ek Die Schlacht bei Gravelotte - St.Privat am 18.August 1870 ek


Am 17.August, dem Tag nach der Schlacht von Vionville-Mars la Tour, war der deutschen Heeresleitung vor allem daran gelegen, so viele Truppen wie möglich auf das linke Moselufer zu bringen. Man befürchtete, daß die Franzosen sich zu einem neuen starken Gegenangriff aufstellen würden, um nochmals mit Gewalt zu versuchen, die Straße nach Verdun in ihre Hand zu bekommen. Auf seiten der Preußen lagen in der Front zuerst nur die abgekäpften Truppen des III. und X.Armeekorps. Auf Befehl des Königs zog daher die 1.Armee das VII. und VIII.Korps über die Mosel, die 2.Armee beortderte das Gardekorp und das XII.Armeekorps in den Raum um Mars la Tour, das IX. sollte sich auf den Höhen von Gorze versammeln. Mit dem II. und IV.Korps, die noch zwei Tagesmärsche zurück waren, konnte vorläufig nicht gerechnet werden.

Auf dem Schlachtfeld hatten die Truppen wenig Ruhe, die Nacht war übedies kalt und rau. Der König kam um 6.00 Uhr morgens mit seinem Stab bei Flavigny an und erhielt dort unterschiedlich Meldungen über den Feind. Einerseits sollte er sich sammeln und zurückziehen, andererseits die letzte noch freie Straße über Etain zum Abzug in Richtung Verdun benutzen.

Auf französischer Seite ging man von einer starken deutschen Armee aus, die vor Metz aufmarschiert war. Marschall Bazaine glaubte daher, nicht die Kraft zu haben, den Weg nach Verdun durch Kampf zu öffnen. Auch machten den Truppen Versorgungsschwierigkeiten zu schaffen. So entschied man sich, die doch recht vorteilhaften vorgeschobenen Strellungen aufzugeben und sich näher an die Stadt heranzuziehen. Man konzentrierte sich schließlich auf die reine Verteidigung und zog sich auf die Hochfläche Plappeville zurück, wo verproviantiert und aufmunitioniert wurde. Diese Bewegung wurde am 17. ohne große Störung ausgeführt. In dieser starken Stellung sollte der entscheidende Sieg errungen werden, damit am 19. oder 20. der Abmarsch in Richtung Verdun und die Vereinigung mit der Armee MacMahons bewirkt werden konnte.

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Die Schlucht von Gravelotte, im Hintergrund rechts am Ende der Straße die Ferme St.Hubert.

Auf dem deutschen rechten Flügel entstanden nur im Wald von Vaux kleinere Gefechte, die aber auf Befehl der höheren Führung schnell wieder eingestellt wurden. Der Schwerpunkt bei den Planungen für den nächsten Angriff wurden durch den preußischen Generalstabschef von Moltke links gesetzt. Hierfür wurden die Verbände geordnet und neu gruppiert. Währenddessen wurden beim I.Korps auf der Ostseite von Metz Scheinangriffe durchgeführt. Dies alles führte dazu, daß am nächsten Tag eine Schlacht mit verkehrten Fronten geschlagen wurde: Die Deutschen fochten mit dem Rücken nach Frankreich zu, während die Franzosen ihren dem deutschen Land zuwendeten.

Der Armeebefehl für den 18. ließ die 2.Armee um 5.00 Uhr früh in allgemein nördliche Richtung antreten, das VIII.Korps sollte folgen und das VII. die rechte Flanke gegen Metz schützen. Die sächsische Kavallerie-Division war schon vorausgetrabt und meldete Etain feindfrei, Kaiser Napoleon jedoch sollte sich schon unter starker Bedeckung nach Westen begeben haben. Das II.Armeekorps war bis Pont-a-Mousson gekommen und hatte die Order, sich unverzüglich weiter in Richtung Schlachtfeld in Marsch zu setzen. Das IV.Korps erreichte an diesem Tage die Maas.

Von der 1.Armee stand das VII.Korps bei Corni, das VIII. bei Gorze, das IX. bei Flavigny, das III. bei Vionville, das X. bei Tronville, das XII. bei Mars la Tour und das Gardekorps bei Harbonville. Fei den Franzosen stand auf dem linken Flügel nördlich Rozerieulles auf einem Höhenzug das II.Korps (Frossard), daneben über Ferme Moscow bis zur Ferme la Folie das III.Korps (le Beauf), das IV.Korps (Ladmirault) in und um Amanvillers und das VI.Korps (Canrobert) bei St.Privat mit vorgeschobenen Teilen bei St.Marie aux Chenes. Die Garde stand auf dem Höhenzug von Plappeville in Reserve. Die Stellung der Franzosen war sehr gut gewählt. Sie wurde durch die Natur sehr begünstigt und machte es durch die geringe Frontbreite von nur 12 km möglich, ca. 150 000 Mann zur Verteidigung bereit zu stellen.

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Die Ferme Moscow.

Der König war um 6.00 morgens auf einer Höhe bei Flavigny mit seinem Generalstab erschienen. Er befahl von hier aus der 1.Armee, sich vorläufig auf die Defensive zu beschränken. Die Verfügung über das VIII.Korps behielt sich der König vor, es lagerte zu diesem Zeitpunkt in und um Rezonville. Bei der 2.Armee hatte das XII.Korps die Spitze und erreichte gegen 10.00 Uhr Jarny, zur gleichen Zeit war die Garde bis Doncourt gekommen. Das X.Korps stand zu diesem Zeitpunkt noch bei Tronville, das III. noch bei Vionville. Diese beiden abgekäpften Korps bildeten die Reserve.

