ek Die Schlacht von Sedan am 1.September 1870 ek


Der französische Oberbefehlshaber MacMahon hatte nach der Schlacht von Beaumont seine Korps in und um Sedan gesammelt. Bei dieser Armee befand sich auch der schwer kränkelnde Kaiser Napoleon III., der es abgelehnt hatte, mit seinem Sohn nach Paris zu gehen. Die Deutschen nutzten den 31.August mit Truppenverschiebungen, bei denen auch kleinere Zusammenstöße vorkamen. So konnten z.B. bayerische Jäger die Sprengung der Eisenbahnbrücke bei Remilly verhindern.

Am Abend dieses Tages stand das deutsche Heer in breiter Front vor dem zusammengepreßten Feind. Im Osten rechts vom Bach mit Namen Chiers standen das XII. und das Gardekorps. Bei Remilly gegenüber Bazeilles wachte das I.bayerische Korps, hinter ihm das IV. und II.bayerische Korps. Stromabwärts hielten die Spitzen des XI.Korps Donchery besetzt, hinter diesem lagerten das V.Korps und die württembergische Felddivision. Auf dem äußerst linken Flügel standen die 5. und 6.Kavalleriedivision. Weiter zurück verlegte das sich im Anmarsch befindliche VI.Korps die Straße nach Reims und Paris. Die nahe belgische Grenze hätte zu der Situation führen können, das bewaffnete französiche Truppen sich über diese flüchten könnten. Für diesen Fall hatte Bismarck die sofortige Entwaffnung durch die Belgier gefordert. König Wilhelm übernachtete mit seinem Gefolge in Vendresse. Das Tor des Hauses, in dem Graf Bismarck untergebracht worden war, trug die mit Kreide aufgemalte lakonische Inschrift: "1 Bundeskanzler, 8 Pferde".

sedantoranschrift
Die Unterkunft des Grafen Bismarck mit
der Anschrift: "1 Bundeskanzler, 8 Pferde".

Am Morgen des 1.September stand den Franzosen nur noch der Marsch westwärts nach Mezieres offen. Hier war auch General Vinoy im Begriff, ein neues Armeekorps aufzustellen. Doch dieser Weg war wegen der nahen Grenze äußerst schmal und stark bedroht, und auch die Eisenbahnstrecke war bei Donchery schon unterbrochen. Sedan war seinerzeit eine kleine Festung mit 16000 Einwohnern, von denen etwa 1/3 von der Tuchweberei lebten. Die militärische Bedeutung war jedoch gering, da die umliegenden Höhen die veralteten Werke beherrschten. Neben der großen Maasniedrung gab es noch zwei kleinere Bäche, die in den Fluß mündeten: im Westen den Floing, an dem der Ort gleichen Namens sowie Illy liegen, und im Osten der Givonne-Bach, an dessen Mündung das stattliche Dorf Bazeiles liegt. Das tief eingeschnittene Givonnetal war schon damals stark bewohnt. Etwa in diesem Dreieck Illy-Floing-Bazeilles war die französische Armee quasi eingepfercht. Hinter Floing das VII.Korps, am oberen Givonne-Bach das I.Korps mit dem Kaiser Napoleon, weiter abwärts bis Bazeilles das XII.Korps, das noch völlig intakt war und zentral das schon stark zerrüttete V.Korps.

Die deutsche Armee besaß an mehreren Stellen Flußübergänge: die vor der Sprengung bewahrte Eisenbahnbrücke bei Bazeilles und weiter aufwärts zwei von den Bayern errichtete Betonbrücken. Dann noch unterhalb von Sedan die feste Brücke bei Donchery und etwas abwärts eine vom XI.Korps geschlagene Bockbrücke.

Die Schlacht von Sedan bestand zuerst aus zwei getrennten Aktionen, dem Angriff an der Givonne und dem gewaltsamen vordringen von Donchery her. Der auf dem rechten Flügel befehlende Kronprinz Albert von Sachsen hatte schon frühzeitig das Gardekorps angewiesen, dafür Sorge zu tragen, daß die Franzosen nicht über die belgische Grenze entkommen können. An seinem linken Flügel war das I.bayerische Korps von dem preußischen Kronprinzen angewiesen worden, eng mit der Maasarme zusammen zu wirken.

