ek Die Belagerung von Paris vom 19.September 1870 bis 28.Januar 1871 ek


 Von den bei Sedan kämpfenden Truppen waren sofort alle verfügbaren Kräfte in Richtung Paris in Marsch gesetzt worden. Nur das I.bayerische und das XI.Korps blieben vorläufig dort, um die Abführung der Gefangenen zu überwachen. Der Vormarsch ging ohne größere Schwierigkeiten vor sich und es gab nur kleinere Gefechte. Gemäß den Befehlen der Obersten Heeresleitung hatte die 3.Armee von Süden und Westen, die Maasarmee von Osten und Norden her die französische Hauptstadt einzuschließen. Am Abend des 19.September standen von der Armme des Kronprinzen von Sachsen. das XII.Korps zwischen Maren und dem Westrande des Waldes von Borny, die Garde von dort über Deigny bis Stains und das IV.Korps von dort bis zum See von Enghien. Von der Armee des Kronprinzen von Preußen bezog das V.Korps Biwak bei Limeil, nach dem es vorher noch ein Scharmützel mit Teilen des XIII.französischen Korps hatte. Das VI.Korps schob die Vorposten bis Champigny, Ormesson und Sucy vor und das II.bayerische Korps überschritt die Seine bei Corbeil, wo der größte Teil des Korps verblieb. Die Kavallerie sicherte die Einschließungs-Korps nach außen, die württembergische Feld-Division verblieb zuerst in Reserve und wurde erst später eingeschoben. So war der Ring um Paris fest geschlossen.

Währenddessen hatten sich nach der Ausrufung der Republik in Frankreich zwischen der neuen Staatsführung und Bismarck Verhandlungen abgespielt, die aber zu keinem akzeptabelen Ergebnis für Preußen und seine Verbündeten führten. So wurden von Seiten der Gegner Maßnahmen zur Verteidigung ergriffen. Diese waren durchaus auch kraetiv, da man z.B. mit Ballons versuchte, den Kontakt nach außen zu halten.

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Vorbereitung eines Heißluftballons zum Abflug.

Militärisch standen den Franzosen hierzu das XIII. und XIV.Korps sowie verschiedene Truppenteile von Mobil- und National-Garden zur Verfügung. Beide Seiten verschanzten sich nun, so gut es ging. Dabei kam es aber immer wieder zu kleineren Zusammenstößen. Schützengräben und Batteriestände wurden auf Befehl der Obersten Heeresleitung angelegt sowie Bäche gestaut. Diese Maßnahmen hatten den Vorteil, daß immer größere deutsche Truppenteile in Ruhequartiere gelegt werden konnten.

Am 30.September kam es zu einem Ausfallgefecht bei Chevilly. Teile des XIII. französsichen Korps griffen die Dörfer L'Haye und Chevilly an, welche von dem Regiment 22 und den in Reserve stehenden 62ern verteidigt wurden. Auch die 6.Jäger kamen noch zur Unterstützung heran, und so konnte das französische Vordringen aufgehalten werden. Schließlich traten Teile der 63er und 10er zu einem kräftigen Gegenstoß an und vertrieben die Franzosen, die über 2000 Mann Verluste hatten, wieder bis hinter ihre Verschanzungen. Über 100 Gefangene wurden dabei eingebracht. Die Preußen verloren 28 Offiziere und 413 Mann.

Inzwischen waren auch von Sedan her das XI. und I.bayerische Korps angelangt. Allerdings wurden die Bayern und die 22. Division umgehend für andere Aufgaben verwendet. Daher verstärkte zuerst nur das XI.Korps mit seiner 21.Division den Belagerunsgring zwischen dem V. und dem II.bayerischen Korps. Allerdings kamen dann noch von Straßburg her zusätzliche Verstärkungstruppen: die 17.Division, die den Abschnitt zwischen Bonneuil und Seine bewachen sollte und die Garde-Landwehr-Division, die bei St.Germain-en-Laye eingesetzt wurde. Das große Hauptquartier befand sich ab 5.Oktober in Versailles.

