleistungen von bis zu 40 km pro Tag waren nicht selten. In den nächsten tagen gab es kleinere Gefechte mit feindlichen Nachhuten, zu einer Schlacht war es bisher jedoch nicht gekommen. Doch nachdem vom 21./22. die Sambre überschritten worden war, mehrten sich die Hinweise auf stärkeren Gegner, auch die Festung Namur lag bedrohlich nahe. So kam es während der nächsten beiden Tage zur Schlacht bei Namur, in der der Feind geschlagen wurde. Hier gab es nun die ersten Verluste für das Regiment. Dennoch wurde die Verfolgung des weichenden Gegners fortgesetzt. Die Anstrengungen wurden immer größer, zumal nicht nur das Marschpensum zunahm, sondern auch die Sonne immer stärker schien - die Hitze wurde schier unerträglich. Am 29./30.August kam es wieder zu heftigen Kämpfen, der großen Schlacht bei St.Quentin. Auch hier blieb die preußische Garde siegreich, die Engländer zogen sich geschlagen zurück. Weiter ging es über die Aisne vorwärts in Richtung auf die Marne, immer wieder von Gefechten unterbrochen, die feindliche Nachhuten lieferten. Am 5.September wurde Epernay durchquert, nachdem urplötzlich das Wetter umgeschlagen war. Als am nächsten Tag die Gegend um Clamanges und Normee erreicht wurde, herrschte strömender Regen.

Hier hatte sich der Feind verschanzt, es begann ein heftiger Kampf um diese Dörfer.
Das Füsilierbataillon war auf Normee angesetzt und hatte sich schon bis auf 600 m herangearbeitet, als es wegen eigenem Artilleriefeuer nicht weiter vorwärts konnte. Als jedoch gegen 5.00 Uhr nachmittags das eigene Granatfeuer verstummte, da gab der Kommandeur Major Kortegarn den Befehl zum Sturmangriff. Doch mitten im Vorgehen schoß wieder die eigene Artillerie, der Angriff mußte abgebrochen werden, die Verluste waren umsonst. Nun kamen noch weitere Kompagnien nach vorne, sie wurden links und rechts mit Einbruch der Dämmerung um das Dorf herumgeschickt, das nun fast eingekesselt war.

So gelang am nächsten Tag endlich die Einnahme des Ortes, auch die links von der Garde vorgehenden Sachsen hatten Erfolg und näherten sich Lenharree.


Verwundeten-Sammelstelle des Regiments
am Bahnhof von Lenharree am 8.9.1914

Für den nächsten Morgen, den 8.September, wurde ein weiterer Angriff befohlen, das Regiment Elisabeth hatte die Höhe 172 mit dem Bajonett zu nehmen. Um 05.00 Uhr morgens wurde noch bei Dunkelheit angetreten, die Gewehre waren zur Sicherheit entladen, die aufgepflanzten Bajonette blitzten im Mondschein. Der Kompagniechef von Friedrich Bill, Hauptmann von Wienskowski, schreibt über diesen Augenblick später in der Regimentsgeschichte:

"5.00 Uhr vormittags noch bei Dunkelheit ist die Bereitstellung lautlos und vom Feinde unbemerkt beendet. Ich höre noch, wie der Kommandeur des II.Bataillons Major v.Bredow, ein echter Märker, der gerne "berlinerte", zu meinem Kommandeur sagte, indem er auf den Mond wies, der über unserem Angriffsziel stand, "Also Kortegarn, sie jehen rechts vom Monde und ick jeh links vom Monde". Dann wurde angetreten, mit aufgepflanztem Bajonett und ungeladenem Gewehr."

Schon kurz nach dem Antreten, als es die Höhe hinaufging, schlug der Garde heftiges Abwehrfeuer entgegen. Die Hornisten bliesen, die Tamboure schlugen den Sturmmarsch und ein "Hurra" brauste durch die langsam weichende Nacht. In unwiderstehlichem Anlauf raste der Sturm der Preußen über die feindlichen Stellungen hinweg. Schnell löste sich alles in einzelne Kampfhandlungen auf.



Der Bahndamm südlich von
Lenharree am 8.9.1914

Das Füsilierbataillon war gegen einen Bahndamm angesetzt, der zäh verteidigt wurde. Schließlich wurde auch hier der Feind geworfen, und völlig ausgepumpt erreichten die ersten Füsiliere anschließend die Höhe.