Über der Gegend lag morgens noch dichter Nebel, was vor allem der Artillerie große Schwierigkeiten bereitete. Noch im Dunkeln traten etwa um 4.00 Uhr früh die Bayern des I.Korps an und drangen in Bazeilles ein. Dort erwartete sie aber großer Widerstand, da das aus festen Häusern und ummauerten Villen bestehende Dorf heftig verteidigt wurde. So mußte recht schnell das ganze Korps eingesetzt werden und die Bayern hatten schon am Beginn des Tages hohe Verluste. Da sich jedoch auch die Einwohner, sowohl Männer als auch Frauen, an dem Kampf beteiligt hatten und sogar gegen Verwundete grausame Frevel verübten, nahm hier der Kampf einen furchtbar wilden Charakter an.

sedanbazeilles
Das Blutbad in Bazeilles - die Bayern im Häuserkampf. 

Rechts von den Bayern schickte Prinz Georg von Sachsen die Spitzen seines XII.Korps gegen das Dorf La Moncelle, das die 107er auch eroberten. Die bayerisch-sächsische Angriffslinie breitete sich nun langsam auf Daigny aus, als plötzlich die Franzosen gewaltig hervorbrachen.

Marschall MacMahon, der französische Oberbefehlshaber, war schon früh durch einen Granatsplitter verwundet worden und hatte das Kommando an den General Ducrot abgegeben, den er für den befähigsten hielt. Jedoch machte der General Wimpffen als dienstältester General eine Vollmacht geltend, der sich Ducrot sofort fügte. Der neue Oberbefehlshaber legte größten Wert auf ein Vordringen nach Osten und hegte die Hoffnung, sich doch noch einen Weg nach Metz bahnen zu können, da die Pariser immer noch eine Vereinigung mit Bazaine erwarteten.

Bayern und Sachsen bekamen nun die ganze Wucht des ersten französischen Angriffs zu spüren und mußten teilweise auch zurückweichen. Über Daigny kommend besetzte der Feind bald das in der Flanke gelegene Gehölz Chevalier. Erst als das ganze XII.Korps eingriff wurde der Feind nach heißem Kampf wieder zurückgeworfen. Dabei wurde ein tapfer kämpfendes Turko-Bataillon fast völlig aufgerieben und verlor schließlich noch seine Fahne. Gegen 10.00 Uhr war das östliche Givonne-Ufer im Besitz der Sachsen. Erst später fand das fast 7 Stunden dauernde Blutvergießen um Bazeilles ein Ende. Die Bayern und Sachsen wandten sich nun, unterstützt durch Teile des 71.Regiments vom IV.Korps, gegen die Abhänge und bemächtigten sich dieser bis auf das Dorf Balan. Außerdem wurde die die Hauptstraße beherrschende Villa Beurmann durch die Bayern eingenommen. Nun konnten auch die letzten Teile von Bazailles eingenommen werden, das Dorf ging in Flammen auf. Die mit der Waffe in der Hand ergriffenen Einwohner verfielen nach dem Standrecht dem Tode, wie sie es auch verdient hatten. Um Mittag konnten sich nun die deutschen Truppen, verstärkt durch die 3.bayerische Division, über Balan bis dicht an die Festungswälle heranschieben. Die bayerischen Batterien hatten wesentlich zu diesem ersten Erfolg beigetragen.

sedanbalan
Vormarsch der 3.bayerischen Division auf Balan.

Während die Sachsen bei Dalgny das Feuergefecht hinhaltend fortführten, machte weiter im Norden das Gardekorps erhebliche Fortschritte. Dessen 2.Division griff neben den Sachsen ein und ging auf Daigny und Haydes vor, die 1.Division trat gegen  Givonne an. Mit starker Artillerieunterstützung gelang es nun, die Übergänge über die Givonneschlucht zu besetzen. Trotz heftiger Gegenstöße der Franzosen konnten sogar 10 bespannte Geschütze erobert werden.

Im Osten stand es also um die Mittagszeit trotz schwerer Verluste gut. König Wilhelm hielt sein 7.00 Uhr morgens mit seinem Stab am linken Maasufer auf der Höhe südlich von Frenois, von wo er das ganze Schlachtfeld übersehen konnte. Die 4.bayerische Division stand hier, um einen Angriffsversuch der Franzosen zu verhindern. Der Kronprinz stand auf einer Höhe bei Donchery. Als er erkannte, daß der Feind nicht auf Mezieres abzog, befahl er dem V. und XI.Korps, die Franzosen im Rücken zu fassen. Letzteres stieß von Floing aus auf den ersten festen Widerstand. Sofort standen die Regimenter 83, 88, 82 und 87 in heftigem Kampf. Die deutschen Geschütze wurden unmittelbar nach ihrem Auffahren von drei Kavallerie-Regimenter der Chasseurs d'Afrique angegriffen.

sedanfranzkavallerie
Angriff der afrikanischen Jäger bei Floing auf die Nassauer und Kurhessen.

