ek Die Schlacht bei Colombey-Nouilly am 14.August 1870 ek


Nach den Grenzschlachten am 6.August war die Fühlung mit dem Feind zuerst einmal völlig verloren gegangen, da sich die französischen Truppen auch unter Mithilfe der Eisenbahn schnell zurückgezogen hatten. Obendrein erkannte man durch Aufklärung ein merkwürdiges Hin- und Hergehen des Feindes, was allerdings dadurch zu erklären war, daß eine vorgesehene französische Stellung an der Nied sich als völlig unbrauchbar erwiesen hatte, weil z.B. vorliegende Wälder eine Aussicht total  verdeckten.

Kaiser Napoleon III. hatte, auch durch schwere Leiden geplagt, den Oberbefehl über sein Heer niedergelegt und diesen dem Marschall Bazaine übertragen. Es schien, als ob der Monarch dem neuen Führer die Aufgabe vorgeschrieben hatte, die Armee vorläufig nach Verdun zurückzuführen. Der Marschall plante, am 14.August mit seiner ganzen Armee nach Westen abzurücken. Hierzu waren Tage vorher schon Befehle ergangen. So sollten sein III. und IV.Korps über Doncourt, sein II. und VI. über Mars la Tour abmarschieren. Die beiden Kavalleriedivisionen sollten jeweils auf einer Straße die Spitze nehmen, das Gardekorps sollte dem VI.Korps folgen. Diese Teile standen noch westlich der Mosel, unterhalb der Festungen waren indes schon einige Brücken geschlagen worden. Als Kanonendonner ein Gefecht verkündete, machten die meisten schon im Abrücken begriffenen Truppen kehrt, weil sie des nutzlosen Hin- und Herziehens überdrüssig waren.

Auf deutscher Seite war die Absicht, mit dem rechten Flügel die Franzosen festzuhalten und mit den anderen Korps die Flanke oder gar den ganzen Rücken der Franzosen zu gewinnen. Würde der Feind jedoch abziehen könne, dann wäre diese Planung  unmöglich geworden. Dem Wortlaut nach hatte die 1.Armee, der rechte Flügel des deutschen Heeres, den Befehl, zu "beobachten", und General von Steinmetz erteilte auch dementsprechende Order. Ab ca. 11.00 Uhr alledings häuften sich bei dem Oberkommandierenden jedoch die Meldungen, daß die Franzosen im Abrücken seien. General von Manteuffel, der Kommandierende General des I. (Ostpreußischen) Armeekorps, hatte sich sogar gegen 2.00 Uhr mittags persönlich in vorderster Linie von den Bewegungen überzeugt. Da diese feindlichen Tätigkeiten jedoch auch auf einen Angriff hätten hindeuten können, alarmierte General von Manteuffel alsbald seine beiden Divisionen. Von der Flanke aus konnte das VII. (Westfälischen) Armeekorps allerdings deutlicher Wahrnehmen, was vor Metz vorging, und es erkannte, daß die französiche Armee tatsächlich Anstalten machte, sich über die Mosel zurückzuziehen.

Generalmajor von der Goltz, der Kommandeur der 26.Infanteriebrigade und Führer der Avantgarde, glaube daher, im Sinne der höheren Führung zu handeln, wenn er die Franzosen noch in der Front festhalten könne. So beschloß er, um ca. 3.30 Uhr nachmittags auf eigene Verrantwortung anzugreifen. Er meldete dies seinem und dem Nachbarkorps und rückte dann umgehend mit seinen Männern aus dem Biwak bei Laquenery ab.

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Die nach den Kämpfen völlig zerstörte Ferme Colombey.

Die Absicht des Generals war es, den Talrand von Colombey in Besitz zu nehmen. Zwei Bataillone der 15er und zwei Batterien gingen auf Schloß Aubigny vor und die 7.Jäger links auf Colombey. Die 8.Husaren deckten die rechte Flanke, die 55er und der Rest der Brigade folgte über Marsilly. Das Schloß wurde rasch genommen und Colombey nun von zwei Seiten her angegriffen. Im ersten Anlauf wurden dann Dorf und Höhe genommen, ein Gegenstoß der Franzosen siegreich abgewiesen.

Ein Bataillon der 15er besetzte nun La Planchette, zwei Bataillone der 55er wurden umgehend zur Unterstützung nach Colombey vorgezogen. In dieser Aufstellung hielten sich die Truppen über eine Stunde lang trotz eines Verlustreichen Gefechts. Die Brigade kam nicht weiter vorwärts, da die Franzosen u.a. ein Tannenwäldchen dicht vor dem Dorf weiterhin behaupten konnten. Auch verstärkte sich der Feind mehr und mehr und man vermutete auf deutscher Seite die Vorbereitung eines umfassenden Gegenangriffs. In dieser kritischen Lage kam Hilfe, denn die 13.Division rückte mit der 25.Brigade (Regimenter 13 und 73) zügig heran, und auch von weiter nördlich kam Meldung, daß das ganze I.Korps anmarschiert käme.