Hauptmann von Wienskowski berichtet später in der Regimentsgeschichte:

"Überall lagen tote Franzosen, der Feind mußte ungeheure Verluste gehabt haben".

Nur kurz war die Ruhe, schon am nächsten Morgen, den 9.September, um 03.30 Uhr ging es weiter vor in Richtung auf das Dorf Fere-Champenoise. Heftige Gegenangriffe der Franzosen wurden von der Garde abgewiesen, schließlich kam gegen Abend der Befehl zum biwakieren, das Regiment sollte die Sicherung der Artillerie im Grunde des Vaure-Baches übernehmen.
Da traf plötzlich der Befehl zum Rückzug ein. Ereignisse an anderen Frontteilen hatten dazu geführt, daß die Oberste Heeresleitung die Marneschlacht abbrach. So traten die Gardisten noch in der Nacht den Weg nach rückwärts an, der über die Schlachtfelder führte, auf denen sie noch vor wenigen Tagen und Stunden siegreich gekämpft hatten.

Es folgten schwere Abwehrkämpfe, die das Regiment bestehen mußte. Unter schwierigsten Verhältnissen gelang es dann schließlich doch, die deutsche Front wieder zu stabilisieren. Ende September 1914 stand die Garde dann östlich von Reims. Nachdem hier die Angriffe alle abgewehrt waren, hoffte man auf etwas Ruhe. Doch schon kam der Befehl zum Abtransport in Richtung Norden an die Arrasfront.


Über Laon und La Fere ging die Bahnfahrt nach St.Quentin. Noch eine kurze Rast wurde gegönnt, dann ging es weiter im Fußmarsch nach Bapaume, das noch am 2.Oktober erreicht wurde. Kurze Befehlsausgabe, etwas Schlaf, und schon am nächsten Morgen begann der Angriff in Richtung auf Puisieux, was nach zweitätigem Kampf schließlich genommen werden konnte. Am 5.Oktober sollte weiter angegriffen werden, aber der Widerstand des Feindes verstärkte sich, die Kämpfe wurden immer härter, die Verluste immer größer. Auch der Bataillonskommandeur von Friedrich Bill, Major Kortegarn, wurde schwer verwundet.

In den nächsten Tagen ließen die Kämpfe nicht nach, Hebuterne und Gommecourt wurden zu Brennpunkten. Doch dann erstarrte die Front, ein Bewegungskrieg war an der Westfront nicht mehr möglich. Schließlich wurde dem Elisabeth-Regiment die Stellung um Gommecourt zugewiesen, Ruhequartier war in Bucquoy. So kam ab Mitte Oktober Ruhe in die Kampfhandlungen. Endlich konnte alles ergänzt werden, Waffen und Ausrüstung und vor allem auch .... Schlaf! Endlich traf auch
Mannschaftsersatz ein. Über die Verpflegung gab es keine Klagen, auch die Feldpost funktionierte nun besser. Immer besser wurde der Ruheort ausgebaut, sogar eine Badeanstalt entstandt. Schließlich näherte sich das erste Kriegsweihnachtsfest. Überall brannten kleine Tannenbäume - woher sie stammten, war sicher manchem Landser sein Geheimnis....


Die Stellung des Regiments Elisabeth bei Bucquoy im Winter 1914/15

Am 19.Dezember jedoch hatte das Füsilier-Bataillon, dem Friedrich Bill ja angehörte, noch einen schweren Verlust zu beklagen. Bei einem überraschenden Feuerüberfall wurde der Adjutant des Bataillons, Leutnant v.Francois, tödlich getroffen. Der erst 21 1/2jährige Offizier war bei seinen Männern sehr beliebt, denn seine erste Sorge galt immer ihnen. So hatte er seine Ersparnisse nach Hause geschickt mit der Auflage, dafür für seine Leute "Liebesgaben" beschaffen zu lassen. Auf dem Kirchhof von Bucquoy hat er dann seine letzte Ruhestätte gefunden.