Doch die Infanteristen aus Nassau und Kurhessen behielten die Nerven und bekämpften die Reiter mit Schnellfeuer. Dadurch verpuffte der Angriff, und kein Geschütz ging verloren. Nachfolgende französische Truppen bedrängten die Deutschen zwar erheblich, als aber noch die 80er und 11.Jäger in der Front erschienen konnten einzelne erfolgreiche Angriffe nach Norden angesetzt werden. Hierbei konnten verlassene Wagen, Geschütze und Pferde erbeutet werden und auch Gefangene gemacht werden. Trotz dieser ersten Anzeichen beginnender Auflösung begannen die Franzosen einen mächtigen Angriff auf Floing. Doch die Vortruppen des V.Korps, das Regiment Nr.46 und die 5.Jäger, konnten die Attacke glücklich abwehren. Kurz nach diesen Vorgängen wurde der Führer des XI.Korps, General von Gersdorf, tödlich verwundet. Um die Mittagszeit war also bei Floing bisher noch kein durchschlagender Erfolg erziehlt worden.

sedankarte
Die Schlacht bei Sedan - Stellungen um 12.30 mittags.

Es rückten nun die beiden Divisionen des V.Korps und die Regimenter 32, 94 und 95 des XI.Korps heran. Trotz steigender Bedrängnis mußte auf französischer Seite General Douay einen Teil seiner Truppen auf Befehl von General Wimpffen an die Givonne-Front abgeben. Dennoch sollte der Kalvarienberg bei Illy um jeden Preis gehalten werden. Doch das war gegen die deutsche örtliche Übermacht nicht möglich und auch die verzweifelten Versuche von General Ducrot, diese Höhe zurückzugewinnen, scheiterte. Nur die Division Liebert hielt bei Floing und Cazal standhaft aus und brachte den Deutschen noch herbe Verluste bei.

Dann versuchten starke französische Kavallerieverbände, ihre Infanterie herauszuhauen. Eine 1/2 Stunde lang wogten die Kämpfe in verschiedene Gruppen aufgesplittert hin und her. Einzelne deutsche Schützenreihen wurden durchbrochen und die Mannschaften der Geschütze mußten sich mit Wischer und Seitengewehr verteidigen. Immer wieder griffen die gelichteten Reihen der Reiter an, bis schließlich die mehr und mehr geschlossene Abwehrreihe den Ausschlag gab. Drei französische Generale fielen bei dieser Attacke, die die letzte der feindlichen Kavallerie in diesem Kriege sein sollte.

Nun griffen die frischen Regimenter 32 und 95, denen sich die abgekämpften Teile anschlossen, das Dorf Cazal an. Es entbrannte ein erbitterter Kampf, vor allem der Kirchhof war heiß umkämpft. Schließlich griff vom V.Korps noch das 6.Regiment als Verstärkung in den Häuserkampf ein. Trotz der tapferen Verteidigung wurden die Franzosen endlich geworfen und die deutschen Regimenter drangen auch hier bis an die Festungswälle heran.

sedancazal
Die 32er dringen trotz tapferer Verteidigung der Franzosen in das Dorf Cazal ein.

Inzwischen hatte Prinz Georg seinen Sachsen befohlen, von Daigny aus vorzustoßen. Rechts von ihnen griff auch die Garde weiter an. In dem Gehölz von La Garenne kam es zu einem blutigen Ringen, der Wald war zu einem Ort des Grauens geworden. Schließlich feuerte die deutsche Artillerie von mehreen Seiten hinein und eine im Gehölz liegende Ferme loderte in Flammen auf. Es kam zu einem großen Durcheinander und Einzelkämpfen, bei denen die Gardetruppen schließlich die Oberhand behielt und flüchtende Franzosen gefangen nehmen konnte. Sergeant Goldacker von den Gardefüsilieren eroberte alleine den Regiments-Adler des 17.französischen Linienregiments. Am Rande des Waldes trafen die Garden mit Abteilungen des XI.Korps zusammen. Von allen Seiten flutete der Feind hinab in die Tore der Festung, die sie als vermeintlicher Rettungsanker anzog. Zwischen den fliehenden  Infanteristen rasten bespannte Geschütze und herrenlose Pferde den Hang hinab, verfolgt von den Granaten der deutschen Artillerie.

