ek Die Schlacht von St.Quentin
am 19.Januar 1871
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Am 7.Januar 1871 war ein Wechsel im Oberbefehl über die 1.Armee eingetreten. General von Manteuffel übernahm die neugebildete Südarmee, sein Nachfolger wurde auf Befehl des Königs der bisherige Kommandierende General des VIII.Korps, General von Goeben. Dieser Offizier war einer der begabtesten höheren Führer, die dieser Krieg hervorgebracht hatte. Seine persönliche Tapferkeit war unbestritten, allein während seiner Kämpfe in Spanien wurde er als junger Leutnant fünf mal verwundet. Von zu Hause aus nicht mit Reichtum gesegnet kam er dennoch früh in den Generalstab und ging dort seinen Weg. 1864 führte er in Schleswig erfolgreich die 26.Brigade und 1866 erwarb er sich als Kommandeur der 13.Division am Main hohen Ruhm. Durch seine wissenschaftliche Begabung war er einer der wenigen, die in ihrer Art dem General von Moltke ähnelten. Die Soldaten hegten zu diesem Mann, der mit seiner Brille eher wie ein Hochschulprofessor wirkte, ein geradezu unbegrenztes Vertrauen. Ein Meister des Schlachtfeldes war er allemal. Merkwürdigerweise trug sein Gegenüber, General Faidherbe, ebenfalls eine solche Art von Augengläser.

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General von Goeben - der Sieger von St.Quentin.

Der französische General trug Bedenken, den Gegner, der seine Armee hinter die Sommelinie zurückgeführt hatte, anzugreifen. Aber er enthielt von Paris den Befehl, die vor ihm stehenden Truppen möglichst zu beschäftigen und von der Hauptstadt abzuziehen, weil Trochu dort den letzten Versuch eines Durchbruchs machen wollte. Er wandte sich deshalb aus seiner Stellung zwischen Bapaume und Albert nach St.Quentin, um auf die Verbindungslinien der Deutschen mit ihrer Heimat zu stoßen. General von Goeben war allerdings durch seine Kavallerie, die unermütlich aufklärte, bestens unterrichtet. Er wandte seine Armee in einem glänzenden Rechtsabmarsch an beiden Ufern der Somme, um für alle Fälle schlagfertig zu sein, über Peronne nach Südosten, um bald Fühlung mit dem Feind zu gewinnen. Sein linker Flügel bestand aus der Division des Generals von Memerty und der Kavalleriebrigade des Grafen zu Dohna, das Kommando führte General von der Gröben. Die Mitte hielt die 15.Division. Die 16.Division und die 12.Kavallerie-Division , gefolgt von der 3.Reserve-Division bogen südlich aus, um einen Abmarsch des Feindes nach Paris unmöglich zu machen. 33000 Deutsche mit 161 Geschützen standen somit 40000 Franzosen mit 99 Geschützen gegenüber. Am 18.Januar faßte General von der Gröben die französische Nachhut westlich von St.Quentin bei Tertry und Poeuilly. Bei diesem Gefecht wurde General von Memerty schwer verwundet, General von Gayl übernahm für ihn das Kommando. Die Kämpfe endigten vor Vermand und waren das verhängnisvolle Vorspiel des großen Sieges vom folgenden Tag, dem 19.Januar 1871.

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Die 7.Ulanen attackieren französische Infanterie bei St.Quentin.

St.Quentin war damals mit mehr als 30000 Einwohnern eine der bedeutensten Fabrikstädte Frankreichs. Om Osten zieht sich zwischen der Stadt und der Vorstadt die Sommeniederung. Ansonsten wechseln sich Höhenzüge mit flachen Mulden ab und begünstigen dadurch eine Verteidigung. Von Goebens Truppen näherten sich nach seinem Plan von Westen und Süden her der Stadt. Die kommende Schlacht zerfällt nun räumlich wie auch zeitlich in zwei Abschnitte, in den vorbereitetenden und in den vollendenden.

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Das Schlachtfeld von St.Quentin.