Im Dezember kam dann auch die erste "Feldzeitung" heraus - die Liller Kriegszeitung. Ihr Erscheinen wurde mit großer Freude begrüßt, weil man nunmehr nicht nur auf die veralteten Zeitungen aus der Heimat allein angewiesen war, sondern die neuesten Nachrichten schnell erhielt.

Doch das Jahr 1914 sollte traurig enden: In der Sylvesternacht feierten die Soldaten in der Kirche von Bucquoy einen Gottesdienst. Mitten während der Predigt des Divisionspfarrers schlugen plötzlich schwere französische Artilleriegeschosse in das Dorf ein. Der Pfarrer kürzte seine Predigt ab und schickte die Männer in ihre Unterkünfte. Beim Heraustreten aus der Kirche krepierte ein schweres Geschoß mitten unter ihnen - 20 Tote und 60 Verwundete waren zu beklagen.



Die Kirche von Bucquoy im Januar 1915

Das neue Kriegsjahr 1915 begann ruhig, und am 23.Januar wurde endlich die langersehnte Ablösung Wirklichkeit. Die Truppe wurde in Douai in Bürgerquartieren hervorragend untergebracht. Am 26. fand eine Parade vor dem Oberbefehlshaber der 6.Armee, Kronprinz Rupprecht von Bayern, statt. Der nächste Tag, der 27.Januar - Kaisers Geburtstag -, brachte in der Kompagnie von Friedrich Bill ein ganz besonderes Fest: sein Kamerad Karl Schmidt erhielt als erster der Mannschaften in dem Regiment das Eiserne Kreuz 1.Klasse. Dann aber war die Ausbildung der Schwerpunkt des Tagesablaufs, vor allem Übungsmärsche und Übungsschießen wurden abgehalten. Doch dann kam der Befehl zum Abrücken, in der Nacht vom 12. auf den 13.Februar ging es wieder nach Bucquoy. Allerdings lag die nun zu übernehmende Stellung rechts von der alten bei Monchy, sie hatte eine Ausdehnung von ca. 3 km. Hier lösten sich die Bataillone in 7-tägigem Wechsel ab. Bis zum 25.März blieb das Elisabeth-Regiment hier, ohne an größeren Kampfhandlungen teilgenommen zu haben. So bestand die Hauptaufgabe in der Ausbesserung der Stellung, der Spaten war genauso wichtig geworden wie das Gewehr.

Ende März kam der Ablösungsbefehl, das Regiment rückte nach Marcoing. Von dort erfolgte dann am 30. der Weitermarsch nach Cambrai zur Verladung auf die Eisenbahn - Ziel unbekannt. Am 31.März schließlich war das Regiment verladen und die Züge rollten ab - über Namur zuerst nach Luxemburg. Bei Wasserbillig wurde die deutsche Grenze mit "Hurra" überschritten. Nun ging es ein Stück die Mosel entlang in Richtung Saarbrücken. Nun wurde es klar - das Elsaß war das Ziel. Weiter ging es in die Nacht hinein, Straßburg wurde umfahren, und bei herrlichem Mondschein wurde der Rhein gekreuzt. Zur linken grüßte der Schwarzwald, Freiburg und Colmar glitten vorüber. Da ertönte im Morgengrauen das Signal "Aussteigen" - man war am Ziel in Schlettstadt angelangt. Das Wetter war am 1.April 1915 zuerst sehr trüb, dann plötzlich teilte sich der Morgennebel, und greifbar nahe stiegen aus der Rheinebene die Vogesen empor.

In Schlettstadt und Umgebung wurde nun Unterkunft bezogen, das Füsilierbataillon mit Friedrich Bill kam in das Dorf Hilsenheim. Nachdem die Gottesdienste am 2.April - Karfreitag - abgehalten worden waren, begann eine intensive Ausbildungszeit, bei der auch Gebirgsübungen nicht zu kurz kamen. Doch auch für Leib und Seele wurde gesorgt, so spielte oftmals abends die Regimentsmusik zu einem guten Schoppen Wein auf. Auch Urlaub wurde erteilt.

Dann aber, Mitte April, wurde es plötzlich wieder ernst. Am 16. kam telegraphisch der Marschbefehl, und ab dem 17. stand alles verladebereit da. Schließlich fuhr auch in der Nacht vom 19./20.April das Füsilierbataillon aus Schlettstadt ab. Die Garde war bestimmt, an einem entscheidenden Durchbruch im Osten teilzunehmen. Zwischen Gorlice und Tarnow sollten deutsche und österreichisch-ungarische Truppen die Front der Russen zum Einstürzen bringen.

