ek Die Schlacht an der Lisaine
vom 15. bis 17.Januar 1871
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Von Arcey her führten zwei Straßen nach Belfort, Hericourt und Montbeliard, beide an der Lisaine gelegen. Dieses unbedeutende Flüßchen fließt mit einem kleinen westlichen Bogen von Norden nach Süden und ergießt sich bei Montbeliard in die Allaine. Das westliche Ufer ist mit großen Waldungen durchsetzt, welche dem Feind das Annähern erleichert. Ansonsten begünstigt aber der Wasserlauf den Verteidiger. Der rechte Flügel der Deutschenstand bei dem Dorf Frahiere, wo der Bach eine Mulde durchfließt. Ein Stück weiter abwärts liegt das Dorf Chenebier, welches ebenfalls besetzt war. Den Kern der Aufstellung bildete Hericourt, das mit seiner Umgebung zur völligen Festung umgebaut worden war.  Östlich erhebt sich der Berg Vaudois, wie geschaffen für das Aufstellen der Geschütze. So warteten schließlich an dieser Stelle 61 Rohre auf den Feind. Stark war der linke Flügel bei Montbeliard und der von hier in das Zentrum verlaufende Eisenbahndamm der Strecke nach Belfort bot hervorragende Deckung.
 
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Die 4.Reserve-Division im Abwehrkampf am Bahndamm zwischen Hericourt und Montbeliard.

Eine Umgehung im Süden hatten acht schlesische Landwehr-Bataillon unter General von Dobschütz zu verhindern, die vom Belagerungskorps Belfort gekommen waren. Auf der nördlichen Flanke waren der Vorsicht halber in größerer Entfernung ebenfalls kleinere Truppenteile aufgestellt.

General von Werder hatte von Belfort alles herangezogen, was nur irgendwie entbehrlich war, so auch 37 Belagerungsgeschütze. Rechts befehligte General von Degenfeld mit badischen Regimentern, links General von der Goltz mit seinen 30ern und 34ern und die 4.Reserve-Division kämpfte am Bahndamm. Einen Teil der badischen Division hielt der Kommandierende General als Reserve zurück. Störend war die Knappheit an Munition, hier mußte der Verteidiger Sparsamkeit walten lassen. Die gesamten deutschen Streitkräfte betrugen nach allen diesen Maßnahmen nun doch immerhin 45000 Mann mit 181 Geschützen. Der Feind rückte jedoch langsam aber unerbittlich mit 150000 Mann und 382 Geschützen heran.

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Badische Artillerie rückt auf dem rechten deutschen Flügel in die Stellung ein.

Nebelschleier durchwogten am Morgen des 15.Januars die winterliche Landschaft. Der tiefe Schnee war von der Kälte sehr hart geworden. Das XV.Korps der Franzosen eröffnete den Angriff auf dem linken Flügel. Die Landwehr-Bataillone Lötzen und Marienburg hielten sich mit empfindlichen Verelusten den Morgen über auf dem rechten Ufer der Lisaine bei St.Suzanne, bis General von Werder sie am Nachmittag zurücknahm, um die Verteidigung enger zu schließen. Auch die Stadt Montbeliard wurde verlassen, mit Ausnahme des festen, mit schwerem Geschütz ausgerüsteten Schlosses. Zwei Kompanien der Landwehr aus Gumbinnen blieben dort zurück. Abends besetzten die Franzosen die Stadt. Nachmittags erfolgte ein starker Angriff bei Petit-Bethancourt, den das Landwehr-Bataillon Goldap blutig abschlug. Auch die Danziger Landwehr konnte am Bahndamm den angreifenden Feind zurückweisen. Die starke Stellung von Hericourt verteidigten die Wehrmänner aus Graudenz, Ortelsburg und Osterode gegen Teile des XX.Korps der Franzosen. Auch die Division Cremer kam bei Chenebier nicht voran.

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Das Landwehr-Bataillon Graudenz verteidigt Hericourt.

650 Mann Veerluste brachte der erste Tag der Schlacht den Deutschen, die Franzosen hatten weit höhere zu beklagen. Die Artillerie hatte auf beiden Seiten die Hauptlast des Kampfes getragen. Bourbaki war anscheinend zufrieden, scheinbare Erfolge waren erreicht. Und in Anbetracht der großen Marschanstrengungen der letzten Tage machte sich die junge Truppe im Feuer recht gut. Allerdings mußten sie nun bei 12 Grad minus biwakieren, während die Deutschen, soweit möglich, Ortsquartiere bezogen.