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Ankunft der Bayern unter General von Hartmann vor Paris.

Die Ausfallgefechte hielten sich weiterhin in Grenzen. Am 30.September wurde das VI.Korps angegriffen. Während sich die wenigen noch vorhandenen Linienregimenter der Franzosen tapfer schlugen, ergriffen ihre Kameraden von den Mobilgarden schon beim ersten ernsthaften Widerstand der Deutschen die Flucht. Deren Verluste betrugen ca. 400 Mann, daß des Gegners etwa 2000. Parisaer Zuaven stürmten am 21.Oktober den Park von Malmaison, doch die Regimenter 6, 46 und 50 sowie zwei Garde-Landwehr.Kompagnien vertrieben den weit überlegenen und von starker Artillerie unterstützten Feind.

Von ernster Natur waren jedoch die Kämpfe um Le Bourget, ein stattliches Dorf, dessen Besitz das Oberkommando für wichtig erachtete. Allerdings lag es ganz offen unter dem Feuer der Forts von St.Denis und Aubervilliers. Am 28.Oktober erstürmten die Franzosen die deutschen Vorpostenstellungen und nisteten sich dort ein. Um die Lage wieder zu bereinigen, wurde am Folgetag ein Gegenangriff geplant. Gründlich vorbereitet griffen dann am 30.Oktober 9 Bataillone der 2.Garde-Division unter General von Budritzki den Feind an. Große Teile der Franzosen flohen, andere wiederum verteidigten sich tapfer. Es entstand ein furchtbarer Häuserkampf, der auf beiden Seiten große Opfer forderte. Leider kam es auch hier vor, daß weiße Fahnen aus den Fenstern gehängt wurden, und anschließend die gutgläubigen Preußen von hinten beschossen wurden. Dadurch wurde der Kampf noch verbitterter. Die Verluste der Garde bezifferten sich in diesen drei Tagen auf 500 Mann.

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Das Garde-Grenadier-Regiment Nr.1 im Gegenstoß bei Le Bourget am 30.Oktober.

Für die Franzosen war dieser Rückschlag besonders schlimm, denn er fiel mit der Nachricht von der Kapitulation von Metz zusammen. So kam in Paris der Ruf "Verraten, verkauft!" auf und die Stimmung fing an zu brodeln. Schließlich brachen die ersten Tumulte aus und Nationalgarden bemächtigten sich des Stadthauses. Doch die Regierung blieb standhaft und in der Nacht konnten gutgesinnte Teile der Nationalgarde die Meuterer verjagen. Abstimmungen und Wahlen bestätigten dann mit hohen Prozentzahlen die bestehenden Ordnungsparteien.

Anfang November verhandelten Thiers und Bismarck wieder in Versailles, allerdings wurde ein möglicher Waffenstillstand durch die Regierung in Paris abgelehnt. Für die Deutschen brachte diese Zeit in Bezug auf die rein militärische Seite der Belagerung den Vorteil, daß nach dem Fall von Metz das II.Korps von der dortigen 2.Armee zur Belagerungsarmee übertreten konnte. Es verstärkte den Ring um Paris somit südlich und südöstlich der Stadt. In der Metrople glaube man jedoch, nun zu einem größeren Angriff bereit zu sein. Alle Truppen innerhalb der Befestigungen wurden in drei Heere geteilt, deren Kommando die Generale Thomas, Ducrot und Vinoy führten. Der Ausfall sollte südlichvon Fort Rogent über die Marne gehen und man hoffte, bei Fontainebleu auf die herankommende Loire-Armee zu treffen, da man von Orleans her hoffnungsvolle Nachrichten erhalten hatte. Mit feurigen Aufrufen wurde die Aktion vorbereitet und Scheinausfälle am 29. und 30. November sollten die Belagerer ablenken.