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Die Ferme St.Hubert.

Durch verschiedene Meldungen gewann die Heeresleitung langsam die Überzeugung, daß die Franzosen keinen Abzug mehr planten und sich doch auf Metz zurückgezogen hatten. Daher wurden das XII. und das Gardekorps angehalten und Patrouillien sollten die eigentlichen Stellungen des Feindes erkunden. Das VIII.Korps war zu dieser Zeit auf dem Marsch durch Rezonville in Richtung Norden und erkundete den Mancegrund und bis Bagneux. Kurz nach 10.00 Uhr kam bei der 2.Armee eine Nachricht des Oberkommandos an, daß der Feind eine starke Stellung westlich von Metz halten zu wollen scheine. Die beiden nördlichen Korps (XII. und Garde) müßten nordwestlich marschieren, um bei St.Marie den Feind aufzuhalten, falls er diese Straße zum Abzug nehmen würde. Aufgrund dieser Anordnung befahl Prinz Friedrich Carl nun dem IX.Armeekorps, von Flavigny aus in Richtung Norden auf Verneville abzumarschieren und dann weiter auf den Pachthof La Folie vorzugehen. Das Gardekorps sollte auf Habonville vormarschieren und das III.Korps nördlich St.Marcel eine Reservestellung einnehmen. Das XII.Korps sollte vorläufig in Jarny bleiben. Um 11.00 Uhr lief dann die Meldung ein, daß der Feind bei Point du Jour heftig Widerstand leiste und die ganze Ebene über Ferme Leipzig bis Amanvillers besetzt sei. Außerdem kam die Nachricht, die Garde habe auf der Straße nach Norden in Richtung St.Marie und Briey keinen Feind gefunden, auch hätte das IX.Korps Jonaville unbesetzt gefunden. Kavallerie meldete jedoch ein französisches Lager bei St.Privat. Nun ergab sich für die deutsche Heeresleitung eine feindliche Stellung von den Steinbrüchen bei Rozerleulles bis nach Roncourt nördlich von St.Privat.

Nun erhielten Garde- und IX.Korps den Auftrag, auf Amanvillers vorzurücken, die Garde sollte dabei den Schleswig-Holsteinern und Hessen als Reserve dienen. Die Sachsen des XII.Korps wurden auf St.Marie dirigiert. Um 1.00 Uhr mittags war die Garde bei Doncourt und das XII.Korps in Richtung St.Marie vormarschiert, als bei ersterem die Nachricht eintraf, das feindliche Vorbewegungen auf St.Marie, St.Ail und Habonville stattfinden würden. Fast gleichzeitig bekam die Garde den Befehl, die Richtung auf Habonville zu nehmen.

Zu dieser Zeit war das IX.Armeekorps, welches auf La Folie vorgehen sollte, unter dem Befehl des Generals von Manstein bei Verneville schon in einen heftigen Kampf verwickelt. Die 18.Division hatte 2 Bataillone 36er und 3 Kompagnien der 9.Jäger auf den Pachthof Chantrennes zugehen lassen, wo die Truppen allerdings auf heftigen Widerstand stießen. Etwa zur gleichen Zeit hatte der Kommandierende General bemerkt, das bei Amanvillers ein großes Lager der Franzosen war, welche sich in sorgloser Ruhe zu befinden schienen. General von Manstein glaubte, den rechten Flügel des Feindes, gegen den er vorgeschickt war, vor sich zu haben. Ein Überraschungsangriff schien ihm daher geboten. Er schickte daher die Korpsartillerie und die der 18.Division vor und ließ diese eine mächtige Aufstellung auf den Höhen nordöstlich von Verneville nehmen. Das gewaltige Feuer alarmierte dann  aber das IV.französiche Korps, und der Feind stellte sich schleunigst in Schlachtordnung auf.

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Die Lauenburger Jäger haben den Pachthof Chantrennes genommen und gehen nun weiter gegen das Gehölz des Genivaux vor.

Die Artilleriemasse des IX.Korps, die keinerlei Deckung hatte, erlitt nun schwere Verluste, besonders durch das feindliche Infanteriefeuer. Zum Schutz der Batterien wurde das I.Bataillon der 36er in den Wald de la Cusse und auf den Pachthof l'Envie vorgeschoben. Aus letzterem war der Feind nach kurzer Gegenwehr vertrieben worden. Zur Verstärkung wurden dann noch zwei Bataillone der 84er in den Wald geschickt, wo sie von heftigem Gewehrfeuer empfangen wurden und starke Verluste hatten. Dennoch wurde das Gehölz gehalten. Auf dem rechten Flügel des IX.Korps hatte der Kampf um Chantrennes zum Erfolg geführt, denn trotz großer Opfer war der Hof genommen und das Holz des Genivaux weitestgehend von den Jägern besetzt worden. Nur im östlichen Teil hatten sich noch Franzosen gehalten und so begann ein heftiges Gewehrgefecht, währenddessen der Pachthof zur Verteidigung eingerichtet wurde.

Zu dieser Zeit wurde die Lage der weit vorgeschobenen Artillerie immer bedenklicher, da feindliche Infanterie-Vorstöße bis fast an die Geschütze herankamen. Die 4.schwere Batterie wurde sogar trotz verzweifelter Gegenwehr genommen, und nur zwei Kanonen konnten in Sicherheit gebracht werden, da die Bespannungen zum größten Teil zusammen geschoßen waren. Der Feind wurde immer stärker und nahm sogar den Pachthof Champenoy ein. Dies führte nun auch noch zu einem verheerenden Flankenfeuer. Um der Artillerie etwas Luft zu verschaffen, wurde das Füsilier-Bataillon der 85er in den Wald de la Cusse vorgeschoben.