Am 16.Januar entbrannte der Kampf erneut auf der ganzen Linie, aber in unterschiedlicher Heftigkeit. Allein gegen Bethancourt erfolgten drei Angriffe, die durch das Schnellfeuer der Deutschen jedesmal blutig abgewiesen wurden. Ein Angriff auf Montbeliard scheiterte ebenfalls. Hericourt wurde ebenfalls mehrfach angebriffen, jedesmal jedoch ohne Erfolg. Im Norden jedoch kamen die Franzosen besser zurecht. Zwei badische Bataillone sollten hier zwei französische Divisionen aufhalten. Dier Feind erdrückte hier mit seiner Masse den Verteidiger. Zuerst mußte Chenebier, dann auch Frahier geräumt werden. General von Degenfeld mußte seine Truppen bis zur Mühle von Chalonvillers zurücknehmen. Nur noch 8 Kilometer trennten die Franzosen hier von ihren Landsleuten in der eingeschlossenen Festung Belfort. Doch der Angriff stockte, blieb dann stehen, und schließlich wurde Frahier wieder vom Feind geräumt.

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DieSchlacht an der Lisaine - Stellungen am 16.Januar abends.

Die Deutschen leisteten eine ungeheure Abwehrarbeit, mit wenig Munition und ohne Nahrung verteidigten sie jeden Quadratmeter Boden, ohne Rücksicht auf Verluste. Auch die einbrechende Dunkelheit brachte keine Ruhe. Überall stießen überraschend für Freund und Feind Patrouillen zusammen. Für die Franzosen kam die zweite Nacht im Biwak, aber auch die meisten deutschen Truppen verbrachten die eiskalte Nacht im Freien, das Gewehr im Arm.

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Das Dorf Chenebier - ein Brennpunkt der Schlacht.

General von Werder war sich darüber im Klaren, daß dvon er Wiederherstellung des rechten Flügels sehr viel abhing. Schon in der Nacht wurden Truppen für einen Gegenangriff zusammengezogen: 6 badische, ein bataillon 67er und das Landwehr-Bataillon Eupen. Um 4.30 Uhr am 17.Januar wurde aufgebrochen, doch eine überraschte Feldwache alarmierte Chenebier. Zwar konnte noch ein Rest von Überraschung genutzt werden, aber nur etwa die Hälfte des Dorfes wurde erobert. Auch in dem nördlichen Gehölz wehrten sich die Franzosen verzweifelt in der Dunkelheit gegen die Eupener Landwehr. Beim ersten Morgenlicht erkannten die Deutschen starke französische Truppenmassen anrücken, was sie zu einem Zurückgehen verleitete. Um etwa 9.00 Uhr morgens befahl General von Degenfeld den erneuten Angriff. In einem zweistündigen Gefecht kann zwar das Gehölz genommen werden, Chenebier jedoch halten die Franzosen. Doch auch diese sind ermattet und können nicht mehr angreifen, zumal sie eine Umgehung befürchten. Der Weg nach Belfort ist ihnen auf jeden Fall versperrt.

Bourbaki hatte seinen Plan auf den linken Flügel aufgebaut, hier war sein Schwerpunkt. Als dieser versagte, brach er vorsichtig das Gefecht ab. Seine Artillerie deckte den langsamen Abzug der Infanterie, in den Dörfer und Wälder lagen Unmengen von Toten, Verwundeten und Erschöpften.

Diese Schlacht war für die Deutschen die einzige, die in der Verteidigung verlief. König Wilhelm sprach dem Oberbefehlshaber und seinen Truppen telegrafisch am 20.Januar seine Anerkennung aus. Diese war in jeder Beziehung gerechtfertigt, denn die besonderen Umstände, die diese fast völlig auf sich gestellten Truppe ertragen mußte, erschwerten die Schlachten und Gefechte enorm. Alleine die Auswirkungen des Wetter waren an manchen Tagen fast unerträglich. Und obgleich die Deutschen sich keine Ruhe gönnen durften, solange die französische Ostarmee noch das Feld hielt, eine ernstliche Gefahr drohte von ihr nicht mehr, weder für Deutschland noch für die Belagerung von Paris.