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Übergang der Franzosen über die Marne.

Obwohl man auf deutscher Seite den Ausfall kommen sah, konnten zuerst nur drei Brigaden (2 württembergische und 1 sächssiche) zur Abwehr bereit gestellt werden. In der Nacht zum 30.November erfolgte ein furchtbares Artilleriefeuer der Angreifer, die sowohl die Festungskanonen als auch die Feldartillerie einsetzten. Nach dem Übergang über die Marne wurden die vordersten Truppenteile überrannt oder mußten sich bald zurückziehen. Nur im Zentrum an den Parkmauern von Coeulliy konnte das württembergische Grenadierregiment Königin Olga drei Sturmangriffe abschlagen. Dadurch konnte sich am Nachmittag die deutsche Abwehr stabilisieren und neue Vorstöße des Feindes aufhalten.

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Die württembergischen Olga-Grenadiere verteidigen den Park von Coeuilly.

Als diese scheiterten, waren die Franzosen zu erschöpft, um nochmals anzutreten. Am 1.Dezember befestigten beide Teile ihre Stellungen und General Ducrot erbat eine Waffenruhe, um die Toten und Verwundeten zu bergen. Am Morgen des 2.Dezembers erfolgte dann der Gegenangriff der deutschen mit der 24.sächsischen Division und der 1.württembergischen Brigade. Es entbrannte ein erbitterter Kampf in Straßen und Häusern. Verzweifelt versuchten die Franzosen, sich gegen die anstürmenden Deutschen zu werfen, deren Artillerie sie vortrefflich unterstützte. Aber auch diese waren erschöpft und so brachte die Nacht beiden Seiten etwas Ruhe und Erholung. Am Morgen des 3.Dezember schließlich setzte Ducrot mit seinen Truppen über die Marne zurück. Und noch einen Tag später wurde die Loire-Armee, mit der man sich ja vereinigen wollte, bei Orleans geschlagen.

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Oberst von Hausen mit den sächsischen Schützen bei Villers.

Die Franzosen gaben ihre Verluste für diese Kämpfe mit 12000 Mann an, die Deutschen mit 5000, darunter 900 Vermißte. Die Hauptlast trugen Württemberger und Sachsen sowie die nur am 2.Dezember eingesetzten Pommern. Es trat nun wieder mehr Ruhe ein, zumal sich auch die Verpflegungssituation für die Belagerten verschlechterte. Je mehr jedoch die Pariser darbten, desto besser nährten sich die Belagerer.

Am 5.Dezember hatte General von Moltke die Liebenswürdigkeit, der Pariser Regierung mitzuteilen, daß ihre Loire-Armee am vorhergehenden Tag bei Orleans besiegt worden war. Dieser Brief wurde in der Stadt angeschlagen. Die Hoffnung ihrer Einwohner beruhte jetzt nur noch auf dem Beistand des Landes.

Vor Paris nutzten die Deutschen Ruhe und Zeit, um ihre Stellungen zu verbessern. Doch ganz ohne Zwischenfälle verlief der Dezember nicht. Am 21. führten Marinesoldaten einen Ausfall gegen Le Bourget durch und bedrängten dabei das Garderegiment Elisabeth hart. Zeitweilig wurden sogar etliche Gefangene durch die Franzosen eingebracht, bis sie herbeieilende Unterstützung schließlich doch vertrieb. Auch ein gleichzeitiger Versuch des Generals Vinoys im Osten gegen die Sachsen endete nicht glücklich.

