Wertungen der Armeen der Bündnispartner

Diese Abschnitt folgt überwiegend einem Bericht des Generals der Infanterie v.Tschischwitz, der u.a. in dem Buch "Deutsche Infanterie" (Verlag Sporn, Zeulenroda, 1933) veröffentlicht ist. Der General war als Oberstleutnant im Weltkrieg u.a. Generalstabschef des XXIII.Reservekorps und der 2.Armee, im Frieden war er vorher im Großen Generalstab. Er ist auch als Militärschriftsteller bekannt, auch hat er das Buch "Weltkriegsbriefe des Generals v.d.Marwitz" herausgegeben.

 
Die Österreicher

Die österreichische Armee war entsprechend der großen Zahl verschiedener Volksstämme, die innerhalb der schwarz-gelben Grenzpfähle wohnte, auch sehr verschieden zusammengesetzt und unterschiedlich in ihren Leistungen. Deutsch-Österreicher, Tiroler und Ungarn ragten hervor. Im Ganzen war der Österreicher ein gut ausgebildeter und tapferer Soldat.

In dieser buntscheckigen Zusammensetzung lag auch ein Erschwernis, dessen Größe vielfach gar nicht genügend berücksichtigt wird: die verschiedenen Sprachen. Nicht selten kam es vor, daß eine Kompagnie sich hauptsächlich aus nicht deutsch sprechenden Polen, Kroaten, Bosniaken oder Ungarn zusammensetzte. Die Einwirkung des Kompagnie-Führers auf seine Mannschaft war dann vielfach nur auf dem Umwege über den Dolmetscher möglich und hörte mit dessen Ausfall fast ganz auf. Die k.u.k.-Armee stand vor dem Kriege auf bemerkenswerter Höhe. Sie hatte aber beim Beginn des Krieges dem Ansturm der russischen Dampfwalze fast allein zu trotzen und sich in den ersten Schlachten buchstäblich verblutet. Sie hat sich davon nie wieder ganz erholt und vor allem unter den schweren Verlusten an Führern bis ans Kriegsende ungeheuer gelitten. Es ging über die Kraft des Heeres, was hier von ihm verlangt wurde, nachdem die Grenze des Möglichen einmal überschritten war. Hieraus, ebenso wie aus der Neigung mancher Volksstämme zur Absplitterung erklärt sich auch das im weiteren Verlauf des Krieges häufige Versagen einzelner Truppenteile an der Front.

Auch rächte sich bei Kriegsbeginn die zu geringe Friedensstärke des Heeres. Es mußten sofort Truppen in der Front eingesetzt werden, die nach Ausbildung und Ausrüstung (z.B. alte dunkle Uniformen) hierfür nicht geeignet waren. Mit Beginn des Stellungskrieges machte sich auch die ungenügende Ausbildung der Infanterie für die Verteidigung unangenehm fühlbar.

Die österreichische Infanterie hat sich in den ersten Schlachten tapfer geschlagen, nachher war sie in der Verteidigung gesteigerten Aufgaben nicht mehr gewachsen.


 
Der Bulgare

Das bulgarische Heer zeigte in seiner Zusammensetzung eine große Gleichartigkeit. Die bulgarischen Soldaten waren zumeist Bauern, groß geworden unter harten Lebensbedingungen, Kinder der Natur, kräftig und intelligent, gewöhnt an Einfachheit und Anspruchslosigkeit, dabei willig und von großer Ausdauer. Die Ausbildung war sachgemäß, besonders auch im Schießen gefördert.

In den Balkankriegen hatte die bulgarische Armee Außergewöhnliches geleistet - aber unter schwersten Opfern. Diese waren, als Bulgarien in den Krieg trat, noch nicht wieder ausgeglichen und wirkten nach. Trotzdem hat sich der Bulgare im Weltkrieg ausgezeichnet geschlagen. Seine glühende Liebe zum Vaterland, dem Lande der "Schäumenden Maritza", und das Vertrauen zu seinen Führern beseelte den Kampfgeist. Besonders erbittert kämpfte er gegen die Völkerschaften, die ihm von Natur feindlich gesinnt waren, z.B. die Rumänen. Da zeigte sich auch seine Neigung zur Wildheit, zu Grausamkeiten und Räubereien. Aber auch sein lebhafter Kampfgeist mußte allmählich versiegen, wenn die äußerste Kraftanspannung zu lange gefordert wurde. Seit 1912 fast ununterbrochen im Kriegszustand befindlich, physisch und psychisch erschöpft, erschöpft in der Heeresergänzung und Heereswirtschaft, mangelhaft bekleidet und verpflegt, brach bei den Bulgaren zuerst die Front. Die deutsche Hilfe kam für die tapferen Verbündeten zu spät.


 
Der Türke

Die Reorganisation und innere Wiedergesundung des türkischen Heeres war beim Beginn des Weltkriegs bei weitem noch nicht abgeschlossen. Als weiteres ungünstiges Moment kam die infolge der verschiedenen Nationalitäten ungleichartige Zusammensetzung des Heeres hinzu.

Der aus Thrazien und Anatolien stammende Bauer war für den Militärdienst am meisten geeignet, körperlich außerordentlich leistungsfähig, anspruchslos, bescheiden, treu und zuverlässig. Von strengem Pflichtgefühl beseelt und an eiserne Disziplin gewöhnt, war der Türke trotz seiner Schwerfälligkeit, geringen geistigen Bildung und seiner Unselbständigkeit ein vortrefflicher, willensstarker Soldat. Der in seinem islamischen Glauben begründete Fatalismus machte ihn zu einem Kämpfer von größter Zähigkeit und Ausdauer, besonders in der Verteidigung. Unter guter, von den Deutschen unterstützter Führung leistete er Vortreffliches und war zu außergewöhnlichen Anstrengungen und Entbehrungen befähigt.

Der Araber war ein weit weniger brauchbarer Soldat. Zwar geistig geweckter und körperlich gewandter, besaß er doch infolge der klimatischen Wirkungen seines Landes eine weit geringere Willens- und körperliche Widerstandskraft als der Türke.

Armenier und Griechen, die Christen im türkischen Heere, waren infolge ihrer hohen geistigen Entwicklung an sich zwar dem geistig schwerfälligen Türken überlegen, fanden aber wegen ihrer dem türkischen Reich gegenüber bewiesenen stark feindlichen Einstellung im Weltkriege in der Front fast keine Verwendung.

Im ganzen war uns der Türke ein begeisterte und zäher Bundesgenosse, der Infanterist ein todesmutiger Kämpfer.


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