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Hessische reitende Artillerie im Kampf vor dem Gehölz de la Cusse.

Nun kam allerdings genau zur rechten Zeit bei den Deutschen die 25.Hessische Division bei Verneville auf dem Gefechtsfeld an. Diese hatte ihre reitenden Batterien vorausgeschickt und die Geschützaufstellung eingereiht. General von Manstein wollte nun mit dem Gardekorps gemeinsam operieren und beorderte die Hessen auf den Höhenrücken nördlich des Waldes de la Cusse vor. Die Batterien trabten vor und nahmen eine erfolgreiche Aufstellung links und rechts der Eisenbahn nahe am nördliche Waldrand ein. Trotz größerer Verluste konnte dadurch die Artilleriestellung der 18.Division entlastet werden. Das 4.hessische Regiment deckte seine Geschütze in vorderste Stellung, das 3.Regiment erkämpfte den nördlichen Waldrand. Ein weiterer Vorstoß eines Bataillons der 85er endetet blutig, die Norddeutschen mußten sich wieder in das Gehölz zurückziehen. Allerdings waren durch dieses mutige Vorgehen auch des Gegenstöße des Feindes ins Stocken geraten. Dieser Augenblick wurde genutzt, um die nicht mehr kampffähigen Teile der Artillerie hinter das Gehölz zurückzuziehen, was bei dem Mangel an Pferden nur Mühsam gelang. Man erkannte im Zusammenhang mit diesen Vorgängen, daß ein Halten der Geschützstellungen überwiegend vom Besitz der Ferme Champenoy abhängig war. Die drei letzten Batterien dort erhielten nun Befehl, den Hof unter Feuer zu nehmen. Sie wurden noch von der hessischen reitenden unterstützt, die zum Aufmunitionieren von ihrer ersten Stellung links des Waldes zurückgefahren war und nun hierher beordert wurden. Zum Angriff war das I.Bataillon des 2.hessischen Infanterie-Regiments bestimmt worden. Von dem in Brand geschossenen Pachthof l'Envie aus traten die Hessen an. Trotz des Todes des Bataillonskommandeurs Major Graeft gelang der Vorstoß völlig. Die brennenden Gebäude der Ferme wurden besetzt und bis zum Abend gehalten.

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Das 2.Hessische Regiment erstürmt den Pachthof Champenoy.

Durch die Wegnahme dieses Gehöfts war die Artilleriestellung endlich ein wenig gesichert. Dazu kam noch, daß die 1.hessischen Jäger sich vor diese Linie legen und so decken konnten. Einen weiteren Vorstoß des 3.hessischen Regiments wehrten die Franzosen ab.  Obwohl die Jäger kaum Deckung hatten gelang es ihnen trotz herber Verluste, die Geschütze nun gegen alle Angriffsbewegungen des Feindes zu schirmen.

Weiter südlich war der Wald östlich der Ferme Chantrenne immer noch von Franzosen im Ostteril besetzt. Selbst dem Vorgehen von zwei Bataillonen der 85er gelang es nicht, die Situation auf dem rechten Flügel des IX.Korps in den Griff zu bekommen. Auf dem linken versuchte man, sich mir der Garde ins Einvernehmen zu setzten, deren 1.Division bei Harbonville eingetroffen war. Es wurde verabredet, daß die Hessen den Wald de la Cusse mit Teilen der Garde als Reserve halten sollten, während die übrigen Teile der Preußen St.Privat angreifen sollten, um so den schweren Druck von der 25.Division etwas zu nehmen. Als um 3.30 Uhr nachmittags der Kommandeur der Hessen, Prinz Ludwig, Bewegungen vorwärts St.Marie bemerkte, glaubte er, diese durch eine gleichzeitige Offensivbewegung unterstützen zu müssen. Er ließ deshalb die 42.Brigade zu einem Angriff antreten. Durch diesen allerdings nur kurzen Vorstoß wurden die Franzosen etwas zurückgedrängt und die erschöpften Verteidiger des Gehölzes verstärkt. Als Reserve hinter dem IX.Korps rückte nun die 6.Kavallerie-Division und das III.Korps vor. Dessen Korpsartillerie verstärkte zuerst einmal die bisherigen Geschützstellungen auf den Höhen von Verneville und bei Chantrenne. Bei dem Gehölz de la Crusse standen jetzt 58 deutsche Geschütze, ständig verstärkt durch diejenigen, die sich wieder kampfkräftig haben machen konnten. So konnte gegen 4.30 Uhr in diesem Abschnitt fast die gesamte französische Artillerie zum Schweigen gebracht werden. Auch das Infanteriefeuer des Gegners nahm langsam ab, da links vom IX.Korps die Garde langsam zum Angriff antrat und die Sachsen noch weiter links den rechten Flügel der Franzosen zu umgehen suchten. Die 1.Armee hatte bis dahin auf dem rechten Armeeflügel wie befohlen eine abwehrende Taktik verfolgt.