Das Weihnachtsfest kam heran und mit ihm warmes Tauwetter. Das Eis der Seine schmolz, und es entstand plötzlich ein nicht ungefährliches Hochwasser, welches einige Pontonbrücken wegriß. Für die Pioniere war das eine schöne Bescherung zum Fest. Aber auch die Pariser bekamen "Geschenke", denn zum ersten mal traten nun die deutschen schweren Geschütze in Aktion, 76 an der Zahl. Als erstes wurde der Mont Avron beschossen, und am 29.Dezember schon fanden ihn Patrouillen geräumt. Kurz nach dem Jahreswechsel trat noch eine größere Veränderung in der Belagerungsarmee ein: Das I.bayerische Korps kam von sehr verlustreichen Kämpfen von der Loire und nahm die Stelle des II.Korps ein, welches für eine neue Armee im Südosten bestimmt war.

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Verteilung des Belagerungsheeres ab 3.Januar 1871.

Das erste Feuer der nun endlich eingetroffenen schweren Belagerungsgeschütze gab auch den Belagerern neuen Auftrieb. Es hatte viele Diskussionen gegeben, ob sie eingesetzt werden sollen und ab wann, und unter welchen Bedingungen. Nach dem Abwägen aller Argumente hatte der preussische König schließlich den Einsatz befohlen, und nun stand insgesammt ein Geschützpark von 275 Rohren bereit, darunter mächtige Giganten wie die gezogenen Mörser der Firma Krupp aus Essen, die man schon im Jahre 1867 bei der Weltaustellung bewundern konnte. Schon vor Straßburg hatten sie gezeigt, zu was sie fähig waren. Die Leitung des artilleristischen Angriffs erhielt General Prinz zu Hohenlohe-Ingelfingen, der gleichzeitig vorzubereitende Ingenieurangriff fand unter der Leitung des Generals von Kameke statt.

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Diese schweren Mörser der Firma Krupp waren 1867 auf der Weltausstellung in Paris zu sehen.

Von mehreren Plätzen her wurden die feindlichen Werke aufs Korn genommen. Auf dem rechten Seineufer richteten sich Batterien gegen das Vorland vor Le Bourget und das Marnetal. Der Hauptangriff aber galt der Südfront und ihren Forts. Am 5.Dezember begann dann unter dem Jubel der Soldaten der konzentrierte schwere Angriff, unterstützt durch bayerische und preussische Feldartillerie. Die kurze artilleristische Entgegnung der Franzosen verstummte rasch.

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Schweres Geschütz vor Paris.

Jeden Tag nun, vom Wetter abhängig, feuerten die deutschen Geschütze auf Paris. Zwischen 300 und 400 Granaten wurden bis zu 8000 m weit geschleudert und ließen beim Aufprall die Erde erzittern. Ihre Explosionen führten immer wieder zu örtlichen Bränden und es gab kein Mauerwerk, was ihnen standhielt. Dennoch bestand der Zweck in der Abschreckung, der Schaden war nicht das Schlimmste. Nach französischen Angaben sind während der Beschießung von der Zivilbevölkerung 97 Personen getötet und 278 verwundet worden. Zwar schrie man über deutsche Barberei, aber gleichzeit war die Stadt zur Festung gemacht worden und die männlichern Bewohner aufgeboten, die Belagerer zu vernichten. So wurde wieder durch die Bevölkerung nach einem Ausfall gerufen.

Während am 18.Januar im Spiegelsaal von Versailles der König von Preussen zum Deutschen Kaiser ausgerufen wurde und die deutschen Stämme endlich zu einer Nation gefunden hatten, da wurden auf französischer Seite die Vorbereitungen für einen großen Angriff unter dem Schutz des Mont Valerien in Richtung auf Versailles abgeschlossen. 90000 Mann, die besten Truppen, die noch verfügbar waren, sollten sich gleichzeitig unter der Leitung von General Trochu auf die Deutschen werfen und den langersehnten Erfolg erringen.