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Das I.Bataillon der 13er greift bei Colombey in den Kampf ein.

Die ersten Batterien der Ostpreußen fuhren bei Montoy und der Brasserie von Noisseville auf und unterstützen wirkungsvoll die Kämpfer bei Colombey. Ein Bataillon 44er hatte die Spitze der Infanterie und war das erste, das gegen Nouilly vorging. Das stark verbarrikadierte, aber nicht verteidigte Dorf wurde genommen und auf der Höhe der Kampf gegen die überlegenen Feinde eingeleitet.

Auf dem linken Flügel des I.Korps rückte allmählich auch die 1.Division heran und konnte der begrängten Brigade von der Goltz unmittelbar Hilfe bringen. Die 1.Jäger und und das Regiment Nr.43 drangen gegen die Höhen nördlich von Montoy. Die 43er griffen dann das Dorf Lauvallier an und komnnten es trotz schwerer Verluste nehem. Ein weiteres Vordringen auf der Straße nach Bellecroix war allerdings nicht möglich, da die Talhänge gegenüber stark mit Schützen besetzt waren.

Weitere Verstärkungen rückten bei den Preußen vor: ein Bataillon der 44er und das ganze Regiment Nr. 4 waren im Heraneilen. Als um ca. 6.00 Uhr das Vorgehen der Franzosen Vany und Villers l'Orme bemerkt wurde, ließ der Kommandeur der 3.Brigade, Generalmajor von Memerty, ein Bataillon der 4er auf den rechten Flügel rücken während die anderen ebiden auf der Straße nach Bellecroix vorgingen, weil hier der Feind Veersuche machte, die Front zu durchbrechen. Doch dieser erste Anlauf wurde vom Feind blutig abgeschlagen. Der Kampf in und um Lauvallier ging hin und her. Weitere 3 Kompagnien der 43er verstäkten nun noch die deutschen Reihen. So waren nun nach 6.00 Uhr abends Truppen von drei Divisionen in vorderster Linie, ohne einen rechten Vorteil erreicht zu haben. Aber nun kamen drei frische Batterien nach vorne, protzten bei der Brasserie ab und überschütterte die Franzosen auf der Höhe mit Feuer. Dies war abernur der Auftakt, denn mehr und mehr Geschütze folgten, und schließlich waren 60 preußische Kanonen aufgefahren und hatten in den Kampf eingegriffen. Unter dem Schutz dieses Feuers gelang es zumindest einzelnen Truppenteilen der Regimenter 43, 15 und 55, den jenseitigen Talrand des Colombeybaches bei La Planchette und Lauvallier zu erreichen. Jedes weitere Vordringen jedoch wurde von den Franzosen abgewiesen.

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Feldartillerie hat abgeprotzt und richtet das Geschütz ein.

Weitere Verstärkungen rückten bei den Deutschen nun an. Zuerst wurde die 25.Infanterie-Brigade durch General von Zastrow, dem Kommandierenden General des VII.Armeekorps, zur Unterstützung des Angriffs auf die Colombey-Höhen vorgeschickt. Die 28.Brigade sollte den linken Flügel der Brigade von der Goltz unterstützen, die 27.Brigade blieb in Reserve. Nun versuchten je ein Bataillon 13er und 73er, die Höhen bei La Planchette zu ersteigen. Diesem Angriff schlossen sich die dort schon im Gefecht stehenden Teile der 13er und 15er an. Es gelang schließlich, die Pappelallee längs der Höhe in Besitz zu nehmen. Um das schon bekannte Tannenwäldchen wurde weiter heftig gerungen. Nachdem die Preußen es kurzfristig eingenommen hatten, wurde sie wieder mit blutigen Verlusten hinausgeworfen. Schließlich gelang es je einem Bataillon der 13er und 73er, diese neuralgischen Punkt endgültig zu erobern. Unterstützt durch die 1.Jäger konnten dann gegen 7.00 Uhr abends die Höhen definitiv erreicht werden. Alle Versuche der Franzosen, die Preußen hier wieder zurückzuwerfen, scheiterten. Aber auch die völlig erschöpften Deutschen konnten hier keinen Boden mehr gut machen.

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Die Schlacht bei Colombey-Nouilly - Stellungen um 7.30 Uhr abends.

Auf den Höhen bei Colombey war das Gefecht zu einem Abschluß gekommen, bei Nouilly war die Situation indessen eine doch recht bedenkliche geworden. Umgehungsversuche der Franzosen veranlaßten General von Memerty, ein Bataillon der 4er auf Servigny vorrücken und Teile der 44er eine Aufnahmestellung einnehmen zu lassen. Neu hinzukommende Artillerie feuerte von Servigny und Noisseville aus. Mittlerweile waren es nun 90 Geschütze, die die Infanterie unterstützen.