Prinz Friedrich Karl hatte von Habonville aus bemerkt, daß der rechte Flügel der Franzosen nicht Amanvillers war, sondern daß die Stellung weit über St.Privat hinausreichte. Daher benachrichtigte er das IX.Korps und befahl, den Kampf dort nur noch hinhaltend zu führen. Das XII.Korps erhielt die Order, über Coinville nördlich an St.Marie vorbei auf Roncourt vorzugehen. Die Garde sollte auf St.Marie marschieren, hierzu sollte umgehend St.Ail besetzt werden. Von St.Louis aus rückten gleichzeitig französische Truppen vor, doch gelang es einem Bataillon der Garde-Füsiliere, den Ort vorher zu erreichen. Jetzt erst bemerkte obendrein, daß St.Marie stark vom Feind besetzt war. Um die weiteren Operationen zu sichern mußte es jedoch genommen werden. Zum Angriff wurden zwei Bataillone Garde-Füsiliere, ein Bataillon des 4.Garde-Regiments und in der Front die Garde-Jäger bestimmt. Das Dorf war zwar massiv gebaut, aber nicht künstlich verstärkt worden. Von den Sachsen wurde noch die 47.Brigade zur Unterstützung des Angriffs bestimmt. Mit Unterstützung der auf den Feldern um St.Ail aufgefahrenen Batterien ging die Infanterie, das Abwehrfeuer des Feindes nicht achtend, gegen den Dorfrand vor. Mit schallendem Hurra wurde das Dorf genommen und besetzt, einige hundert Franzosen gefangen genommen. Umgehend wurden die Verbände neu geordnet und die 1.Garde-Brigade mehr an das Dorf herangezogen. Die 4. stellte sich inzwischen in einer Mulde bei St.Ail auf, die Garde-Artillerie reicht fast von diesem Dorf bis nach Habonviller. Daher konnte das Feuer der feindlichen Geschütze stark eingedämmt werden. Nur die Infanterie der Franzosen versuchte vereinzelt Gegenstöße, die aber alle abgewiesen wurden. Allmählich trat an diesem Frontabschnitt eine Feuerpause ein, da man den Aufmarsch der Sachsen abwarten wollte.

Die sächsischen Truppen in St.Marie wurden umgehend ihrem Korps nachgeschickt, das schon in nordöstliche Richtung gegen Roncourt voraus war. Hier entwickelte sich ein nicht beabsichtigtes und für die Sachsen ungünstiges Gefecht, bei welchem der Brigadekommandeur Oberst von Leonhardi verwundet wurde. Die Truppen mußten nochmals zurückgenommen, die 47.Brigade neu gesammelt und geordnet werden. Schließlich griff die sächsische Artillerie in den Kampf ein und gegen die französischen Vorstöße ihr Feuer richten. Als der Kommandierende general Kronprinz Albert von Sachsen sah, daß Rancourt stark besetzt war, befahl ér dem Kommandeur der 1.sächsischen Division, seinem Bruder Prinz Georg, noch weiter nördlich diecht am Ornefluß entlang über Montois zu gehen, um dann endlich den tatsächlichen rechten Flügel der Franzosen zu erreichen. Während diese Anordnung ausgeführt wurde bemerkte man, daß sich der Gegner zu einem zu einem starken Angriff gegen das Gehölz in der Schlucht westlich Roncourt anschickte. Die 45.Brigade wurde daher sofort in den Wald in Marsch gesetzt, und ihr gelang es schließlich, diesen vom Fein zu säubern und zu halten. Einer feindlichen Kavallerie-Attacke wurd durch die reitenden Batterien Einheit geboten.

Um 5.00 Uhr abends war die Lage auf dem linken Flügel der 2.Arme wie folgt: Die 1.Garde-Division hatte in St.Marie gesammelt, die 3.Garde-Infanterie-Brigade stand noch bei Habonville als Reserve der Hessen am Wald de la Crusse, die 4. noch bei St.Ail. Von den Sachsen hatte sich die 47.Brigade wieder nördlich St.Marie gesammelt, die 45. das Gehölz bei Roncourt genommen, die 48. marschierte auf das Dorf zu, die 46. folgte ihr. Auf der ganzen Front der deutschen Armee war langsam ein Gefechtsstillstand eingetreten.

Auf dem rechten Flügel des Heeres stand im Laufe des Vormittags das VII. Korps von den Steinbrüchen bis Gravelotte, das VIII. bei Rezonville. Das heftige von der Front kommende Feuer bewog den Kommandieren General von Göben etwa gegen Mittag, auch die 15.Division auf Gravelotte vorzusenden. General von Zastrow ließ mit Genehmigung des Oberkommandos seine Korpsartillerie zwischen Gravelotte und dem Wald Ognons auffahren, die Infanterie blieb jedoch rein defensiv. Im Gehölz de Vaux wurde die Verteidigung durch das 13.Regiment verstärkt. Das 33.Regiment besetzte schließlich Gravelotte, vor dem in einer Senke die 15.Division stand. Die Franzosen hielten nach wie vor die Höhen und die Pachthöfe besetzt und hatten außerdem die Parallelwege ausgebaut. Von da aus wurden alle deutschen Truppen, die sich zeigten, unter ein verheerendes Feuer genommen.

Auf der deutschen Seite zog man langsam auch die Artillerie des VIII.Korps in die Stellungen der Geschütze des VII.Korps nach vorne. Dadurch standen schließlich 108 Kanonen auf der Linie Malmaison-Gravelotte-Bois des Ognons. Um diese Stellung zu schützen war es erforderlich, eine Festsetzung auf dem jenseitiges Hang der Manceschlucht zu erreichen. Dadurch würde das Dorf Gravelotte ebenfalls gesichert. Die 33er waren aus eigenem Antrieb schon aus dem Dorf in das Tal hinabgestiegen. Doch als sie versuchten, die Hochfläche zu betreten, wurden sie mit großen Verlusten zurückgeworfen. Das  Regiment hielt sich jedoch am rand der Schlucht, während die 60er an dessen Stelle Gravelotte besetzten. Die nun vorgeschickten 67er schoben sich nördlich der Straße im Wald vor. Links von ihnen gingen nun auch die 28er vor, rechts bis zur Straße hin die 8.Jäger. Trotz großer Verluste gelang es, den Waldsaum zu halten. Bald nach 2.00 Uhr hatte die ganzte 30.Brigade (28er und 67er) den Talgrund erreicht. Weiter kam sie jedoch nicht. Die 67er sowie die 8.Jäger, die fast alle Offiziere verloren hatten, waren inzwischen bis auf 250 Schritt an die Ferme St.Hubert herangekommen. Dadurch konnte das Feuer aus diesem Gehöft wirksam nieder gehalten werden. Auch die 33er schoben sich von Süden her an das Gehöft heran. Ein Sturmversuch scheiterte jedoch blutig. Um die Lücken zu füllen wurden die 60er in die 33er hineingeschoben. Die Batterien rückten nun auch dichter an die Senke heran und unterstützen dadurch die Infanterie wirksamer.