Der Morgen des 19. begann jedoch für die Franzosen schon sehr ungünstig. Lediglich Vinoy war auf dem linken Flügel pünktlich zur Stelle und begann den Angriff somit alleine. Langsam entwickelte er seine Truppen von St.Cloud bis Malmaison. Die Artillerie jedoch verzögerte sich, weil das zum Regen umgeschlagene Wetter den Erdboden tief aufgetaut hatte. Und der Nebel machte den Geschützen, die schließlich in Stellung gehen konnten, das Zielen noch schwerer. Die Feldwachen des V.Korps erkannten den Feind frühzeitig und gingen auf ihre Hauptstellung zurück. So konnten die Franzosen die ersten Häuser und Parks schnell einnehmen, aber das weitere Vorgehen verlief eher tastend. Der Alarm der zurückgegangenen Feldwachen hatte jedoch bei den Deutschen schnell dazu geführt, daß das ganze Korps zu den Waffen griff. General von Kirchbach erkannte umgehend, daß es sich um einen ernsthaften Angriff handelte.

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General Vinoy in der Schlacht am Mont Valerien.

Schon gegen Mittag gewann die deutsche Artillerie das Übergewicht. Ein letzter tapferer Anlauf des Feindes brach 200 m vor den preußischen Stellungen zusammen, dann war ihre Kraft auch zu Ende. Verwirrung und Flucht rissen ein, und General Trochu brach den Kampf ab. So konnten gegen Abend die Belagerer alle Stellungen wieder einnehmen, die sie am Morgen inne hatten. Nur die Franzosen in den Häusern von St.Cloud verteidigten sich noch tapfer. Von ihren Landsleuten vergessen mußten sie sich am folgenden Morgen ergeben. Die zurückflutenden Truppen schossen in dem Durcheinander in der Dunkelheit sogar auf den Stab ihres Oberbefehlshabers General Trochu.

Außer drei Brigaden des V.Korps war noch das 88.Regiment an dieser Schlacht beteiligt, insgesamt mit den Reserven etwa 25000 Mann. Dank der guten befestigten Stellungen verloren sie nur eta 600 Mann, der Gegner alleine an Gefangenen ebensoviel und 3200 Tote und Verwundete. Für die Franzosen ein weiteres zwckloses Blutbad.

Am 21.Januar eröffneten zusätzlich zu den bereits tätigen Batterien weitere 81 Geschütze auf der Nordseite des Belagerungsring ihr Feuer gegen St.Denis und die dortigen Forts mit der zu erwartenden Wirkung. Die Werke wurden zerstört, die Forts Issy und Bauves lagen bereits als Trümmerhaufen da. Ein Sturm bekam mehr und mehr gute Aussichten auf einen Erfolg.

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Auch mit eroberten französischen Geschützen beschießt die deutsche Artillerie Paris.

Einen Tag später begann bei der französischen Genaralität wieder einmal das große Stühlerücken: Trochu gab den Posten des Gouverneurs von Paris ab, blieb jedoch Präsident der Republik. Den Oberbefehl übernahm Vinoy, auch Ducrot trat zurück. Die Meuterer regten sich wieder lebhaft und schon schossen die Pariser selber aufeinander. Doch die Regierung siegte nochmals. Aber ein anderer und unbesiegbarer Feind hatte Paris erobert.