Als das Elisabeth-Regiment im Elsaß abfuhr, da wußten die Männer nicht, wohin die Fahrt gehen sollte. Straßburg, Worms und Frankfurt/Main wurden durchfahren, Offenbach, Hanau und Fulda glitten vorüber, und als man Bebra passierte, da war das Rätselraten immer noch groß - Kurland? - Karpathen? - Warschau? oder gar Ostpreußen? Egal - das Frühlingswetter war wunderschön, und so fuhren die Landser die meiste Zeit "Aussichtswagen", d.h., sie saßen auf den Dächern der Waggons und genossen die Fahrt. Eisenach, Gotha und Erfurt wurden passiert, durch Sachsen ging es schließlich nach Schlesien. Endlich wurde Posen erreicht. Sollte es doch Ostpreußen sein? Doch nun ging es in südlichere Richtung weiter, nach Breslau. Der Umweg über Posen war nur ein Täuschungsmanöver. Schließlich wurde die Weichsel überquert und die Züge erreichten Krakau - in der Ferne grüßten die Ausläufer der Hohen Tatra und der Westkarpathen herüber. Nach einer Fahrt von 67 Stunden hielten die Züge in Slotwina in Galizien. Nach dem Ausladen erfolgte noch ein kurzer Fußmarsch, dann waren die Quartiere erreicht, von den Österreichern überall mit "Servus"-Rufen begrüßt.

Die ersten Vorbereitungen schildert wieder der frühere Kompagniechef von Friedrich Bill, Hauptmann v.Wienskowski, mittlerweile Bataillonskommandeur geworden, in der Regimentsgeschichte:

" ... beim Troß wurde eine vollständige Neuordnung vorgenommen. Alles Entbehrliche wurde zusammengepackt und entweder mit der großen Bagage in Podole zurückgelassen, oder mit der Bahn nach Charlottenburg zum Ersatz-Bataillon zurückgesandt. Für je 2 Kompagnien durfte nur 1 Packwagen mitgenommen werden. So hatten die etatmäßigen Feldwebel eine schwere Aufgabe, Nötiges und Nichtnotwendiges zu trennen und auf dem Biwakplatz sah es bald wie auf einem Jahrmarkt aus."

Ab dem 25. begannen die ersten Erkundungen, die Front war noch ungefähr 10 km entfernt. Zwei Tage später begann die Ablösung der ungarischen Stellungstruppe, die 11.Kompagnie wurde zuerst Reserve und biwakierte etwas rückwärts Stellung. Diese lag zwischen dem Staßkowka-Bach und dem Ostrußa-Bach. Ab dem 28.April wurde dann im Detail weitererkundet. Dabei stellte sich heraus, daß Österreicher und Russen hier zeitweise recht friedlich miteinander gelebt hatten. So hatte der russische Abschnittskommandeur bei den Österreichern anfragen lassen, ob diese wüßten, das die Deutschen kämen, um sie abzulösen. Und die erste Abendmahlzeit des Majors Freiherr v.Wangenheim war Fisch, den der russische Kommandeur wohl zur Begrüßung geschickt hatte!



Das Angriffsgelände des Elisabeth-Regiments am 2.Mai 1915 auf Staszkowka:
links auf der Höhe am Bildrand die Höhe 404, in der Mitte auf der Höhe das Dorf Staszkowka mit russischen Gräben quer davor, rechts auf der Höhe am Bildrand weitere russische Stellungen

Die feindliche Stellung, die es für das Regiment zu stürmen galt, lag westlich Staßkowka auf den Höhen 437 und 405. Auf diese begann am 1.Mai 1915 das Einschießen der Artillerie und in den Stacheldrahtverhau der eigenen Stellung wurden Sturmgassen geschnitten. Die Tornister wurden letztendlich abgelegt und zurückgelassen. Dann wurde am Abend vor dem Angriff das Ziel des nächsten Tages ausgegeben: die in der Ferne gerade noch sichtbare Kapelle von Turza.