Inzwischen war auch die durch Abgaben stark geschwächte 28.Brigade herangekommen. Sie ging links an den bei Colombey kämpfenden Truppen vorbei, übrschritt den Bach und ging in Richtung Grigy vor. Dann nahm sie den Kampf mit dem im Wald bei Borny liegenden Franzosen auf. Ein Bataillon 56er faßte kurz danach Stellung bei La Grange aux Bois. Eine Kompagnie 77er mit einer Batterie als Unterstützung verlängerte links den Flügel bis Grigy.

Hier traf von Peltre kommend nun die 18.Division der 2.Armee und Hilfe ein. Als dessen Artillerie in den Kampf eingriff, räumte der Feind den Wald von Borny und das Dorf Grigny, welches sofort durch 77er besetzt wurde. Die einbrechende Nacht und die Nähe der Forts von Metz machten nun auch hier den Kämpfen ein Ende.

Auf dem rechten Flügel waren bisher 7 Baillone in das Gefecht bei Nouilly verwickelt worden. Das Dorf sollte unter allen Umständen gehalten werden, da General von Manteuffel plante, dem sich immer mehr ausdehenen linken Flügel der Franzosen mit der 4.Brigade entgegen zu treteten. Von großem Vorteil war, daß zwei frische Bataillone der 3er endlich die Höhen von Mey nehmen konnten. Diese erklommen nun die Weinberge westlich von Nouilly, was den 44ern nun ermöglichte, ebenfalls die ihnen gegenüber liegenden Höhen zu gewinnen. Bei völliger Dunkelheit wurde das Dorf Mey selbst schließlich noch genommen. Die Artillerie hatte wieder kräftige Unterstützung geleistet und auch bei Poix und Servigny feuerten weiter vorgegangene Geschütze bis tief in die Nacht. Das Füsilier-Bataillon Regiments Nr.4 griff noch in dunkeler Nacht das Dorf Villers l'Olme an, wodurch der rechte Flügel endlich gesichert wurde. Nur in der Mitte bei Lauvallier gelang es den Franzosen, die erschöpften Deutschen von den Höhen wieder in das Tal hinab zu werfen. Hier jedoch ordnete der Divisionskommandeur Generalleutnant von Bentheim die durcheinander gekommenen Massen und führte sie trotz der Dunkelheit wieder zum Angriff vor. Tatsächlich gelang es Teilen der Regimenter 3, 4, 43 und 44 den Rand der Höhe wieder zu erobern. Dort dauerte das Gefecht noch bis weit in die Nacht fort. Zwei noch eingetroffene Bataillone des Regiments 41 wurden zur Verfolgung eingesetzt und kamen sogar bis Valleries, welches schon hinter den großen Forts von Metz lag. Auf dem äußerst rechten Flügel drangen Truppen der 4.Brigade bis über Villers l'Olme vor. Auf dem äußerst linken Flügel der Preußen verfolgten die reitenden Batterien die Franzosen noch über Grigy hinaus. Schließlich machte aber die vollständig hereingebrochene Dunkelheit allen Kämpfen ein Ende.

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General von Bentheim führt bei schon einbrechende Dunkelheit die Truppen nochmals gegen die Höhen vor.

General von Steinmetz befahl zwar das Zurückgehen in die alten Stellungen, gestatte aber im Hinblick auf das Bergen von Verwundeten und Gefallenen und auch auf das Siegesgefühl der Truppen ein Verbleiben auf dem Schlachtfeld. Beim I.Korps zogen die Einheiten sich überwiegend zurück, beim VII.Korps traf der Befehl so spät ein, daß dies nicht mehr möglich war. Die Preußen hatten 223 Offiziere und ca. 5000 Mann verloren, die Franzosen 220 Offiziere und 3408 Mann. General Decaen war schwer verwundet, Marschall Bazaine hatte einen Streifschuß erhalten.

Letzterer konnte im Schutze der Nacht und den Kanonen seiner Forts nun ungehindert abziehen. Der strategisch große Erfolg des taktisch fruchtlosen Sieges war der, daß die Deutschen nun die Zeit gewonnen hatten, eine große Umgehung von Metz zu beginnen: Pont-a-Mousson - Vionville - Mars la Tour - Gravelotte und St.Privat waren die Stationen. Der Feind hatte den Fehler begangen, sich noch östlich von Metz festhalten zu lassen. Die Franzosen ahnten nichts von dem kommenden Unheil, denn Napoleon telegraphierte an Bazaine scheinbar recht befriedigt: "Sie haben den Zauber gebrochen".