Die Belagerung zeigte nun gnadenlos ihre Wirkung. Zwar hatten die Pariser schnell gelernt, mit den Entbehrungen umzugehen. Aber mit der Zeit wurden die Lebensumstände unerträglich. Steinkohle war nur spärlich vorhanden und die Gasbeleuchtung war schon bald erloschen. Auch der Wagenverkehr kam fast zum Erliegen, da für die Pferde kein Futter mehr vorhanden war und sie daher nur noch zum Verzehr gebraucht wurden. Über der ganzen Stadt lagen eigentümliche Stille und Düt, ster. Auch Holz und anderes Brennmaterial wurden knapp, und n ur die Reichen konnten sich in diesem Winter eine warme Stube leisten. Die Lebensmittel nahmen bedenklich ab, obwohl die Regierung Getreide und Mehl rationiert hatte. Mitte November schon gab es kein Schlachtvieh mehr, und so wurden auch die Tierer des Zoos nicht geschont. Die zwei Elefanten wurden für 27000 Franc verkauft, der Käufer verkaufte das Pfund dann für 30 Franc. Schließlich kamen auch Hunde und Katzen an die Reihe, und sogar Ratten wurden zu Leckerbissen. 40000 Pferde wurden geschlachtet und auf Lebensmittelkarten abgegeben. Im Januar mußten die Rationen wieder gesenkt werden 30 g Roßfleisch und 300 g Brot für einen Erwachsenen, wobei das Wort "Brot" die eigentliche Konsistenz nicht widergibt. Am 21.Januar erreichten die Preise Höchststände. Ein Pfund Butter kostete 25 Franc und ein Huhn 40 Franc, eine Zwiebel 1 Franc und eine lebendige Katze 12 Franc.

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Zerstörungen im Vorort St.Cloud. Das Cafe d'Elcombre ist trotz der Zerstörung noch "bewirtschaftet".

Und dennoch versuchten die Zeitungen noch, mit Gerüchten und Falschmeldungen die Stimmung hoch zu halten. So wurde am 24.Januar gemeldet, daß der König von Preußen am Schlage gestorben sein. Auch die Nachrichten von den Kämpfen im Lande waren schlecht: Niederlagen überall. Und dann wurde bekannt, daß die Lebensmittel wohl nur noch bis zum Ende des Monats reichen würden. Auch militärisch war keine Hoffnung mehr vorhanden, es gab kein Durchbrechen des Belagerungsrings.

Jules Favre, der französische Außenminister, unternahm es auf eigene Hand, dem Elend ein Ende zu machen. Ab dem 23.Januar verhandelte er mit Bismarck in Versailles. Am 25. kehrte er dann nach Paris zurück, um seiner Regierung die Bedingungen für einen Waffenstillstand zu eröffnen. Sie wurden von allen Regierungsmitgliedern und den dazugeholten Militärs gebilligt. So konnten Favre und Bismarck am 28.Januar den Vetrag über einen Waffenstillstand unterzeichnen. Dieser sollte vorläufig bis zum 19.Februar mittags gelten und in Paris sofort, in den Provinzen innerhalb von drei Tagen beginnen. Nur drei Departements im Südosten waren vorläufig nicht betroffen, da die Franzosen die Festung Belfort nicht übergeben wollten. Eine genau bestimmte Demarkationslinie trennte die beiden Parteien. Während der Zeit des Waffenstillstands konnten die Franzosen eine neue Nationalversammlung wählen, welche dann über Krieg und Frieden entscheiden sollte. Paris kapitulierte in der Art, daß alle Forts (bis auf Vincennes) mit ihrem Kriegsmaterial übergeben wurden. Alle Soldaten wurden Kriegsgefangene, mit Außnahme einer Division und der Nationalgarde, die für die Aufrechterhaltung der öffentliche Ordnung zuständig waren.  Die Stadt zahlte 200 Millionen Franc Kontribution. Ein Einzug der deutschen Truppen unterblieb vorläufig und wurde später separat verhandelt. Auf Grund des Waffenstillstandsvertrags gab Kaiser Wilhelm die Verpflegung von Paris aus den nicht von deutschen Truppen besetzten Gebieten frei und sagte alle Erleichterungen zu.

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Verlassene französische Stellung auf dem Mont Avron.

Das Feuer wurde bereits am 26. um Mitternacht eingestellt, den Franzosen wurde die Ehre des letzten Schußes gelassen. Am 27.Januar, einem hellen, sonnigen Tag, blieb alles ruhig - tiefes Schweigen lag über Freund und Feind. Jetzt wußte man, der Friede war nahe, die lange Kriegszeit, von der 132 Tage vor Paris verflossen waren, zu Ende.