Um ca. 10.00 Uhr vormittags eröffnete im Süden der Stadt die 31.Brigade die Schlacht, indem sie gegen Grugies vorging. Vier mal versuchte ein Bataillon der 69er vergeblich, über das freie Feld hinweg die vorliegenden Höhen zu stürmen. Schließlich gelang es mit Hilfe der 29er, die nun ihrerseits vordringenden Franzosen bis an die Zuckerfabrik zurück zu werfen. Auf der rechten Flanke erstürmten die 12.Jäger einen Park, und die 86er nahmen la Neuville. Hier wurden die Angriffe eingestellt, denn der geforderte  Flankenschutz war erreicht und die Zahl der Kämpfer doch recht gering.  Nach 12.00 Uhr mittags griffen die Franzosen die 31.Brigade sehr heftig an und drückten sie bis nach Essigny zurück, doch mit Hilfe der 32er konnten die vorher innegehabten Stellungen an der Zuckerfabrik wieder zurückerobert werden.

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Bajonettangriff der 29er an der Zuckerfabrik.

Ähnlich verlief der Kampf in dem westlichen Abschnitt. Teile der 44er und des Regiments Kronprinz nahmen Holnon, das ebenfalls eroberte Fayet konnten die Franzosen jedoch durch einen kräftigen Gegenstoß zurück gewinnen. Die 29.Brigade sah sich nach der Einnahme von Savy durch das nördliche, hartnäckig verteidigte Waldstück aufgehalten.

Auf der ganzen Linie war das Gefecht zum Stillstand gekommen, als der deutsche Oberbefehlshaber seine aufgesparten Reserven überall wirksam vorwarf. Sie drangen entlang den beiden Ufern der Somme als Keil zwischen die feindlichen Abteilungen und bereiteten sich zum Angriff auf die französische Hauptstellung vor. Im Süden nahmen die Ostpreußen vom 41.Regiment (ein Teil der von Ham herangekommenen Armeereserve unter Oberst von Böcking), längs der Niederung vorstürmend, die von der Artillerie wirksam beschossenen Mühlenhöhe südlich von Grugies. Schließlich zog sich der Feind von der Zuckerfabrik und dem Dorf Grugies selbst ganz zurück. Auch von weiteren Höhen wurden die Franzosen nun vertrieben. Schließlich stürmten 41er und 81er den Bahnhof und drangen von hier aus um 5.30 Uhr abends über die Kanalbrücke in die Stadt ein.

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Die Ostpreußen vom 41.Regiment im Angriff auf die Mühlenhöhe.

Auf dem rechten Ufer drangen von Rupy aus die 28er gegen einige Gehöfte vor. Nun gingen auch die 4er und 44er wieder vor und nahmen das Dorf Francilly. Dadurch mußten die Franzosen nun das so lange gehaltene Waldstück räumen. General von der Gröben wurde durch den Feind aufgehalten, der alles aufbot, um die Straße nach Cambrai zu sichern. Doch die Division des Generals von Kummer hatte nun den Weg auf die Höhen wstlich der Stadt frei. General Faidherbe, der die drohende Gefahr der Umzingelung erkannt hatte, befand sich nun schon auf dem Rückzug. Ein Teil des XXIII.Korps leistet in der westlichen Vorstand St.Martin noch heftigen Widerstand. Da die Preußen aber schon von Süden her kommend in der Stadt waren, mußten hier ca. 2300 Franzosen die Waffen strecken.

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Die letzten französischen Truppen verteidigen den Marktplatz gegen die angreifenden 81er.

Die Deutschen Verluste betrugen 2400 Mann, die Franzosen verloren 3000 Mann und weitere 9000 gerieten in Gefangenschaft. Da die Deutschen erst am nächsten Tag die Verfolgung aufnahmen, konnte General Faidherbe sich mit seinen Männern in die nördlichen Festungen flüchten. Seine Truppen hatten tapfer Widerstand geleistet, war aber völlig erschöpft, so daß viele Männer am Straßenrand liegenblieben, die dann von der Kavallerie nur noch eingesammelt werden mußten.

General von Goeben hatte seinen Zweck erreicht und nahm Ende Januar wieder Stellung an der Somme in der Linie Amiens, Peronne, St.Quentin. Bei Rouen und Umgebung, wo die 2.Division zurück geblieben war, rückte nach der Schlacht von Le Mans das XIII.Armeekorps ein. Nur bei Le Havre stand noch eine französische Abteilung. Jeglichen kriegerischen Unternehmungen machte dann aber der Waffenstillstand ein Ende.