General Wimpffen glaubte immer noch, daß ein Durchbruch nach Montmedy möglich sei. Deshalb forderte er Napoleon auf, sich an die Spitze der Truppen zu setzen und die Bayern in die Maas zu werfen. Der Brief blieb unbeantwortet ...
In der Festung sammelte er dann alle Truppenteile, die noch hinaus wollten, und führte sie zu einem starken Angriff gegen das Dorf Balan, wo er die Bayern auch tatsächlich zurückdrängen konnte. Dabei kam ihm sicherlich auch das Gerücht zu Gute, Bazaine sei im Rücken der Preußen angekommen. Der Oberkommandierende glaubte schon einen Sieg sicher zu haben, da ging ihm um etwa 4.00 Uhr eine Weisung Napoleons zu, mit dem Feind in Unterhandlungen zu treten. Diese wies er jedoch schroff zurück.

Mittlerweile hatten die hart bedrängten Bayern Hilfe vom IV.Korps bekommen, die 71er und die 4.Jäger waren eingetroffen. Auch die preußische und bayerische Artillerie unterstütze die Truppen vortrefflich, und da die Franzosen keine Verstärkungen mehr hatten, konnten die Bayern langsam wieder ihre alten Stellungen einnehmen. So mußte Wimpffen auch angesichts eines neuen kaiserlichen Befehls den Rückzug in die Festung antreten.

sedanartillerie
Preußische Feldartillerie vom IV.Korps rückt im Galopp zur Unterstützung der Bayern vor.

Für die Franzosen wurde die Situation nun langsam kritisch, da sich alles, was nicht tot oder schon verwundet war, in der kleinen Festung zusammendrängte, die nicht zu verteidigen und auch nicht verproviantiert war. Ringsum zog sich der Gürtel der deutschen Geschütze immer enger. Schon eröffneten auch die Batterien vom linken Maasufer ihr Konzert, das in Sedan an mehreren Stellen Feuer ausbrechen ließ. Bald würden es 700 Geschütze werden, die Sedan in einen Trümmerhaufen verwandeln  hätten können. Diesen völlig unnütze Massensterben zu verhindern wurde fast gleichzeitig auf beiden Seiten erkannt.

Kaiser Napoleon III. war trotz großer Schmerzen schon mehrere Stunden auf dem Pferde, er konnte sich jedoch am frühen Nachmittag kaum noch halten. Nachdem er vormittags noch kurz den verwundeten General MacMahon gesprochen hatte, ritt er an die Front und verharrte lange Zeit im Granatfeuer, als ob er den Tod erwarten würde. Schließlich kehrte er aber doch nach Sedan zurück. Früher als viele seiner Generale erkannte er, daß der Kampf verloren war. Deshalb folgte er auch Wimpffens Ansinnen nicht, sondern ließ um 2 1/2 Uhr weiße Fahnen aufziehen, Offiziere rissen sie jedoch herunter. General Lebrun riet dem Kaiser, einen Parlamentär heraus zu schicken. So schickte Napoleon dem General Wimpffen einen dementsprechenden  Brief. Der Oberkommandierende steckte ihn jedoch verächtlich beiseite. Als jedoch dessen letzter Ausbruchsversuch mißglückt war, wehten die Franzosen mit Tüchern von den Wällen. Bald darauf stieg auch über der Festung die weiße Fahne auf, und das Feuer schwieg.

sedanweissefahne
Die weiße Fahne auf dem Tor von Sedan.

Inzwischen hatte König Wilhelm den Oberstleutnant von Bronsart und den Hauptmann von Winterfeld nach Sedan gesand, um zur Übergabe aufzufordern. Zu ihrem großen Erstaunen wurden sie zum Kaiser geführt, denn auf deutscher Seite wußte man nichts von dessen Anwesenheit. Auch der König hatte diese Nachricht ungläubig in Empfang genommen. Er war von Graf Bothmer unterrichtet worden, der die Nachricht von Soldaten erfahren hatte. Zu dieser Zeit schrieb Napoleon einen Brief an den preußischen Herrscher: "Nachdem es mir nicht vergönnt war, in der Mitte meiner Truppen zu sterben, bleibt mir nichts übrig, als meinen Degen in die Hände Ew. Majestät niederzulegen".