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Ein Bataillon der 69er rückt aus Gravelotte kommend auf der Chaussee in Richtung St.Hubert vor.

Es war offensichtlich geworden, daß die Einnahme der Ferme St.Hubert eine dringende Notwendigkeit war, wenn man sich in diesem Abschnitt dauerhaft halten wollte. Auf das Wohnhaus und die zwei Ställe wurde nun das Feuer der deutschen Artillerie konzentriert. Der nun folgende Sturm der Infanterie war erfolgreich. Die Besatzung floh, aber trotzdem konnten 40 Gefangene gemacht werden. Auch Teile der 60er waren am Angriff beteiligt. Ihr Versuch, weiter anzugreifen, wurde jedoch blutig von den Franzosen abgewiesen. St.Hubert wurde sofort besetzt, die feindliche Linie lag nur etwa 300 Schritt entfernt. Mittlerweile waren 18 Kompagnien der Regimenter 28, 33, 60, 67 und der 8.Jäger zusammengekommen. Da ein weiteres Vorgehen unmöglich war, kam das Gefecht hier vorläufig zum erliegen.

General von Steinmetz, der Oberkommandierende der 1.Armee, glaubte im Zusammenhang mit diesen Vorgängen eine größere Einschüchterung der Franzosen erkannt zu haben. Er ordnete daher einen allgemeinen Vorstoß an. Doch die Franzosen schienen nur auf eine solche Gelegenheit gewartet zu haben. Ihre Truppen, verstärkt durch bisher zurückgehaltene Batterien, eröffneten ein furchtbares Feuer auf die Angreifer. So mußte auch die zum Angriff mit angetretene Kavallerie schleunigst Deckung suchen. Die vorgehenden Batterien wurden zum Teil gänzlich zerschossen, nur wenige konnten in dem Geschoßhagel ausharren. Nun setzten die Franzosen zu einem größeren Gegenstoß an. Doch zum Glück entwickelte sich in diesem Moment rechts der Chaussee das Füsilier-Regiment Nr.39 und bildete dort den Kern einer Stellung, die die zerstreuten Teile der 33er und 60er aufnehmen konnten.

Die 29er hatten mit verschiedenen Teilen Vorstöße auf die Ferme Moscow und den Point du Jour gemacht. Diese waren jedoch alle gescheitert und die Versprengten hatten sich um St.Hubert herum gesammelt. Auch die 69er waren nun gänzlich auseinander gekommen und hatten keine einheitliche Führung mehr. Einige Batterien, die sich verschossen hatten, mußten zurückgenommen werden. So fand um etwa 5.00 Uhr auf der ganzen Linie ein Stillstand des Kampfes statt.

Marschall Bazaine schien erst im Laufe des Tages klar zu werden, daß trotz der heftigen Kämpfe auf seinem linken Flügel der rechte wesentlich bedrohter war. Er befahl deshalb dem Marschall Canrobert, St.Privat auf das hartnäckigste zu verteidigen. Dieser hatte wohl von sich aus schon die Front bis Roncourt verlängert. Bazaine, der sich mit seinem Stab auf der Höhe bei St.Quentin befand, war offensichtlich über die Bewegungen der Deutschen schlecht oder teilweise gar nicht informiert. Die Annahme, daß sich große Teile noch auf dem rechten Moselufer befinden, veranlaßte ihn, seinen linken Flügel noch durch Teile der Garde als Reserve zu verstärken. Erst gegen 3 Uhr nachmittags bemerkte der Marschall die Ausdehnung der deutschen Armee nach Norden. Nun wurde endlich wenigstens eine Division der Garde auf den rechten Flügel geschickt.

Bei der 1.Armee war im Laufe des Vormittags der größte Teil des VII.Korps auf Gravelotte vorgeschickt worden. Die noch an der Mosel stehende Brigade erhielt um 4.00 Uhr den Befehl, sich auf das Dorf Vaux in Bewegung zu setzen. Infolge dessen gingen die 15er auf das Dorf, die 55er in Richtung Steinbrüche vor. Aus guten Stellungen erwarteten die Franzosen den Angriff. Dennoch was das Dorf nicht besetzt und konnte genommen gewerden. Die Höhen wurden schließlich von den Deutschen mit dem Bayonett genommen. Nun wurde auch das Dorf Jussy von Teilen der 16er und 55er angegeriffen und auch besetzt. Da hier keine weiteren Erfolge mehr erzielt werden sollten, kam das Feuergefecht zum Stillstand und General von der Goltz konnte sich darauf beschränken, die Moselübergänge und die rückwärtigen Verbindungen zu sichern.