Die Garde-Artillerie beschießt die russischen
Stellungen auf den Höhen von von Staszkowka

Am Sonntag, den 2.Mai 1915, begann um 09.30 vormittags der Infanterieangriff. Vom Elisabeth-Regiment gingen zuerst die 6. und 7.Kompagnie, gefolgt von der 11. mit Friedrich Bill, aus dem Schlenkenwald heraus, um sich zum Sturm an die russische Stellung heranzuschieben. Sie erhielten heftiges Abwehrfeuer des Feindes, sodaß hier schon die ersten Verluste eintraten und der Angriff zu stocken drohte. Die 7. konnte jedoch die feindlich besetzte Höhe links umgehen und so die deutsche Stellung verbessern. Inzwischen war es 10.00 Uhr geworden. Der Augenblick des Sturms auf der ganzen Linie war gekommen. Doch das Vorgehen der 6.,7. und 11.Kompagnie hatte die Russen aufmerksam werden lassen. Als jetzt weitere Kompagnien vorsprangen, wurden sie von den Russen mit heftigstem Abwehrfeuer überschüttet. Die Verluste mehrten sich schon furchtbar.

Die Regimentsgeschichte schreibt:

"So wie sie gestürmt waren, lagen die Soldaten wie hingemäht."

So schien zumindest der rechte Regimentsabschnitt nicht mehr vorwärts zu kommen. Links jedoch brachen 7. und 8. nach dem Sturm in die feindlichen Gräben ein. Doch dann ging es auch hier nicht mehr voran. Der Bataillonskommandeur Major Freiherr v.Wangenheim erkannte die Situation, doch er hatte keine Truppen mehr zur Hand. Da bemerkte er seitwärts die 11.Kompagnie, die nicht vorangekommen war. Sofort setzte er deren Führer in Kenntnis, den Angriff unbedingt wieder in Schwung zu bringen. Mit gezogenem Degen stürmte er den Füsilieren voran, überstieg als erster den feindlichen Dratverhau, und sank sofort tödlich getroffen zu Boden. Später fand man sein Tagebuch, darin lauteten seine letzten Worte:

"Ich glaube, es ist alles gut vorbereitet. Ich gehe mit gutem Zutrauen an die Sache heran! Gute Nacht! Gott behüte uns alle!"


Aber nicht nur der tapfere Offiziere, auch viele der Füsiliere ereilte hier das Soldatenschicksal. Unter diesen war auch  der Naunheimer Friedrich Bill, der von diesem Angriff nicht zurückkehrte.


Der Sturmangriff des Regiments Elisabeth am 2.Mai 1915

Über diesen von Major Freiherr v.Wangenheim mit der 11.Kompagnie durchgeführten Vorstoß berichtet später in der Regimentsgeschichte der Leutnant Freiherr Roeder v.Diersburg, der Adjutant des Kommandeurs:

"Der Major führte persönlich 9.45 Uhr vormittags die 1.Welle der Unterstützungskompagnie - es war die 11.! Daß wir den Grund heil erreichten, war ein Wunder. Die Leute fielen wie die Fliegen und rollten den Hang nur so herunter.
Im Grund waren wir dann in einem toten Winkel und halbwegs in Sicherheit."

Noch den ganzen Tag dauerte die Schlacht, dann waren die russichen Stellungen restlos in der Hand der Deutschen, Ungarn und Österreicher. Aber die Verluste waren doch furchtbar. So hatte das Füsilierbataillon des Elisbeth-Regiments allein 100 Tote, 132 Verwundete und 8 Vermißte. Als die Nacht kam, wurde das Gefechtsfeld abgesucht und die Toten und Verwundeten geborgen. Auch Friedrich Bill wurde gefunden und so konnte man ihm seinerzeit wenigstens ein würdiges Grab bereiten.

Dieses Grab hat die Wirren der Geschichte tatsächlich überstanden. So ist der seltene Fall eingetreten, daß ein Soldatengrab aus dem 1.Weltkrieg im Osten heute noch existiert. Auf dem Friedhof Staszkowka-Dawidowka in Polen, unweit der Stelle seines letzten Sturmangriffs, hat Friedrich Bill im Grab 44 seine ewige Ruhe gefunden.


Zurück zur
Ehrentafel Naunheim

Zurück zur
Namenliste "B"

Startseite