Gegen 7.00 Uhr abends, bereits in der Dämmerung, ritt der kaiserliche Generaladjutant Graf Reille ohne Degen, begleitet von einem Offizier und einem Trompeter mit weißer Fahne, aus dem Tor langsam die Höhe von Frenois hinauf. Ohne Kopfbedeckung trat er dem König entgegen und überreichte das rotgesiegelte Schreiben. Der Monarch empfing es stehend im vollen Waffenrock, an seiner Seite auf seinen Pallasch gestützt stand der Kronprinz. Etwas zurück beobachteten Bismarck, Moltke, Roon, Blumenthal und die anwesenden Fürsten die Szene, im Hintergrund hielt die Stabswache. Noch bevor König Wilhelm den Brief öffnete, sagte er: "Aber ich verlange als erste Bedingung, daß die Armee die Waffen niederlegt".

sedangeneralreille
General Reille übergibt den Brief von Kaiser Napoleon an König Wilhelm.

Nach kurzer Beratung schrieb der König eigenhändig die Antwort: "Indem ich die Umstände, unter denen wir uns begegnen, bedauere, nehme ich den Degen Ew. Majestätan und bitte Sie, einen Ihrer Offiziere zu bevollmächtigen, um über die Kapitulation der Armee zu verhandeln, welche sich unter Ihren Befehlen so tapfere geschlagen hat. Meinerseits habe ich den General von Moltke hierzu bestimmt". Als Graf Reille verabschiedet war, umarmte der König seine Sohn und dankte anschließend allen Anwesenden herzlich. Dann ritt er in sein Quartier nach Vendresse, indessen der Jubel bei den Truppen kein zu nehmen schien. Ein Armeebefehl verbot umgehend jegliche Angriffsbewegungen während der Nacht.

Noch war das Ergebnis ungewiß, denn nur der Kaiser hatte sich als Person ergeben. Für die Armee mußte der Oberbefehlshaber verhandeln. In Sedan gab es nun häßliche Szenen. Wimpffen schrieb an Napoleon, er lege den Oberbefehlnieder. Die Generale sprachen sich jedoch für sein Verbleiben aus, daß er ja am Morgen explizit eingefordert hatte. Erst spät am Abend ging Wimpffen nach Donchery. In einem niedrigen Erdgeschoßzimmer fanden die Verhandlungen statt, bei denen die Deutschen u.a. forderten, die französische Armee müsse in Kriegsgefangenschaft gehen. Der Franzose glaubte jedoch, vom hohen Roß herab verhandeln zu können und lehnte ab. Schließlich setzte Moltke dem Hin und Her ein Ende und bestimmte 4.00 Uhr früh, sonst werde das Bombadement der Stadt beginnen. Erst auf Bismarcks Zureden wurde die Frist auf 9.00 Uhr verlängert.

Napoleon selbst fuhr am nächsten morgen schon um 5.00 Uhr früh nach Donchery, um bei König Wilhelm um ein Gespräch nachzusuchen. Bismarck, der davon erfahren hatte, ritt dem Kaiser sofort entgegen und traf ihn auf der Landstraße. Da der König drei Meilen weit weg war (was Bismarck sehr gelegen kam), nahm Napoleon in einem kleinen, einzeln am Wege stehenden Häuschen eines Webers Aufenthalt und führte dort in dumpfiger Stube, mit dem Bundeskanzler eine längere Unterredung.

weberhaus
Das Weberhäuschen an der Landstraße von Donchery.

Graf Bismarck lehnte es ab, über die Kapitulation zu sprechen, da sie eine reine militärische Angelegenheit sei. Napoleons wichtigster Wunsch war, die Armee nach Belgien übertreten und im Nachbarland durch dessen Truppen entwaffnen zu lassen. Dann könnte sie dort auch interniert werden. Inzwischen war General von Moltke erschienen, der dem Monarchen umgehend  keine Hoffnungen machte, irgendwelche Ansinnen dieser Art durchzusetzen zu können. Er ritt aber sofort los, um dem König Meldung von dem Vorgang zu machen. Nun vor der Haustür sitzend führte Bismarck das peinliche Gespräch mit dem Kaiser fort. Eine Ehreneskorte begleitete schließlich Napoleon in das benachbarte Schlößchen Bellevue, wo auch sein prunkvolles Gefolge mit Wagen und Gerät eintraf.

bismarcknapoleon
Bismarck und Napoleon III. im Gespräch vor dem Weberhäuschen in Donchery.

General von Moltke war inzwischen bei König Wilhelm eingetroffen und erhielt von ihm die Genehmigung für die festgestellten Kapitulationsbedingungen, bei denen natürlich Napoleons Wünsche nicht berücksichtigt werden konnten. Da der König den Kaiser vor deren Annahme nicht sprechen wollte, wartete er die Zwischenzeit auf der Höhe bei Frenois.