Bei St.Hubert hatte das VIII.Korps im Übereifer weitere Schritte gemacht, als von der Heeresleitung geplant gewesen war. Dies hatte zumindest den Erfolg gebracht, daß ein großer Teil der französischen Reserven hier gebunden waren. Der König war um 5.00 Uhr nachmittags bei Gravelotte eingetroffen und hatte befohlen, das II.Armeekorps der 1.Armee zur Verfügung zu stellen. Dieses Korps war etwa um 3.30 Uhr bei Rezonville eingetroffen und der Kommandierende General von Fransecky hatte sich nach 5.00 Uhr mit der Korpsartillerie und der 3.Division nach Gravelotte in Marsch gesetzt. Die 32.Brigade mit den Regimentern 72 und 40 hatte sich sofort in den Mancegrund begeben. Aufgrund des starken Feuers auf dem rechten deutschen Flügel gab der König nun den Befehl, die Höhe von Point du Jour anzugreifen, um den Feind hier zu binden. Hierzu wurden die disponiblen Bataillone des VII.Korps über den Mancregrund vorgeschickt, das II.Korps sollte sich diesem Vorgehen anschließen. Diese Vorgänge spielten sich auf deutscher Seite um etwa 7.00 abends ab, als zur gleichen Zeit die französischen Truppen mit gewaltiger  Artillerieunterstützung zu einen großen Gegenangriff antraten. Die vordersten deutschen Stellungen konnten trotzdem mit äußerster Mühe verteidigt werden, unterstützt von den wenigen Batterien, die noch feuern konnten. Die Franzosen schafften es nicht, ihre Stellungen zu stürmen. Allerdings war auch die Kampfkraft der Verteidiger kaum noch meßbar, die Erschöpfung war einfach zu groß.


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Die Schlacht bei Gravelotte-St.Privat - Stellungen um 7.00 Uhr abends.

Die noch frische 32.Brigade setzte nun ihrerseits zum Gegenstoß an. Doch nach kurzem Vordringen auf der Straße mußten auch sie dem Kreuzfeuer des Feindes weichen. Auch das VII.Korps machte mit Teilen der Regimenter 73 und  77 eine Vorbewegung über die Mühle de Mance hinweg. Zwar schlossen sich auch noch Teile der 13er an, die einbrechende Dunkelheit sorgte jedoch dafür, daß die Bewegung nicht über die Waldränder hinaus durchgeführt wurde.

Während dieser Vorgänge war auch das II.Armeekorps herangekommen und griff trotz einbrechender Dunkelheit in den Kampf ein. Den 2.Jägern und Teilen der 39er gelang es, sich dem Point du Jour bis auf 100 Schritt zu nähern und dort auch eine Batterie zu sichern, die tapfer ausgeharrt hatte. Ihnen nach gingen die 54er und kamen sehr nahe an die Ferme Moscow, wo sie sich festsetzten. Bald folgten die 14er und 2er, die seitwärts der Straße vorgehen mußten, da diese von Versprengten und Verwundeten fast völlig verstopft war. Auch die zuerst in Reserve gehaltenen 42er wurden noch geschlossen rechts der Straße gegen die Höhen von Point du Jour vorgeführt. Um 9.00 Uhr in halbdunkeler Nacht ging auch das 21.Regiment über St.Hubert bis in die vordersten Linien vor und verstärkte diese. Auch das 61.Regiment erreichte noch den östlichen Abhang des umkämpften Höhenrückens, dann wurde der Kampf wegen der Dunkelheit eingestellt. Das II.Korps bekam den Auftrag, die Stellungen zu halten, während das VII. und VIII.Korps gesammelt wurden, um am nächsten Morgen ggf. die Schlacht fortsetzen zu können.

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Die 39er sichern auf den Höhen von Point du Jour eine dort ausharrende Batterie.

Im Zentrum bemerkte General von Manstein nach 5.00 Uhr eine Vorwärtsbewegung des Gardekorps von St.Marie in Richtung St.Privat. Er befahl daher der ihm zur Verfügung gestellten 3.Garde-Brigade das Vorgehen auf Amanvillers, das 1. und 2.hessische Regiment, die an der Bahn lagen, sollten den Angriff unterstützen. Das Terrain bot kaum Deckung beim Vorrücken, das Dorf hatte jedoch starke Mauern und unterstützte somit den Verteidiger. Das Garde-Schützen-Bataillon ging auf der Straße vor, kam bis auf ca. 600 Schritt an die Ortschaft heran und mußte sich dort aufgrund des starken Abwehrfeuers nordürftig einnisten. Alle Offiziere waren gefallen oder verwundet, ein Fähnrich führte schließlich das Bataillon.

Die beiden Garde-Regimenter der Brigade waren rechts und hinter von den Garde-Schützen und den Hessen vorgegangen. Ein Bataillon der Alexander-Grenadiere erreichte endlich unter starken Verlusten den rechten Flügel der Schützen, ein weiteres löste die völlig erschöpften Hessen gegenüber Schloß Montigny ab. Zwei Bataillone des Elisabeth-Regiments schoben sich dann zwischen diese beiden Bataillone. Doch ein Vorkommen war nicht mehr möglich. Zwar konnten die Franzosen auch hier die Preußen nicht mehr  zurückdrängen, das Dorf war nicht genommen worden. Auch das Vorgehen von zwei weiteren hessischen Bataillonen kam nicht weit. Der Höhenrücken sowie ein Schutz bietendes Bahnwärterhäuschen etwa in Höhe der Gardetruppen wurde erreicht. Auch zwei Bataillone des Regiments 84 konnten die Garderegimenter nicht mehr vorreißen. Immerhin waren die Batteriestellungen südlich des Gehölzes durch das Vorwärtsdringen weiter geschützt worden. Auf dem rechten Flügel des IX.Korps war die Infanterie nicht mehr vorangekommen. Lediglich einige neu aufgestellten Batterien gaben hier mehr Sicherheit. So kam das Gefecht gegen 7.00 Uhr abends zum Stehen.

