ek Die Belagerung von Straßburg vom 12.August bis 28.September 1870 ek


Straßburg hatte damals ca. 85 000 Einwohner. Die Stadt war aus deutscher Sicht militärisch wichtig, denn von hier aus stand den Franzosen der Weg in den Schwarzwald offen. Zwischen der Stadt und einem Rheinarm lag die von Bauban gebaute Citadelle, doch entsprach die Festung nicht mehr den damaligen Ansprüchen. Die neuen weittragenden gezogenen Geschütze waren eine technische Entwicklung, der man im Festungsbau nicht nachgekommen war. Jede Belagerung mußte somit also auch die Bürgerschaft treffen, da die vorgelagerten Forts diese Art von Waffe nicht genug fernhalten konnten.

Den Oberbefehl in Straßburg führte General Uhrich. Die Besatzung war stark, sie betrug etwa 23 000 Mann. Allerdings waren dabei auch viele geflüchtete Soldaten aus der Schlacht von Wörth. Etwa 1200 Geschütze sollten die Stadt verteidigen, aber ansonsten war für die Abwehr nichts vorbereitet worden. Erst im letzten Moment wurde vereinzelt durch das Fällen von Bäumen freie Schußbahnen geschaffen und die Ill gestaut. Da General Uhrich die Übergabe verweigerte, blieb den Deutschen nur eine gewaltsame Einnahme übrig.

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Die Befestigung von Straßburg und die deutschen Angriffsfelder.

Auf Befehl des Königs von Preußen wurde ein besonderes Belagerungskorps zusammengestellt, dessen Oberbefehl der General von Werder übernahm. Es bestand aus der badischen Felddivision, der Garde-Landwehrdivision und der 1.Landwehrdivision, die allerdings noch um eine kombinierte Brigade mit den aktiven Regimentern 30 und 34 (von der Festung Rastatt kommernd) verstärkt wurde und seitdem 1.Reservedivision genannt wurde. Die Artillerie hatte die Stärke von 200 gezogenen Kanonen und 88 Mörsern, zum Teil schwersten Kalibers.

Unter kleinen Gefechten wurde die Stadt bis Mitte des August eingeschlossen. General Werder glaubte, durch Einschüchterung am schnellsten zum Ziel zu kommen und so der Einwohnerschaft die Leiden einer Belagerung ersparen zu können. Auch wollte er seine doch recht erhebliche Streitmacht schnell für andere Aufgaben frei bekommen. Das Große Hauptquartier genehmigt somit seinen Antrag auf ein Bombadement. Vier Nächte und drei Tage lang mit Zwischenpausen schleuderten ca. 120 Geschütze Zerstörung und Tod in die Stadt. Die Einwohner suchten in ihren Kellern Schutz, teilweise flüchteten sie auch in das Münster. Ganze Straßenzüge standen bald in Flammen und da leider nichts zum Sichern  wertvoller Kunstgegenständ egetan worden war, wurden auch Bestände von Bibliotheken und Denkmäler ein Raub der Flammen. Da die Franzosen auf der Spitze ds Münsters einen Beobachtungsposten eingerichtet hatten, wurde auch diese Kirche beschädigt, das Dach des Schiffes brannte ab.

Da aber letztendlich das Bombadement nichts gebracht hatte, schritt General Werder zur regelrechten Belagerung über. Als Angriffspunkt wählte er das nach Nordosten gerichtete Steintor. Er ließ Parallelen und Laufgräben ausheben und für die Geschütze wurden feste Stände mit bombensicheren Eindeckungen gebaut.

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Das Citadellentor nach dem Bombadement.

Für die Belagerungstruppen kam eine schlechte Zeit, da Dauerregen und Grundwasser den Boden in eine Schlammwüste verwandelten. Eine erneute Aufforderung zur Übergabe wies General Ulrich ab. Doch die deutschen Geschütze hatten eine enorme Kraft entwickelt: die Citadelle war zu einem wüsten Trummerhaufen zusammengeschossen worden. Somit verengte sich die Einschließungslinie - die Batterien rückten weiter vor. Besonders zeichnete sich bei den Arbeiten der Ingenieurhauptmann Ledebour aus, der leider später fiel. Ab dem 14.September konnte das sogenannte Brescheschießen auf die Lünetten, die starken Schutzwerke des Steintors beginnen. Zwei wurden in Trümmer gelegt und von den Verteidigern verlassen. In diesen setzten sich sofort die Pioniere fest. Endlich waren die beiden das Steintor deckenden Bastionen durch breite Breschen zugänglich und dem Sturm geöffnet.

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Die große Bresche am Steintor.        Die Zerstörung hinter dem Steintor stadteinwärts.

General Uhrich erkannte nun die Aussichtslosigkeit längeren Widerstands. Am Nachmittag des 27.September wehte auf dem Münsterturm die weiße Fahne, von den Deutschen mit "Hurra" begrüßt. Am folgenden Tag marschierten Kommandant, Stab und Besatzung am Zaberner Tor heraus, um die Waffen zu strecken. Bei diesen Truppen befanden sich auch einige Marinesoldaten, die als Besatzung für auf dem Rhein einzusetzende Kanonenboote vorgesehen waren. Dazu war es allerdings nicht mehr gekommen.

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Schwere deutsche Belagerungsgeschütze bei der Beschießung von Straßburg.

Die Verluste hielten sich in Grenzen, sie betrugen 39 Offiziere und 894 Mann. Die Artillerie hatte über 200 000 Schuß abgeben. Am 30.September 1681 hatten die Franzosen mühelos Besitz von Straßburg ergriffen, an demselben Tag hielt nun General von Werder seinen feierlichen Einzug in die schwer erkämpfte Stadt, die nun wieder deutsches Eigentum geworden war.