Aus Sedan kam den ganzen Morgen über keine Reaktion, weil Wimpffen auf eine Nachricht von Napoleon wartete. Die deutsche Artillerie stand schußbereit, als Moltke den Grafen Reille in Begleitung eines Hauptmanns in die Festung schickte. Die zu überbringende Nachricht lautete, daß um 10.00 Uhr das Feuer eröffnet werden würde, falls bis dahin nicht die Ergebung sicher wäre. Jetzt erst kam General Wimpffen nach Bellevue und unterzeichnete die Bedingungen, nachdem er vom Kaiser dessen Scheitern erfahren hatte. Der König dankte nochmals, nachdem er die Urkunde erhalten hatte, allen anwesenden Fürsten. Um 1.00 Uhr fuhr er dann unter dem Jubel der Truppen nach Schloß Bellevue, um dort Napoleon, der ihm die Treppe herab entgegen kam, zu treffen.

Die hohen Herrenn traten alleine in ein Zimmer, der Kronprinz schloß hinter ihnen die Tür. Nach einigen höflichen Floskeln bot König Wilhelm dem Kaiser als Domizil für seine Gefangenschaft das Schloß Wilhelmshöhe in Kassel an. Napoleon nahm diese edle Geste dankbar an. Auch sollte er zu seiner Sicherheit eine Ehrenwache bis zur Grenze erhalten. Unter gütigen Worten des Königs schieden die beiden dann voneinander.

Schon einen Tag später, am 3.September, fuhr Napoleon unter Begleitung einer Husarenabteilung an die Grenze nach Belgien. Hier begleiteten ihn berittene belgische Jäger bis zur nächsten Bahnstation. In Verviers erfuhr er mit Schrecken vom Ausbruch der Revolution in Paris. Am 6.September kam Napoleon III. in Kassel an, wo er bis zum 19.März 1871 das Schloß Wilhelmshöhe bewohnte, bevor er nach der offiziellen Beendigung der Gefangenschaft dann nach London ins Exil ging und dort auch am 9.Januar 1873 verstarb.

Die Verluste der Deutschen waren in dieser Schlacht bei weitem nicht so hoch wie in den Kämpfen bei Metz, aber dennoch nicht unbeträchtlich: im ganzen 465 Offiziere und 8459 Mann. Davon entfiel die kleinere Hälfte, 213 Offiziere 3816 Mann auf die Bayern alleine, von denen hatte die 3.Division so viele Verluste wie die anderen bayerischen Truppen zusammen. Nach ihnen kam das XI. und XII.Korps, beide ca. 1500 Mann, dann das V.Korps, die Garde und das IV.Korps. Beim V.Korps traf die Verluste aber fast nur das 46. und 6.Regiment sowie die 5.Jäger. Beim IV.Korps war das 71.Regiment mit 300 Mann am stärksten betroffen. Die württembergische Felddivision hatte ein nicht sehr verlustreiches Gefecht in der Richtung nach Mezieres zu geführt. Die Franzosen ließen über 1700 Tote und Verwundete auf dem Schlachtfeld zurück.

Sedan selbst blieb vom Untergang verschont, auch wenn es in den Straßen chaotisch aussah. Die Unmengen an Kriegsgerät konnten nur langsam geborgen werden, die herrenlosen Pferde fraßen sich bald gegenseitig die Mähne ab, und die Disziplin der Franzosen hatte fast aufgehört zu existieren. Auch die hygienischen Zustände waren schlimm.

In Trupps von 2000 Mann wurden die Gefangenen nach Pont-a-Mousson gebracht, von wo sie die Metzer Einschließungsarmee weiter nach Deutschland brachte. Während der Schlacht waren schon 21000 gefangen worden, in Sedan streckten 83000 die Waffen, und nur 3000 waren über die belgische Granze entwichen. 419 Feldgeschütze, 139 Festungskanonen, 66000 Gewehre nebst anderem Kriegsmaterial bildeten außerdem die beträchtliche Beute.

Von den bei Sedan kämpfenden Truppen waren bald alle verfügbaren Kräfte auf Paris dirigiert worden. Nur das I.bayerische und das XI.Korps blieben vorläufig in und um Sedan, um die Abführung der Gefangenen zu organisieren und zu bewachen. Dies wurde auch in der größtmöglichen Schnelligkeit durchgeführt.