Als der Kommandierende General des Gardekorps Prinz August von Württemberg die große Artillerie-Aufstellung der Sachsen auf seiner linken Seite sah, und andererseits die nicht ungefährliche Lage des IX.Korps zu seiner Rechten bemerkte, glaubte er, das nun der richtige Zeitpunkt zum Angriff auf St.Privat gekommen sei.

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Der Aufmarsch der 1.Garde-Infanterie-Division auf St.Privat.

Die 4.Garde-Brigade (Regimenter Franz und Augusta) wurde südlich der Straße von St.Ail aus kommend in Marsch gesetzt, die 1.Garde-Brigade mit den Regimentern 1 und 3 nördlich davon, die 2.Garde-Brigade folgte dieser. Das Regiment Franz erlitt schon beim Entwickeln auf dem linken Brigadeflügel erhebliche Verluste. Dennoch kam es bis auf etwa 500 Schritt an die vordersten feindlichen Linien heran, dann kam der Angriff an einem Heckenweg zum Stehen. Die Reste des Regiments behaupteten hier allerdings zäh das gewonnene Terrain.

Das Regiment Augusta, verstärkt mit einem Bataillon Alexander-Grenadier, erkämpfte ebenfalls unter hohen Verlusten den Heckenweg. Schließlich wurde der Höhenrücken südwestlich von St.Privat erreicht. Einige Batterien der Garde folgten und konnten so die Stellung verstärken. Die etwas exponierte Stellung der Mitte wurde so unter furchtbaren Verlusten entlastet. So hatte die gesamte Brigade nur noch einen unverwundeten Stabsoffizier! Der Kampf ging hier schließlich in ein stehendes Feuergefecht über.

Eine halbe Stunde nach dem Antreten der 4.Garde-Brigade ging auch die 1.Garde-Division nördlich der Straße vor. Das Gelände bot keinerlei Deckung, die Mauern um St.Privat waren jedoch dicht von Schützen besetzt. Da die Sachsen gegen Roncourt feuerten und die eigenen Batterien die feindliche Infanterie unter Feuer nahm, war das Dorf St.Privar bis dahin so gut wie nicht erschüttert. Der Kommandeur General von Pape hätte auch gerne - gerade aus diesen Gründen - ein späteres Antreten seiner Division gewünscht. Sein Anliegen wurde aber vom Korps nicht genehmigt. So kam es, daß der Angriff der Garde-Infanterie durch viel zu wenig Artilleriefeuer vorbereitet worden war.

Die 1.Garde-Brigade mußte erst südlich von St.Marie kommend einen Flankenmarsch machen und dann einschwenken. Schon dabei gab es die ersten nennenswerten Verluste. Das Füsilier-Bataillon des 3.Regiments trat zuerst in den Kampf. Dieses konnte bis auf 900 Schritt an das Dorf herankommen. Ein weiteres Vorgehen gelang trotz immenser Verluste vor allem an Offiziere nicht. Auch das II.Bataillon rückte unter ähnlichen Verlusten vor, der Kommandeur Oberstleutnant von Holleben wurde schon frühzeitig tödlich verwundet. Links von diesen marschierte nun das Füsilier-Bataillon des 1.Regiments vor, das II. folgte und schwenkte auf der Höhe der anderen etwas gegen Roncourt ein. Das 2.Regiment wurde nun in eine nördlich der Chaussee entstande Lücke vorgeschickt, was wieder eine erhebliche Menge an Verlusten besonders an Offizieren kostete. Nach diesem halbstündigen Angriff gab es schon Tausende von Gefallenen oder Verwundeten, das Terrain jedoch, das erobert worden war, konnte gehalten werden.

Auf dem linken Flügel der Division wurde nun auch noch das 4.Regiment vorgeschickt, das ebenfalls bis auf die Höhen der schon eingesetzten Truppen vorkam. Die Artillerie war durch den Divisions-Kommandeur General von Pape angewiesen worden, den Ort unter Feuer zu nehmen um so die Infanterie zu entlasten. Gegen 7.00 abends standen dann 14 Garde-Batterien bei St.Marie im Kampf, von denen 10 gegen St.Privat feuerten. Zuerst geriet das Vorwerk Jerusalem und später dann das ganze Dorf in Brand, so daß die Verteidiger nicht mehr mit der alten Ruhe ihr Feuer gegen die immer dünner werdenden Linien der Garde abgeben konnten.

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Kronprinz Albert von Sachsen während der Kämpfe um Roncourt und St.Privat.

Von Norden her kam nun eine immer stärker werdende indirekte Unterstützung durch das XII.Korps. Die 45.Brigade war Herr des Gehölzes von Auboue geworden und das Regiment 108 hatte sich bis auf die Höhenwand vorgeschoben. Auch das 100.Regiment war auf dem linken Flügel der Sachsen bis auf den Höhenrücken herangekommen während die 101er gegen Montois ein hinhaltendes Gefecht führten. In der Zeit war auch die 47.Brigade bis an den Waldsaum vorgezogen worden. Das Wichtigste aber war, das die Korpsartillerie auf Veranlassung des Kronprinzen Alber südlich des Waldes von Auboue eine sehr wirkungsvolle Aufstellung gegen Roncourt nahm und von dort die französische Artillerie bald zum Verstummen brachte. Während dieser Vorgänge hatte die 48.Brigade ihre Ausholende Bewegung vollendet und bog gegen 6.00 Uhr von der Straße ab, um gegen Montois vorzugehen, welches wider Erwarten nicht vom Feind besetzt war. Das ermöglichte der Brigade, sofort weiterzurücken und gegen Roncourt vorzugehen. Auch die 45.Brigade, deren rechten Flügel mit dem linken der Garde Fühlung aufgenommen hatte, gewann immer mehr Terrain. So rüstete sich alles anmählich zum letzten Ansturm gegen die Dörfer Roncourt und St.Privat.

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Der Sturm auf St.Privat am späten Abend des 18.August 1870.

Marschall Bazaine hatte endlich die Gefahr erkannt, in der sein rechter Flügel sich befand. Die Garde-Grenadier-Division sollte Hilfe bringen. Doch die enorm weit ausholende Bewegung der Deutschen, besonders der Flankenmarsch der Sachsen längs des Orneflusses, hatte dazu geführt, daß die Franzosen ihre gefährdeten Truppenteile zurücknehmen wollten. Unter dem Schutz der starken Avantgarde, die Roncourt besetzte, wurde diese Bewegung mit großem Geschick durchgeführt. Die 48.Brigade fand somit vor Roncourt nur noch schwachen Widerstand. Das Dorf wurde gleichzeitig mit dem 108.Regiment, den Garde-Pionieren und Teilen des 1.Garde-Regiments genommen, während ein Bataillon 106er gegen den Wald von Jaumont Front machten.

Jetzt konzentrierten sich alle Kräfte auf einen letzten Anlauf auf das Dorf St.Privat. Zwei Bataillone 107er waren schon vor Roncourt abgeschwenkt, auch das 101.Regiment der 45.Brigade schloß sich diesem Vorgehen an, ebenso das regiment 100, welches ursprünglich auf Roncourt dirigiert worden war. Die 107er bekamen schon auf 1000 Schritt ein mörderisches Feuer entgegengeschickt, trotzdem gingen sie weiter vor. Als die Reste der 45.Brigade heranwaren wurden zwei hintereinander liegende Mauern erstürmt, man war nun bis auf 300 Schritt an das Dorf herangekommen.

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Das 4.Garde-Regiment erstürmt eine Mauer vor dem Dorf St.Privat.

Auch die Garde hatte sich in dieser Zeit vorwärts geschoben und das 4.Regiment hatte mit den Sachsen zugleich eine Mauer vor dem Dorf erreicht. Hier bekam das Garde-Regiment Fühlung mit dem 100. und 101. Regiment. Die Artillerie war nunmehr ebenfalls vorgerückt und bildete einen Bogen etwa von Roncourt bis zur Straße St.Marie-St.Privat. Auf 1400 Schritt nahmen 14 Batterien das Dorf St.Privat unter Feuer. Nun rückten auch noch von Norden her das 108.Regiment und vom Walde Auboue die 46.Brigade heran, und von St.Ail aus marschierte die 20.Division zur Hilfe herbei.

Mit der untergehenden Sonne wurde der Befehl zum Sturm auf St.Privat gegeben. Von drei Seiten drangen die Regimenter gegen den letzten französischen Stützpunktb auf diesem Flügel vor. Das Dorf wurde im ersten Anlauf genommen, allerdings tobte der Kampf in dem Ort noch weiter. Erbittert wurde um Häuser und Gehöfte gerungen, die Kirche ging in Flammen auf, und erst um ca. 8.00 Uhr erlosch der blutige Kampf. Ca. 2000 unverwundete Franzosen wurden zu Gefangenen gemacht. Um dem Wirrwarr einigermaßen Herr zu werden - Teile von 12 Regimentern waren hier im Einsatz - wurden nun die Garde-Regimenter seitwärts und rückwärts des Dorfes gesammelt und die Garde-Füsiliere als frische Reserve beim Vorwerk Jerusalem aufgestellt.

Die französischen Garde-Grenadiereschützen den teilweise in wilde Flucht ausartenden Rückzug des VI.französischen Korps auf Metz. Eine deutsche Geschützaufstellung von 23 Batterien südlich von St.Privat gab diesem Zurückweichen noch Nachdruck. Zur Bedeckung derselben wurden 2 Bataillone der 57er von St.Ail hervorgeholt. Letzte kleinere Gegenstöße der Franzosen  zerschellten am Abwehrfeuer der deutschen Truppen. Teile der 106er und 107er drangen noch bis Bronvaux vor und säuberten auch diese Gegend vom Feind. Spät abends griff noch die 20.Division mit ihren Spitzen kurzzeitig in die letzten Gefechte ein. Das IX.Korps hatte geplant, unter zu Hilfe nahme des III.Korps noch eine Vorwärtsbewegung zur Entlastung des Gardekorps durchzuführen. Die einbrechende Nacht machte aber diesem Vorhaben dann doch frühzeitig ein Ende.

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König Wilhelm am Abend nach der Schlacht.

Der rechte französische Flügel war geschlagen, der linke jedoch noch kampffähig. Die deutsche Armee hatte allerdings noch unberührte Reserven. Für die Nacht wurde angeordnet, daß die Truppen auf den erreichten Plätzen biwakieren sollten. Marschall Bazaine zog seine Korps nun alle auf Metz zurück, so daß die bisherigen preußischen Angreifer bei der kommenden Belagerung zu Verteidigern wurden.

Fast 20000 Tote, Verwundete und Vermißte hatte dieser Sieg die Deutschen gekostet, darunter eine erschreckend hohe Anzahl an Offizieren. Er war also sicherlich sehr teuer erkauft. Aber dennoch war es ein Sieg, und zwar ein entscheidender. Die Hälfte der kaiserlichen französischen Armee war eingeschlossen, und die Belagerung machte nun Truppen frei, die anderweitig verwendet werden konnten.